Bergrheinfeld möchte "Fair-Trade"-Gemeinde werden. Darüber informierte Dr. Roswitha Ziegler (Werneck) den Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung. Den Antrag dazu habe die CSU-Fraktion gestellt, erklärte Zweiter Bürgermeister Christian Djalek, der die Sitzung für den erkrankten Bürgermeister Ulrich Werner leitete.
Faire Produkte könne man an verschiedenen Siegeln erkennen, erklärte Ziegeler. Dazu komme ein fairer Umgang mit den Produzenten aus dem "globalen Süden", mit welchen man sich auf Augenhöhe begegnen müsse. Diese müssen für ihre Produkte den entsprechenden Lohn bekommen, damit sie und ihre Familien davon leben können. So würden Kinder nicht zur Mitarbeit gezwungen werden und könnten stattdessen die Schule besuchen.
Es gebe Standards bei Arbeitszeit, Überstunden, Lohnfortzahlung und Versammlungsfreiheit sowie Prämien für das Einhalten ökologischer Standards. Rund 70 Prozent der Produkte seien umweltfreundlich. Über Mindestpreise möchte man Kleinbauern langfristig binden. Wichtig sei, dass die Produzenten und ihre Familien menschenwürdig leben können. Damit koste beispielsweise das Pfund Kaffee rund ein bis zwei Euro mehr.
Es gehe um Produkte, die nicht in unserer Region produziert werden, betonte Ziegler. Dies können neben Kaffee Südfrüchte, Reis oder sogar faire Kleidung sein. Doch sei die Konkurrenz leider groß, denn beispielsweise nur zwei Prozent des Kaffees komme zurzeit aus fairem Handel.
Um die Anerkennung als "Fair-Trade"-Gemeinde zu erhalten, müssten fünf Kriterien erfüllt werden. Der Gemeinderat beschließt, den Fairen Handel zu unterstützen. Dazu müsse eine Steuerungsgruppe eingerichtet werden, die Informationen zu fairem Handel erstellt und ihre Verbreitung organisiert. Eine bestimmte Anzahl von Läden und Gastronomiebetriebe müssen je mindestens zwei Fair-Trade-Produkte leicht zugänglich zum Kauf anbieten. Dabei hänge die geforderte Mindestanzahl an teilnehmenden Betrieben von der Größe der jeweiligen Gemeinde ab.
Voraussetzung seien ebenfalls Fair-Trade-Unterstützungsaktionen der Bevölkerung, zum Beispiel an Schulen. Zudem müssten mehrere Medienberichte über Fair-Trade-Aktivitäten in der Presse vorzuweisen sein. Der Titel "Fair Trade" Gemeinde werde bei der ersten Anerkennung für zwei Jahre vergeben, anschließend würden die Vorgaben erneut geprüft. Ziegler erklärte, sie werde – wenn gewünscht – die Gemeinde bei ihrer Bewerbung unterstützen.
Jetzt sei es wichtig, die Bürger für dieses Anliegen zu sensibilisieren, so Zweiter Bürgermeister Christian Djalek. Der nächste Schritt sei dann der Grundsatzbeschluss im Gemeinderat.
Informationen zum "Jarras-Gutachten" über die Höchstspannungsleitungen "Südlink" und "P43" gab Gemeinderat Thomas Geißler. Prof. Dr. Lorenz Jarass habe in seiner Studie nachgewiesen, dass der überdimensionierte Netzausbau entsprechend dem Netzentwicklungsplans nicht notwendig sei, so Geißler.
Für den Südlink läuft bereits das Planfeststellungsverfahren. Die Bundesnetzagentur hat den Planungskorridor der Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW bestätigt. Nun arbeiten diese an der Detailplanung auf dem rund 1000 Meter breiten Streifen, den der Planungskorridor derzeit noch darstellt.
Der Professor für Wirtschaftswissenschaften begleitet den Zusammenschluss der Bürgerinitiativen gegen die verschiedenen Stromtrassen-Neubauprojekte bereits seit vielen Jahren, hat mittlerweile drei Gutachten in ihrem Auftrag angefertigt, die sich mit der Frage auseinandersetzen, ob all das, was die vier großen Übertragungsnetzbetreiber planen, auch wirklich nötig ist.
Sein Urteil laute: Nein, die Neubauprojekte, die rund 80 Milliarden Euro verschlingen sollen, verstoßen aus Jarass Sicht gegen geltendes Europarecht. Da sei zunächst die Kosten-Nutzen-Analyse für die geplanten Gleichstromtrassen von Nord- nach Süddeutschland. Das europäische Recht schreibe vor, so Geißler, dass Neubauvorhaben nur dann realisiert werden dürften, wenn ihr Nutzen die zu erwartenden Kosten übersteigt.
Der Netzentwicklungsplan sehe für die Zukunft sinkende Stromexporte aus Deutschland ins Ausland vorher. Wenn Kern- und Kohlekraftwerke in Deutschland vom Netz gehen, bleibe weniger Strom für den Handel an der Börse übrig. Daher würden die Annahmen der Netzbetreiber, dass die zu transportierenden Strommengen für das Jahr 2030 vielleicht noch zutreffen, für 2035 aber wohl schon nicht mehr, so das Gutachten. Wozu dann also Leitungen bauen, die wenige Jahre nach ihrer Inbetriebnahme nicht mehr gebraucht werden?
Geißler wies auf das Urteil des Bundesgerichtshofes hin, wonach erneuerbare Energien auszubauen seien statt das Geld in überdimensionierte Stromleitungen zu stecken. Weiter betonte er die Wichtigkeit der dezentralen Energieversorgung, die beispielsweise das Stadtwerk Haßfurt bereits jetzt realisiert hat.
Stiftungsräte neu bestimmt
Für den Zeitraum 2021 bis 2025 müssen die Stiftungsräte für die Bürgerstiftung Bergrheinfeld neu bestimmt werden. Vorgeschlagen waren Christa Seifert, Helmut Müller und Richard Vollmann. Regina Hirschfelder kommt neu für den ausgeschiedenen Pfarrer Andreas Bauer in den Stiftungsrat (einstimmig). Die Bürgerstiftung Bergrheinfeld, erklärte Zweiter Bürgermeister Djalek, sei eine Gemeinschaftseinrichtung von Bürgern für Bürger. Dabei würden beispielsweise örtliche Anliegen unterstützt, für die keine staatlichen Finanzmittel zur Verfügung stünden
Dem Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit Garagen und Stellplätzen in der Schweinfurter Straße 63 befürworte der Gemeinderat bei einer Gegenstimme.