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Belebte Welt der Dinge
26. Schweinfurter Puppenspieltage: Die vermeintlich kleine Form der darstellenden Kunst scheut sich nicht, die großen Fragen des Menschseins zu stellen.
Gefährliche Begegnungen: Das Puppentheater am Meininger Theater spielt Tolkiens Fantasy-Märchen „Der kleine Hobbit“.
Foto: Erhard Driesel | Gefährliche Begegnungen: Das Puppentheater am Meininger Theater spielt Tolkiens Fantasy-Märchen „Der kleine Hobbit“.
Redaktion
 |  aktualisiert: 17.10.2017 11:38 Uhr

Die 26. Puppenspieltage auf der Studiobühne des Theaters bieten acht verschiedene Produktionen in 13 Vorstellungen an. Erreicht werden sollen Vorschulkinder ab fünf Jahren ebenso wie Schulkinder, Jugendliche und Erwachsene. Es gibt ein Wiedersehen mit alten guten Bekannten wie dem Hohenloher Figurentheater Herschbach, dem Puppentheater aus Meiningen, Theater salz + pfeffer und Thalias Kompagnons (beide Nürnberg), der Bühne Cipolla (Bremen) oder dem österreichischen Karin Schäfer Figuren Theater. Neu im Angebot ist das Theater Waidspeicher aus Erfurt, das gleich mit zwei Produktionen verpflichtet wurde.

Das Theater Waidspeicher Erfurt zeigt am Dienstag, 6. Oktober, um 9, 11 und 15 Uhr für Kinder ab 5 Jahren „Die sieben Raben“ nach dem Märchen der Brüder Grimm (Spieldauer etwa 55 Minuten ohne Pause). Die Inszenierung stammt von Frank Alexander Engel, die Ausstattung von Kerstin Schmidt. Das Theater Waidspeicher e.V. ist ein professionelles Puppentheater, gefördert durch den Freistaat Thüringen und die Landeshauptstadt Erfurt. Neben dem Repertoire aus 13 Inszenierungen für alle Altersgruppen werden in jeder Spielzeit fünf Premieren neu auf die Bühne gebracht. Die Handlung: nach sieben Jungen endlich ein Mädchen! Glücklich schickt der Vater seine Söhne, einen Krug Taufwasser zu holen.

Doch der Krug fällt in den Brunnen, und die Jungs trauen sich nicht heim. Der ungeduldige Vater flucht: „Ich wollte, dass die Jungen alle zu Raben würden.“ Und seine Söhne verwandeln sich in schwarze Vögel und fliegen davon. Als sie groß genug ist, macht sich die kleine Schwester auf den Weg, die Brüder zu suchen. Auf einem Glasberg am Ende der Welt findet sie die Brüder schließlich.

Das Karin Schäfer Figuren Theater aus Österreich präsentiert am Mittwoch, 7. Oktober, um 9, 11 und 15 Uhr „Rose Dorn“ nach „Dornröschen“ von Pjotr Iljitsch Tschaikowski für Kinder ab 6 Jahren. (Spieldauer etwa 50 Minuten ohne Pause). Karin Schäfer ist für Konzept, Puppenbau, Bühnenbild wie Inszenierung verantwortlich. Es spielen Almut Schäfer-Kubelka und Jeanne Nickels und am Konzertflügel Ardita Statovci mit Ausschnitten aus „Dornröschen“ in Bearbeitung für Klavier solo. Das Karin Schäfer Figuren Theater war mit seinen Produktionen in 35 Ländern auf vier Kontinenten zu Gast. Große Festivals und Theaterhäuser haben die Stücke gezeigt, die mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurden. Karin Schäfers Bühne feierte 2014 25-jähriges Bestehen.

„Rose Dorn“ setzt die Geschichte von Dornröschen in einen modernen Kontext. Fragestellungen und Aspekte unserer Zeit vermischen sich mit märchenhafter Schlossästhetik. Indem sich unterschiedliche Welten und Zeiten ineinander verweben, zeigt Rose Dorn ein verträumtes Stück über Familie, Mut und persönliche Freiheit.

Thalias Kompagnons – Theater mit Puppen, Nürnberg, reist mit einer besonderen Produktion an. Zu erleben ist am Donnerstag, 8. Oktober, 9 und 11 Uhr „Der standhafte Zinnsoldat“, ein Bildersturm nach Hans Christian Andersen für Kinder ab 5 Jahren (Spieldauer etwa 45 Minuten ohne Pause). Idee und Spiel liegen in den Händen von Joachim Torbahn, die Inszenierung bei Tristan Vogt. Das Malen ist die Kunst, die Kindern am nächsten scheint. Unbefangen nehmen sie Stifte in die Hand und beginnen ihr Werk, schaffen ihre Welt, gefüllt mit verschiedensten Dingen. Wer möchte sich da nicht mit hineinträumen? Der Märchenmaler skizziert ein großes Kinderzimmer und schmückt es mit wundersamen Spielsachen und -figuren. Doch wie?s beim Malen so kommt – das Bild entwickelt sein Eigenleben: Da tanzt ein lädierter Zinnsoldat aus der Reihe und verliebt sich in die Tänzerin aus Seidenpapier.

