
Die richtige Diagnose könnte Millionen Menschenleben retten – wenn sie rechtzeitig gestellt wird. Wladimir Bechterew, russischer Hirnforscher und Rheumatologe, ist dafür das beste Beispiel:
Der Namensgeber und Erforscher der Morbus Bechterew, einer rheumatischen Erkrankung der Wirbelsäulenknochen, berichtete 1927 auf dem Kongress der Neurologen und Psychiater in Moskau, dass er gerade den Generalsekretär untersucht habe. Diagnose: schwerer Fall von Paranoia. Es ging um Stalin, und kurze Zeit später war Bechterew tot. Hartnäckig halten sich Gerüchte, ihn habe die Rache des Sowjetdiktators ereilt.
Derart dramatisch geht es in Bechterews Forschungsgebiet nicht mehr zu. Auch wenn die Morbus Bechterew, die chronische Entzündung von Wirbelsäulen-Knochen, äußerst schmerzhaft sein kann: mit Versteifungen und gekrümmter Rückenhaltung. In der Niederwerrner Hugo-von-Trimberg-Halle trafen sich nun 108 Delegierte der „Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew“ (DVMB) zur Bundesversammlung, zum dritten Mal an der Wern.
Kein Zufall: Ludwig Hammel, Bundesgeschäftsführer seit 1988, ist Niederwerrner, ehemaliger Gemeinderat und nun kommunaler Behindertenbeauftragte. Die DVMB, mit bundesweit 16 000 Mitgliedern, hat ihre Geschäftsstelle in der Schweinfurter Metzgergasse. Insgesamt begrüßte Peter Hippe, Bundesvorsitzender seit 2012, rund 140 Teilnehmer – der Naumburger wurde von den Delegierten mit großer Mehrheit wiedergewählt, ebenso wie Vize Rüdiger Schmidt.
Ein großes Thema 2016: Die Wirkung in die breite Öffentlichkeit hinein, per Homepage, Facebook-Präsenz und verstärkter Mitgliederwerbung. Um Transparenz ist auch Dr. Kay-Geert Hermann vom Institut der Radiologie der Charité in Berlin bemüht. Der Privatdozent erhielt in diesem Jahr den DVMB-Forschungspreis für eine Arbeit über die „Magnetresonanztomographie der Wirbelsäule – Differenzierung entzündlicher und degenerativer Befunde“. In seinem Bilder-Vortrag wird deutlich: Knochenentzündungen sind ein hochdiffiziles Thema, gerade im Bereich der Wirbelsäule. War die Morbus Bechterew bislang durch fortgeschrittene Entzündungen definiert, die oft erst nach Jahren bemerkbar werden, werde das Problem mittlerweile weiter gefasst, so der Mediziner: „Es geht darum, Frühformen korrekt zu erkennen.
“ Dazu dient auch das „Scannen“ der verschiedensten Knochen, Knöchelchen, Sehnenverbindungen und Gelenke.
Bei fortschreitender Erkrankung reagiert der Körper oft mit Verknöcherungen oder einer Art Vernarbung der betroffenen Stellen. Eine besonders unangenehme Variante: Das seltene, bislang nicht therapierbare Sapho-Syndrom, das mit Hautausschlag auf der Hand einhergeht. Auch eine Frau im Publikum ist betroffen.
Ansonsten bleibt Morbus Bechterew eine Erkrankung im Bereich der Rheumatologie: Entsprechend geht die Goldene Ehrennadel der DVMB an Dr. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Rheuma-Liga. Die Berliner Ärztin erhält die Auszeichnung für ihr vielfältiges Engagement, mit Tätigkeit an der Charité und der Fachklinik Buch ebenso wie in der Verbandsarbeit. Die gleiche Ehrung geht an die Brückenauerin Christina Schneider, Vorsitzende des DVMB-Landesverbands Bayern. Für alle Teilnehmer klingt der Tag dann noch mit „Häisdn däisd vomm Mee“, aus, der fränkischen Kultkapelle.