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Bekannt, beliebt – nicht bezahlt
Schwarze Pfütze: Einst war sie wichtige Poststation, dann Ausflugsziel, schließlich Swingerclub. Jetzt zeigt der Generalbevollmächtige des Voreigentümers den aktuellen Eigentümer wegen Betrugs an.
Heimatfilm: Die Schwarze Pfütze war in den 1950er Jahren Drehort von „Sohn ohne Heimat“ mit den Schauspielern Josefin Kipper und Paul Bösiger.
Foto: Foto:Deutsches Filminstitut DIF | Heimatfilm: Die Schwarze Pfütze war in den 1950er Jahren Drehort von „Sohn ohne Heimat“ mit den Schauspielern Josefin Kipper und Paul Bösiger.
Von unserem Redaktionsmitglied Roland Pleier
 |  aktualisiert: 11.07.2012 18:44 Uhr

Der Niedergang des Gasthauses Schwarze Pfütze bei Rottershausen (Lkr. Bad Kissingen) scheint unaufhaltsam weiterzugehen: Das denkmalgeschützte Gasthaus ist seit Ende 2011 geschlossen und steht zum Verkauf. Möglicherweise droht sogar die Zwangsversteigerung. Und dem jetzigen Eigentümer stehen wohl juristische Probleme ins Haus.

Gegen den aktuellen Besitzer habe er Ende Mai Anzeige erstattet, erklärte Friedrich Hohlig auf Anfrage dieser Zeitung. Der international tätige Unternehmensberater aus Würzburg kümmert sich um die Angelegenheiten des auf Hawaii lebenden Voreigentümers, Gerd Topsnik.

Dieser hatte dem jetzigen Eigentümer ein Darlehen über die Kaufsumme gewährt, das in monatlichen Raten zurückgezahlt werden sollte. Doch außer einer Anzahlung in vierstelliger Größenordnung sei kein Geld geflossen, machte Topsniks Generalbevollmächtigter Hohlig deutlich.

Er sei nun vom derzeitigen Eigentümer, einem 48-jährigen Gastronomen aus Schweinfurt, beauftragt, das geschichtsträchtige Objekt zu verkaufen. Wie dieser selbst auf Anfrage bestätigte, würde er dann mit dem Erlös seine Schulden begleichen – zumindest zu einem Teil.

Denn das Haus hat den Winter nicht schadlos überstanden: Nachdem der Schweinfurter Gastronom die Gaststätte Ende vergangenen Jahres geschlossen hatte und er ausgezogen war, froren offenbar im Februar die Wasserleitungen in dem zu diesem Zeitpunkt leer stehenden Haus auf. Den Schaden beziffert Hohlig auf 40 000 Euro.

„Das tut richtig weh“, kommentierte Oerlenbachs Bürgermeister Siegfried Erhard die Entwicklung der Schwarzen Pfütze speziell im vergangenen Jahrzehnt. Die ehemalige Poststation, eingerichtet 1819 bei Rottershausen auf der Route zwischen Würzburg und Meiningen, war Jahrzehnte lang ein bürgerliches Gasthaus mit Biergarten gewesen, ein Haltepunkt für Reisende und Fernfahrer, ein beliebtes Ausflugslokal für Familien.

In den 1950er Jahren wurde in der Schwarzen Pfütze sogar ein Film gedreht: „Sohn ohne Heimat“ – ein laut Einschätzung des Zweitausendeins-Filmlexikons zwar „anspruchsloser Heimatfilm“, aber mit damaliger Top-Besetzung. 1955 kam er in die deutschen Kinos.

21 Jahre später stand Gerold Topsnik erstmals als Wirt hinter der Theke, der Bruder des Voreigentümers Gerd Topsnik. Doch nach und nach wurde der Betrieb unrentabler. Gerold Topsnik wollte umsatteln. Vier Jahre währte der Rechtsstreit, der bis vors Bundesverwaltungsgericht ging. Topsnik gewann den Prozess. Aus der Schwarzen Pfütze wurde 2004 der Swingerclub Rio.

Drei Jahre später war dann Schluss mit lustig. Die Gaststätte wurde zum Kauf angeboten, stand lange leer. Dann, 2010, wurde sie verpachtet. Diese Episode dauerte aber grade mal fünf Monate.

Auch die Wiedereröffnung im Dezember 2010 stand unter keinem guten Stern. Der neue Eigentümer aus Schweinfurt zog sich nach knapp einem Jahr zurück – und sieht sich nun mit der Anzeige konfrontiert. „Er hat damals schon gewusst“, ist sich Hohlig sicher, „dass er es nicht bezahlen kann.“

Seit Anfang dieses Jahres nun bleiben die Küche kalt und die 40 Plätze im Speiselokal sowie die 60 im Nebenzimmer leer. Aus den Plänen des jetzigen Eigentümers, den Gewölbekeller gastronomisch zu nutzen, ist nichts geworden: Der Einbau eines dann nötigen Fluchtwegs wäre angesichts des dicken Mauerwerks zu teuer geworden, führte er aus. Auch der Rückbau der Swingerclub-Räume im ersten Stock zu Fremdenzimmern wurde nicht verwirklicht.

Hohlig gibt jetzt den Makler. „Wenn einer ein guter Koch ist und ein bisschen Kapital hat“, sagt der Unternehmensberater aus Würzburg über die Schwarze Pfütze, „dann könnte er einen Gourmet-Tempel draus machen.“

Die Blütezeit ist längst vorbei: Das Gasthaus Schwarze Pfütze bei Rottershausen ist seit Jahresanfang wieder geschlossen und soll verkauft werden.
Foto: Roland Pleier | Die Blütezeit ist längst vorbei: Das Gasthaus Schwarze Pfütze bei Rottershausen ist seit Jahresanfang wieder geschlossen und soll verkauft werden.
 
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