
Eine wertvolle befreiende Ermutigung für das neue Jahr gab Wunibald Müller, Theologe und Psychotherapeut aus Münsterschwarzach, einer großen Zuhörerschaft im Kolping-Bildungszentrum. „Gönne dich dir selbst“ – von der Kunst, Stress erfolgreich zu bewältigen“ hieß seine Botschaft, die er mit großer Klarheit und Eindringlichkeit vortrug.
Zu Beginn hatte Albrecht Garsky, Leiter der Katholischen Erwachsenenbildung, Referenten und Zuhörer zu dem Vortrag begrüßt, einer Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Evangelischen Bildungswerk.„Gönne dich dir selbst“ schrieb der Mystiker Bernhard von Clairvaux vor über 800 Jahren an Papst Eugen III, von dem er den Eindruck hatte, dass er sich völlig verausgabte. Wertschätzung und Liebe zu sich selbst – das Hauptgebot Jesu – fehlt vielen Menschen. In der Sorge um andere übersehen sie ihre eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Sehnsüchte: Es drohen Unzufriedenheit, Stress und psychische Krankheit, bis hin zu Depression und Burn-out. „Wir verausgaben uns bis wir die Lust am Leben verlieren“, betont Müller.
Als einen ersten Schritt gegen das Ausbrennen empfiehlt der Theologe, im Ablauf eines Tages Akzente zu setzen, um dem Sog eines vorgegebenen Rhythmus zu entgehen: Etwas eher aufstehen, um in Ruhe den Tag beginnen zu können, Zeit zu finden für eine Meditation oder ein Gebet. Sich zu überlegen: Was wollen mir meine Träume sagen? Auch Leibarbeit wie Yoga, Eutonie, Tai Chi könne ein gutes Gegengewicht zu unserer sonstigen Tätigkeit sein. Rituale sollten zu Selbstverständlichkeit werden, dann bekräftigen sie unseren Weg, unsere Identität. „Sie verbinden uns mit unserer Seele, schenken uns Kraft und Ruhe“, so Wunibald Müller.
Wenn man ein erfülltes und reiches Leben führen möchte, müsse man sein Herz zuerst dem Leben und der Liebe öffnen. Doch bei Überforderung droht unser Herz hart zu werden, gegenüber den anderen, aber auch uns selbst gegenüber. Dagegen empfiehlt Müller, immer wieder bei sich einzukehren, um mit seinen Gefühlen, Empfindungen, seiner Seele in Berührung zu kommen. Zeiten der Stille, der Besinnung und der inneren Betrachtung können hier hilfreich sein. Und ein bewusstes „Nein-Sagen“ zum eigenen Schutz. „Wir brauchen Zeiten, in denen wir nicht von den Pflichten bestimmt werden.“
Als wohl die schwierigste Aufgabe zu sich gut zu sein, bezeichnet Müller die Annahme unserer selbst, die Versöhnung mit sich selbst. Doch bei all diesen hilfreichen Gedanken würde eine ganz entscheidende Dimension fehlen, wenn wir uns der Dimension von oben – dem Göttlichen - verschließen würden. Dies sei ein Verlangen, das von allem Glück auf Erden nicht gestillt werden könne. Eine Sehnsucht nach dem, was uns trägt und hält, unseren Leib und unsere Seele nährt. Und Wunibald Müller zitiert den Psychiater Carl Gustav Jung: „Schon im Leben sind wir an das Grenzenlose angeschlossen, in ständigem Dialog mit etwas Größerem“.