Der rote Kobold funkt dazwischen. Das Bild gerät aus den Fugen. Eine wilde Irrfahrt beginnt. Wird der Maler zusammen mit dem Zinnsoldaten einen neuen Weg zurück zur Schönheit finden? Eine lustvolle Einführung in die kreativen Techniken moderner Malerei, bei denen es nicht immer nur schön und ordentlich zugeht. „Die Energie des Malers überträgt sich fast körperlich auf den Zuschauer, die Lust, mit Farbe spontan loszumalen, sich in die Soße zu stürzen wie der Mutige Hans und vielleicht eingeübte Bildideen zu verlassen. . . Eine fulminante Aufführung.“ (double - Magazin für Figurentheater)

Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene zeigt das Nürnberger Theater salz + pfeffer am Donnerstag, 8. Oktober, 19.30 Uhr, die Moliere-Komödie „Der eingebildete Kranke“ (Spieldauer etwa 70 Minuten ohne Pause). Die Übersetzung stammt von Hans Weigel, die Inszenierung von Pierre Schäfer, das Puppendesign von Peter Lutz und die Kostüme von Heike Endres. Es spielen Paul und Wally Schmidt. Es ist die Magie, die die beiden Theatergründer Paul Schmidt und Wally Schmidt zu dieser Theatersparte zieht. Das Übertragen der Sehnsüchte und Wünsche, der Aggressionen und Fragen auf die Welt der Dinge.

Die unendlichen Möglichkeiten der bildnerischen Kunst mit dem darstellenden Spiel zu verbinden, sind der Forschungsort, an dem sich die beiden passionierten Puppenspieler wohlfühlen. Das Material erschafft sich seine eigene Welt: Spiegel unser menschlichen Abgründe oder Hoffnungsgeber für eine bessere Zukunft. Hypochonder Argan, bester Kunde der Ärzte und Apotheker, möchte aus reinem Eigennutz seine Tochter Angelique mit dem jungen, trotteligen Arzt Thomas Diaforius verheiraten. Angelique jedoch ist unsterblich in Cléanthe verliebt, während Argans Frau dabei ist, ihren Mann um dessen Vermögen zu bringen. Toinette, das gewitzte Hausmädchen der Familie, deckt mit List den Schwindel auf und verhindert die ungewollte Hochzeit. Ein amüsantes Figuren-Spiel mit dem Tod.

Am Freitag, 9. Oktober, 11 Uhr, zeigt das Theater Waidspeicher Erfurt für Kinder ab 8 Jahren „Peter Pan oder Das Märchen vom Jungen, der nicht groß werden wollte“ von James Matthew Barrie in der deutschen Fassung von Erich Kästner (Spieldauer etwa 1 Stunde und 20 Minuten ohne Pause). Die Inszenierung stammt von Moritz Sostmann, Bühne und Kostüme von Klemens Kühn, die Puppen von Atif Hussein.

Alle Kinder verlassen eines Tages ihr Land Nirgendwo, kommen nach Hause und werden erwachsen. Nur ein Kind nicht: Peter Pan. Er lebt in dem Land, wo das Wünschen noch hilft und alle Geschichten gut ausgehen. Mit einer Bande wilder Jungs kämpft er dort gegen die Piraten und ihren Anführer, den grimmigen Kapitän Haken. Eines Nachts erscheint er im Zimmer von Wendy Darling und ihren beiden kleinen Brüdern. Es beginnt eine Geschichte, die vom Erwachsenwerden und vom Träumen handelt, von der Liebe – und vom Heimweh.

Das Hohenloher Figurentheater Herschbach gastiert am Freitag, 9. Oktober, 19.30 Uhr, mit „Varieté Olymp“ (Spieldauer etwa 70 Minuten ohne Pause) für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene. Die Idee stammt von Nis Sogaard, der Text von Susanne Sogaard-Weinhold. Figuren und Requisiten wurden vom Theaterfigurenbau Weinhold hergestellt. Das Bühnenbild hat Rolf Cofflet gestaltet. Das Hohenloher Figurentheater ist eines der traditionsreichsten professionellen Figurentheater im deutschsprachigen Raum.

Seit 1974 präsentieren Johanna und Harald Sperlich unterschiedlichste Produktionen für Kinder und Erwachsene – und beweisen, dass es möglich ist, mit der Kunstform des Puppenspiels, einer der Urformen der dramatischen Bühnenkunst, ausgesprochen kreatives, lebendiges und heutiges Theater zu machen. Die Handlung: Alles geschah an einem stürmischen Morgen, als man das Kleid des toten Mädchens fand. Der Hund Herbert Grunz fischte es aus dem Meer. Es gehörte der Tochter von Martha Lecoeuer und Josef Lerire. Ein Mord. Eine Liebesgeschichte, ein Drama und ein Krimi hinter den Kulissen eines laufenden Programms mit einem Magier, Akrobatik, Feuershow und Clownerie.

