
"Warum finde ich in der Dienstagsausgabe meiner Zeitung noch nicht die Namen der gewählten Stadträte von Gerolzhofen?" Im Anruf des Lesers klingt unterschwellig der Vorwurf mit, dass man in der Redaktion sich am Wahlwochenende einen schönen Lenz gemacht und die Füße auf den Tisch gelegt hat. Was dem Anrufer offenbar nicht aufgefallen ist: Es gab am Dienstag im Internet und in beiden Ausgaben, in der Main-Post Gerolzhofen und im Schweinfurter Tagblatt, kein einziges Ergebnis aus den Stadt- und Gemeinderäten aus dem Landkreis Schweinfurt - weil es technische Probleme mit der externen Software zur Wahlauswertung gab. Damit hatten sowohl die örtlichen Wahlleitungen als auch die Medien zu kämpfen.
Der geschäftsführende Beamte der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen, Johannes Lang, erklärt das Problem. Es ist egal, über welche URL man zu den aktuellen Wahlergebnissen geführt, entweder über die Homepage des Landkreises Schweinfurt, über die Seite der Stadt Gerolzhofen oder über die Seite der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen - man landet immer auf einer Seite "okvote", die von der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) bereitgestellt wird. Geht man dort dann in den Unterordner der Stadt- und Gemeinderatswahlen erhält man unter anderem eine Tortengrafik mit der Anzahl der Sitze, die die verschiedenen Parteien und Gruppierungen in der jeweiligen Gemeinde errungen haben.
Mehr Sitze als in Echt
Beim Blick auf die Tortengrafik mit der angeblichen Sitzverteilung im künftigen Stadtrat von Gerolzhofen beispielsweise fällt aber auf, dass dort 21 Sitze vergeben sind, obwohl der Gerolzhöfer Stadtrat - abhängig von der Einwohnerzahl Gerolzhofens - tatsächlich nur 20 Sitze umfasst. Für Stadtlauringen wurden sogar 22 Sitze vergeben. Ein klarer Fehler in der Software, für die es zunächst keine Erklärung gab. Aufgrund dieses Fehlers sah die Main-Post von einer vorzeitigen Veröffentlichung des Wahlergebnisses im Landkreis Schweinfurt ab.
In der Tortengrafik des Gerolzhöfer Stadtrats auf "okvote" haben die Freien Wähler nach wie vor sechs Sitze errungen, tatsächlich sind es aber nur fünf. Wie kommt das? Inzwischen hat man den "Denkfehler" der Software entdeckt: Wenn die Software innerhalb einer Liste zwei Kandidaten mit einer identischen Stimmenzahl entdeckt hat, generierte sie für diese Liste bei der Anzahl der Sitze quasi ein "Überhangmandat" dazu. Konkret heißt dies: Bei den Freien Wählern in Gerolzhofen haben Karina Weber und Norbert Röder beide 442 Stimmen erhalten. Die Software meldete "Losentscheid: Verteilung der Nachrücker FW" und schenkte den Freien Wählern einen zusätzlichen Sitz.
Kein Ausdrucken möglich
Der Software-Fehler bereitete bereits am Sonntagabend den Wahlhelfern große Probleme: Die Ergebnisse, bei denen es irgendwo auf einer Liste zu einer identischen Stimmenzahl gekommen war, konnten nicht ausgedruckt werden, berichtet Johannes Lang. Die Software verlangte er nach einen Losentscheid. Normalerweile, so Lang, werde bei Stimmengleichstand innerhalb eines Wahlvorschlags nach der Wahl ausgelost, wer von den beiden gleichrangigen Kandidaten im Endergebnis letztendlich vor dem anderen steht und somit als früherer Nachrücker in Betracht kommt. Am Sonntagabend aber habe man bei den Gleichplatzierten von Amts wegen festlegen müssen, wer vorne liegt, um überhaupt ein Endergebnis angezeigt zu bekommen. Die Verlosung werde selbstverständlich noch nachgeholt und die Reihenfolge gegebenenfalls wieder geändert.
Neben dem Software-Problem gab es am Sonntagabend zusätzlich massive Performance-Aussetzer auf dem Server der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern, wo alle Wahlergebnisse zusammenlaufen. Möglicherweise auch wegen der Coronavirus-Krise wollten viele Bürgerinnen und Bürger sich die Wahlergebnisse lieber online besorgen statt direkt vor Ort am Rathaus. Doch am Computer blieb die betreffende Seite zumeist hängen.