Nein, es wird kein fränkisches Dschungelcamp, der Ausflug ins Grüne rund um Eckartshausen: Eklig sind die Zutaten im Kochbuch von Dieter Beyfuß nicht – man sollte das Wildgemüse vielleicht nicht gerade dort pflücken, wo Hunde Gassi geführt werden. Die kleine, aber lernwillige Schar der Kursteilnehmer: Dieter Beyfuß begrüßt sie zuhause, mit Ehefrau Gertrud, selbstgemachtem Bärlauch-Pesto und einem Kräutertee aus Baumflechten, Walnüssen, Brennnesseln, nebst weiteren Ingredienzen – gesund, aufmunternd und entspannend.
Beyfuß zeigt Fachliteratur, wie das „Feld-, Wald- und Wiesenkochbuch“ von Eve Marie Helm. „Die Pflanzen haben jetzt besonders viel Vitamine“, freut sich der Sammler über den Turbofrühling. Löwenzahn etwa, verwendbar als Salat, Sirupspender und Heilkraut, die Zichorienwurzeln waren nach dem Krieg Kaffee-Ersatz. Nur sei die Pusteblume durch Pestizideinsatz selten geworden am Wegesrand.
Bärlauch: Die intensiv nach Knoblauch riechende Küchenpflanze zeigt jetzt ebenfalls ihre weißen Blüten. Das Problem: Das Angebot im Supermarkt namens Feld, Wald und Wiese ist übergroß, Verwechslungsgefahr gegeben. Für Einsteiger sei es ratsam, sich auf eine Handvoll Kräuter zu konzentrieren, sagt Beyfuß.
Draußen heißt es: „Bitte nicht ins Mittagessen hinein trampeln.“ Zusätzlich gesammelt werden die Blätter von Kerbel, ein leicht petersilienähnliches Suppenkraut, der zarten, aromatischen Schafgarbe oder des wildwuchernden Giersch mit seinem markanten dreieckigen Stengel. Zwischendurch zeigt Beyfuß Breit- und Spitzwegerich, die ließen sich zur Wundheilung und Desinfektion einsetzen.
Der Mittsechziger Beyfuß, zuletzt Oberstleutnant, war bis Anfang der Achtziger Ausbilder bei der „grünen Truppe“ in Hammelburg, engagierte sich für Reservisten zwischen Main und Rhön. Ein kerniger und hellwacher, umgänglicher Ex-Jäger. Ohne Mampf kein Kampf: Schon in der Bundeswehr lehrte der Offizier, bei Durchschlageübungen und Einzelkämpfer-Schulung, die Ernährung aus heimischer Natur.
1988 gründete Beyfuß den Verein „Wilderness Survival“, mit einem Team „absoluter Survival-Experten“, wie es auf der Internetseite www.wilderness-survival-ev.de heißt: Auf dem Programm stehen der Bau von Behelfsunterkünften, die Überwindung von Hindernissen, Orientierung, Erste Hilfe in Notsituationen, oder das Entfachen eines Feuers – ohne schnödes Feuerzeug. Wissen, dass die Gruppe gerne verbreitet hat, etwa bei der Ausbildung von Lufthansa-Personal. Von einem Moment auf dem nächsten in der Wildnis landen kann jeder.
Bruder Helfried Beyfuß ist mit Familie dabei, des Interesses an Rohkost wegen: „Gesundheit hat viel mit innerer Einstellung zu tun, der Seele.“ Der Schwebenrieder verkauft eigentlich Sondermaschinen, interessiert sich aber auch für unkonventionelle Heilmethoden. Ein Magengeschwür – dank russischem Kefir sei er es losgeworden, ein probiotisches Milchgetränk auf Basis von Pilzknollen.
Jürgen Kiesel war Schiffskoch auf einem Minensucher, heute ist er rühriger Chef der Reservistenkameradschaft Eckartshausen: „Zur See ist man gewohnt, mit dem auszukommen, was man hat.“
In der Flur wird ein Kanonenofen angeschürt, neben dem Botaniker-Buffet. „Smutje“ Jürgen zaubert als Vorspeise eine schmackhafte Bärlauchsuppe, mit Toast und Röstzwiebeln, in die Tassen. Der Rest schnibbelt derweil am Salat, aus dem gesammelten Grün: „Die Milch ist beim Löwenzahn nicht das Problem“, sagt Dieter Beyfuß, den Salat könne man gut in ein Brot packen und als Notvorrat mitführen.
Ach ja, nomen est omen: Das (angeblich um die Sandalen gebundene) Heilkraut Beifuß gehörte schon zur Apotheke römischer Legionäre, als Muntermacher auf langen Feldmärschen.
