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Beim Schreiben geht es mir am besten
Redaktion Main-Rhön
 |  aktualisiert: 08.01.2014 17:03 Uhr

Mit seinem Buch „Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer“ ist der Schweizer Autor Alex Capus unterwegs auf Lesereise durch Deutschland. Auf Einladung der Buchhandlung Vogel kommt Capus am Dienstag, 21. Januar, nach Schweinfurt. Die Veranstaltung um 19.30 Uhr findet in der Aula des Celtis-Gymnasiums statt. Capus erzählt von drei Helden wider Willen: Ein Jüngling träumt vom Weltfrieden und wird in Los Alamos zum Bombenbauer. Ein Mädchen will Sängerin werden und endet als alliierte Spionin. Ein Kunststudent geht mit Schliemann nach Troja und wird zum größten Fälscher aller Zeiten. Nur einmal können die drei einander begegnet sein: im November 1924 am Hauptbahnhof Zürich, wo die Geschichte einsetzt. Wie der fünffache Vater Alex Capus eine Geschichte zum Leben erweckt, erzählt er im Gespräch mit Anne Kirchberg.

Frage: Sie lassen sich gerne beim Barbier rasieren, schreibt es sich gut rasiert besser?

Alex Capus: Nein, das macht keinen Unterschied. Nur wenn ich allzu unrasiert bin, fängt es an zu jucken und lenkt mich ab. Aber solch eine Rasur ist bei Profis viel gründlicher, und sie können mit diesen scharfen Messern umgehen, die kein Laie anfassen sollte. Im Orient verwendet man daneben heiße Tücher und duftende Dämpfe – das ist die Wohlfühloase für Männer. Uns ist sonst nichts vergönnt, wir können uns nicht wie Frauen die Nägel machen lassen, deshalb ist der Barbier unser Privileg. Außerdem reise ich ausschließlich mit Handgepäck im Flugzeug, wo sie mir den Rasierer wegnehmen würden. Anstatt jedes Mal einen neuen zu kaufen, besuche ich eben den Barbier, um mich zu rasieren.

Sind Sie ein echtes Arbeitstier, immerhin haben Sie in den vergangenen zehn Jahren neun Bücher geschrieben?

Capus: Nein, mir macht das Schreiben einfach Spaß. Oft, wenn in meinem Leben nichts los ist und meine Frau mit den Kindern alleine in die Ferien fährt, bin ich alleine zu Hause und denke: „Jetzt könnte ich alles machen, was ich schon lange machen wollte. Nur – was war das doch gleich?“ Und dann setze ich mich doch wieder an den Schreibtisch. Dort geht es mir am besten auf der Welt, und das mache ich am liebsten.

Wie löst man sich beim Schreiben eines neuen Buches vom Inhalt des vorangegangenen?

Capus: Man schreibt Geschichten, um den Kram loszuwerden. Bevor ich mit dem Schreiben anfing, erzählte ich in der Kneipe ewig die gleichen Geschichten. Nachdem ich sie niederschrieb, konnte ich sie nicht mehr erzählen, weil alle Kumpels abwinkten und meinten, dass sie das schon bei mir gelesen haben. Und ich stoße stets auf neue Geschichten, weil ich die Menschen mag und mich die ewige Frage fasziniert, warum der Mensch lebt und warum er lebt, wie er lebt.

Wie erarbeiten Sie aus solch einem Gedanken eine ganze Geschichte?

Capus: Nach meinem Verständnis ergibt sich die Geschichte, wenn man die Handlungsweise eines Menschen in der Zeit und an dem Ort, in dem er lebt, versteht. Der Autor schildert, was jemand wo tut und in welchen Zeitumständen er es getan hat – und behauptet, dass all dies in einem Sinnzusammenhang steht.

Wie behält man darüber selbst einen Überblick beim Schreiben?

Capus: Diesbezüglich gibt es so viele unterschiedliche Verfahrensweisen wie Schriftsteller. Ich mache keinerlei Skizzen oder Baupläne, für mich ist das eine unbewusste Sache des Gefühls. Ich fange an, sobald ich mich ausreichend kundig gemacht habe. Bei zwei Jahren Arbeit an einem Buch, benötige ich ein Jahr für die Recherche, das Einlesen und den Besuch der Handlungsorte. Habe ich mir das alles richtig einverleibt, dauert es eine Weile, bis sich diese Informationen zu einer richtigen Form kristallisieren. Wie dieser unbewusste Prozess geht, weiß ich nicht. Aber eines Tages fange ich links oben auf Seite 1 an und höre auf der letzten Seite rechts unten auf.

Benötigen Sie irgendwas unbedingt beim Schreiben?

Capus: Nein, für mich ist das Arbeiten eine nüchterne Sache, ich kann währenddessen noch nicht mal rauchen. Was ich nicht brauche, ist Ruhe. Oft sitzt sogar ein Kind auf meinem Schoß, weil ich so viele Kinder habe und derjenige bin, der zu Hause ist. Sie stören mich kein bisschen. Ich kann auf Stand-by Vater sein und gleichzeitig schreiben oder umgekehrt. Auch bei Lesungen benötige ich nichts Spezielles, aber seit neustem habe ich meine Lesebrille mit dabei. Das ist jedoch nur der Not gehorchend.

Lesen Sie bei jeder Veranstaltung aus denselben Kapiteln?

Capus: Ich versuche eigentlich vor allem, Zeit für die freie Rede aufzuwenden, weil ich glaube, dass die direkte Begegnung mit dem Autor für die Anwesenden interessanter ist. Deswegen erzähle ich frei und lese zwischendurch kurz etwas vor, damit die Besucher einen Eindruck bekommen, wie das Buch klingt. Denn es geht ja darum, das Buch vorzustellen. Aber ansonsten wende ich mich gerne direkt an das Publikum und verstecke mich nicht hinter einem Buch.

Sind Sie während einer Lesereise in Gedanken schon beim nächsten Buch?

Nein, das funktioniert nicht. Jetzt ist Showbusiness-Zeit, das ist etwas ganz anderes. Da muss ich extrovertiert sein, wenn ich schreibe, ist es genau das Gegenteil. Zu dieser Zeit bin ich für mich alleine und rede auf keinen Fall mit jemandem über mein Buch. Aber jetzt ist Showbusiness, daneben geht nichts.

Alex Capus wurde 1961 in der Normandie geboren. Er lebt mit Frau und fünf Kindern im Schweizerischen Olten. Er studierte in Basel Geschichte, Philosophie und Ethnologie, arbeitete bei Schweizer Tageszeitungen und der Nachrichtenagentur „Schweizerische Depeschenagentur“. 1994 veröffentlichte er seinen ersten Erzählungsband „Diese verfluchte Schwerkraft“, dem viele weitere Bücher mit Kurzgeschichten, Romanen und Reportagen folgten. Sein aktueller Roman „Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer“ erschien im Carl Hanser Verlag. Karten: Buchhandlung Vogel, Vorverkauf 9 Euro, Abendkasse 10, Schüler 4 Euro. Vorbestellungen Tel. (0 97 21) 71 60 0.

 
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