
Mikrowellen-Produkte, Tütensuppen, Soßen-Mischungen, Tiefkühlmahlzeiten. Geht es nach dem Bild, das die Werbung vermittelt, geht Kochen in Deutschland schnell – und nicht ohne irgendetwas fertiges aus dem Supermarktregal. Okay, muss sich ja niemand danach richten, kann man jetzt sagen. Nur: Wer in Deutschland eine zweite Heimat gefunden hat, glaubt ein Vorbild zu sehen, dem er nacheifern muss, um dazuzugehören. Das hat Karola Schwarz vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forstwirtschaft beobachtet. Migranten haben da oft ein falsches Bild vom Leben und Essen in Deutschland. Auch da setzt das Netzwerk Junge Eltern/Familien an, das es seit drei Jahren gibt. Mit Infos, Kursen, Veranstaltungen.
Wie kann man Babykost selbst machen? Warum ist es wichtig, gemeinsam zu essen? Wie deckt man einen Tisch? Wie jubelt man Kindern gesundes Essen unter? Und wie bringt man Eltern und Kindern bei, dass Ernährung wichtig ist? Damit beschäftigt sich das Projekt, das neue Ideen für den Familienalltag vermitteln will. Kurse werden in den Landkreisen Schweinfurt und Haßberge angeboten. Erfolgreich, wie Karola Schwarz sagt.
Zwischen den Kulturen
Regina Engelhardt setzt sich in vielen Bereichen für Integration ein. Sie ist im Rucksackprojekt (ein kostenloses Sprachbildungsprojekt für Mütter und Väter mit Migrationshintergrund) engagiert, kümmert sich um Sprachförderung bei Russlandstämmigen. Und hat mit einer Gruppe junger Frauen einen Ernährungskurs beim Netzwerk gebucht. Viele der Frauen sind zwischen zwölf und 14 Jahren nach Deutschland gekommen. „Wir leben zwischen den Kulturen“, sagt sie. „Wir wollen uns integrieren.“ Aber: „Wir kriegen die falschen Vorbilder.“ Die Mikrowellengerichte, die Fertigprodukte. Das, was die Fernseh-Familien essen. „Da glaubt man, das ist Deutschland.“ Integration, das findet auch in der Küche statt, meint auch Karola Schwarz. Vor allem, wenn man gemeinsam kocht. „Wir kennen alte deutsche Rezepte, was man vor 200 Jahren gekocht hat“, sagt Regina Engelhardt. Die aufgepeppte deutsche Küche, fränkische Sachen, nicht.
Tomate-Mozzarella-Muffins kocht Antje Omert gerade mit der Gruppe in der Küche im Amt für Landwirtschaft. Stichwort Kindern Gemüse unterjubeln. Sie legt nicht nur Wert darauf, zu zeigen, dass Gesundes auch gut schmecken kann, dass Selbermachen billiger und gesünder ist als Fertigzeug zu kaufen. „Essen ist etwas, das man bewusst macht, nicht nebenbei“, das will sie vermitteln. Auch, dass Regeln wichtig sind und dass eine Familie eine Gemeinschaft ist. Gerade mit dem Siegeszug der Snacks ist das aus der Mode gekommen, hat die Ökotrophologin beobachtet. Jeder futtert ständig was nebenbei in sich hinein. Das hat zwar viele Kalorien, macht aber nicht richtig satt. Auch daher kommt Übergewicht.
Das Selbstbewusstsein der Familien stärken. Für Ulrike Schmittknecht (Fachpädagogin für frühkindliche Bildung) ist das ein ganz wichtiger Punkt. Da stimmen auch Anette Balschat vom Haus Marienthal und PEKiP-Übungsleiterin Kornelia Schmidt zu. PEKiP, das Prager Eltern-Kind Programm verbindet Eltern und Kinder in spielerischer Bewegung miteinander. „Überlegt euch was“, sagt Ulrike Schmittknecht oft zu den Eltern, wenn es um das Thema Bewegung geht. Mal den Couchtisch beiseite schieben und das Kind auf dem Sofa hopsen lassen, zum Beispiel. Und „überlegt euch was“ sollte es auch öfters beim Thema Essen heißen, meinen Karola Schwarz und die Netzwerkpartnerinnen. Immer Pizza und Pommes ist ja schließlich langweilig.
Infos über die Kurse gibt es unter www.aelf-sw.bayern.de oder unter
Tel. (0 97 21) 8 08 72 11