Das Puppentheater am Meininger Theater zeigt am Samstag, 10. Oktober, 15 Uhr, „Der kleine Hobbit“, das Fantasy-Märchen von John Ronald Reuel Tolkien für Kinder ab 5 Jahren und Erwachsene in der Inszenierung von Felicitas J.M. Pischel-Zoppeck. Die Spieldauer beträgt etwa 70 Minuten ohne Pause. Das Bühnenbild stammt von Udo Schneeweiss, die Kostüme von Anke Pradel-Schönknecht, die Figuren von Katrin Sellin und Florian Schmigalle. Es spielen Claudia Acker, Jan Krawczyk, Rodrigo Umseher und Magdalene Schaefer.

Im Westen des Kontinents Mittelerde, im Auenland, wohnt das Volk der kleinen, friedfertigen Hobbits. Als der Zauberer Gandalf mit 13 Zwergen beim Hobbit Bilbo Beutlin auftaucht, stellt er dessen wohlgeordnete Welt auf den Kopf. Bilbo packt die Abenteuerlust, und so sieht er sich plötzlich zum Meisterdieb ernannt. Er soll den Zwergen helfen, ihren vom Drachen Smaug gestohlenen Schatz wieder zurückzugewinnen. Eine beschwerliche Reise durch eine unsichere Landschaft beginnt.

Den Abschluss bestreitet am Samstag, 10. Oktober, 19.30 Uhr, die Koproduktion der Bühne Cipolla / bremer shakespeare company / Kulturzentrum Lagerhaus/ Theater Duisburg „Bestie Mensch“, Figurentheater mit Livemusik nach dem Kriminalroman von Émile Zola. Die Produktion mit einer Spieldauer ohne Pause von etwa 90 Minuten richtet sich an Erwachsene. Inszenierung, Bühne und Spielfassung wie Schau- und Puppenspiel liegen in den Händen von Sebastian Kautz. Komposition, Sounddesign, Violoncello und Keyboards bei Gero John.

Zola beschreibt in seinem 1890 erschienenen Kriminalroman „La Bete Humaine“ (deutscher Titel „Die Bestie im Menschen“) in aufrüttelnder, bildgewaltiger Sprache ein beklemmend aktuelles Phänomen: den Mangel an Empathie und die zunehmende soziale Kälte in der Gesellschaft. Der Eisenbahner Roubaud, seine Frau Severine und deren Geliebter Jacques Lantier geraten bei ihrem verzweifelten Kampf um ein kleines privates Glück und soziale Anerkennung in einen Strudel aus Leidenschaft, Eifersucht, Raserei und schrecken selbst vor Mord nicht zurück. Die Industrialisierung – von Zola anhand des rasant zunehmenden Eisenbahnverkehrs geschildert – konfrontierte die Gesellschaft mit den gleichen Fragen, vor die wir Menschen des digitalen Zeitalters gestellt sind: Wohin führt unsere Technik-Hörigkeit? Wie kommunizieren wir miteinander? Hören wir einander überhaupt noch zu? Sind moralische Selbstverständlichkeiten wie Toleranz, Mitgefühl und Solidarität zu Fremdwörtern geworden? CK

Karten für die Nachmittags- und Abendvorstellungen ab Samstag, 5. September, Tel. (0 97 21) 51 49 55. Karten für die Schulveranstaltungen um 9 und 11 Uhr ab Montag, 21. September, nur telefonisch unter Tel. (0 97 21) 51 49 52.

Sind Selbstverständlichkeiten wie Mitgefühl und Beistand zu Fremdwörtern geworden? Die Bühne Cipolla mit „Bestie Mensch“ nach dem Kriminalroman von Émile Zola, der die Folgen der Industrialisierung für die Menschen schildert.
Foto: Marianne Menke | Sind Selbstverständlichkeiten wie Mitgefühl und Beistand zu Fremdwörtern geworden? Die Bühne Cipolla mit „Bestie Mensch“ nach dem Kriminalroman von Émile Zola, der die Folgen der Industrialisierung für ...
Ein Bildersturm nach Hans Christian Andersen: Thalias Kompagnons mit „Der standhafte Zinnsoldat“.
Foto: Klaus Schillinger | Ein Bildersturm nach Hans Christian Andersen: Thalias Kompagnons mit „Der standhafte Zinnsoldat“.
Rettungsmission für vermisste Brüder: Das Theater Waidspeicher Erfurt mit „Die sieben Raben“ nach dem Märchen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm.
Foto: Lutz Edelhoff | Rettungsmission für vermisste Brüder: Das Theater Waidspeicher Erfurt mit „Die sieben Raben“ nach dem Märchen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm.
 
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