
Bei der jüngsten Sitzung des Bergrheinfelder Gemeinderats erklärte Bürgermeister Ulrich Werner die Stellungnahme der Gemeinde an die Bundesnetzagentur zur Planung der Höchstspannungsleitung Grafenrheinfeld-Kupferzell-Großgartach.
Bereits am 22. Oktober vergangenen Jahres hatten Tennet-Mitarbeiter die "Netzverstärkungsmaßnahme" der bestehenden 380-kV-Leitung von Grafenrheinfeld nach Kupferzell und hier speziell den Abschnitt von Bergrheinfeld/Grafenrheinfeld bis Rittershausen (Lkr. Würzburg) dem Gemeinderat vorgestellt. Am bestehenden Mast soll eine weitere Traverse mit einer Stromleitung montiert werden.
Einspruch der Gemeinde
Betroffen sind die Masten 123 und 124, die über das Garstadter Holz, einem FFH-Gebiet führen, so Bürgermeister Ulrich Werner. Laut Tennet müssten im Zuge der Baumaßnahme wegen des fehlenden Sicherheitsabstands Gipfel gekürzt und Bäume gefällt werden. Die Gemeinde hat Einspruch gegen diese Baumaßnahme eingelegt.
Mit den bereits auf Gemeindegebiet vorhandenen rund 180 Strommasten unterschiedlicher Spannungsebenen, dem neuen Umspannwerk Bergrheinfeld-West, der geplanten SuedLink-Gleichstromtrasse von Niedersachsen über Thüringen nach Bayern einschließlich der geplanten Konverter-Anlagen sowie der geplanten Neubautrasse P 43 sei das Gemeindegebiet völlig überplant, heißt es in dem Schreiben.
Die zukünftige Entwicklung der Gemeinde ist somit extrem eingeschränkt, in betroffenen Bereichen gänzlich unmöglich gemacht. "Die vorgeschlagene Überspannung unseres Waldes im Bereich Garstadter Holz mit den geplanten Masten M 123 und M 124 lehnen wir ab, da es sich bei dem betroffenen Gebiet um einen aus naturschutzfachlicher Sicht sehr wertvollen Waldbestand (FFH, SPA, NSG) handelt, in dessen Erhalt die Gemeinde aus waldökologischen Gründen seit Jahrzehnten hohe finanzielle Mittel investiert", heißt es weiter.
Einzigartige Naturperle
ln unserer waldarmen Gegend stelle das ,,Garstadter Holz" eine einzigartige und aus ökologischer Sicht eine überaus bedeutende Naturperle dar, sie ist eines der letzten größeren Auwaldreste entlang des Maines. "Wir fordern die Netzagentur auf, vom Vorhabensträger Tennet alternative Mast-Standorte auf dem Areal des aktuell im Rückbau befindlichen Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld (KKG) zu planen. Frei- und Bauflächen für Alternativen stehen dort schon heute und zukünftig noch umfangreicher zur Verfügung."
Bei den jetzt vorliegenden Vorschlägen dieses Vorhabens sei eine Waldquerung mit massiven Eingriffen (Fällungen, Kronenkappung, Einkürzungen) über das Gemeindegebiet (Garstadter Holz) mit den Masten M 123 und M 124 geplant. Die Gemeinde lehnt diesen Vorschlag aus den folgenden drei Gründen ab:
Extremer Eingriff
Die vorhandenen Stromleitungen überspannen und belasten bereits heute das FFH Gebiet. Die Vorschläge/Planungen seitens Tennet TSO mit geplanten Fällungen, Einkürzungen und Kronenkappungen von Bäumen verursachen dabei einen weiteren extremen Eingriff in dieses Gebiet Die Planungen überspannten einen Teil eines allgemeinen Europäischen Vogelschutzgebietes.
Das Naturschutzgebiet Garstadter Holz diene der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten. Außerdem sei das Gebiet aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen zu schützen. Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind verboten.
Die Gemeinde Bergrheinfeld lehnt aus den angeführten Gründen den Vorschlag einer Fällung einzelner Bäume ab, ebenso die dauerhafte Kronenkappung der Bäume. Alle Vorschläge sind mit einer Rodung des Baumbestandes gleichzusetzen.
Die Gemeinde fordert die Bundesnetzagentur auf, den Vorhabenträger Tennet mit einer alternativen Planung zu beauftragen, zum Beispiel mit einer Umgehung der Verbindung zwischen den Masten M 123 und M 124 in nördlicher Richtung auf dem KKG-Areal unter der Mitverwendung der bereits vorhandenen Masten-Infrastruktur. Die Forderungen der Gemeinde sind deckungsgleich mit den inhaltlichen Argumenten und Begründungen der Fachbehörden Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Bayern (Würzburg-Schweinfurt) und der Unteren (Landkreis Schweinfurt) und der Höheren Naturschutzbehörde (Regierung von Unterfranken).

Weiter betonte Werner, der Gesetzgeber entziehe den Gemeinden mit der neuen Gesetzgebung das Recht, auf ihrem Gebiet ihre örtlichen Aufgaben im Rahmen der Selbstverwaltungsgarantie zu regeln, insbesondere ihre Planungshoheit auszuüben. Die Informationspolitik und Vorgehensweise von Tennet gefährden die Demokratie. Es gebe keine weitere Gemeinde in Deutschland, die im gleichen Maße von der Energiewende betroffen ist. Einstimmig befürwortete der Gemeinderat die Stellungnahme.


