Wie schnell die schönen Zeiten doch vorübergehen: Vor wenigen Jahren galten makellos über den Laufsteg stöckelnde Models noch als Maß aller Dinge. Mit dem Wiesn-Hit „Zehn Meter gehn, ja mei ist das schön“ hat BR-Moderator Chris Boettcher dem Catway-Kult ein bleibendes Denkmal gesetzt.
Mit der guten Laune ist es erst mal vorbei, stellte der Comedian im nicht ganz vollen Festzelt der Euerbacher VfL-Kirchweih fest. Jetzt geht's plötzlich ums Ganze, um unser aller Kultur, die ausgerechnet die „asoziale, fremdenfeindliche, dämliche“ AfD retten will.
Sonst haben die Kinder plötzlich alle fremdländische Namen wie Ali, Mohammed oder Suleika, frotzelte der Radiomann, statt schöner deutscher wie Kevin, Justin oder Chantal. Auch die Volksmusik ist bedroht, wenn statt dem Watzmann der Muselmann ruft oder anstelle der Stubai- die Dubaitaler ihr „Mullahdihia, Mullahdihoppsassa“ anstimmen.
„S?Beste“ nannte sich der kurzweilige Abend, und das kommt (hoffentlich) immer am Schluss. Der gebürtige Ingolstädter ist auch schon 53, dafür geistig frisch geblieben: „Ich hab dem Jugendwahn abgeschworen“. Bei ihm geht es nur noch um die wirklich wichtigen Sachen im Leben: Fußball und die Sportschau oder die Freuden der körperlichen Liebe. Auch im fortgeschrittenen Alter, wenn es irgendwann heißt: „Ein Männerkörper, so ein nackter, will dir sagen, was zählt, ist der Charakter.“
Warum können die Deutschen nicht mal zufrieden sein, lautete die große Frage des Kabarettisten: Auf der Weltkarte der Glückseligkeit befand sich das reiche Deutschland gerade mal auf Platz 26 – „in dem Jahr, in dem wir die Fußball-WM gewonnen haben“. Selbst die Mexikaner waren glücklicher, trotz Drogenkrieg und Dauer-Armut. Weniger ist manchmal mehr. Entsprechend sind es die kleinen, aber passenden Pointen und nebenbei gepflückten Stilblüten, an denen man sich erfreuen darf.
Prominenten-Parodien
Spätestens wenn er leicht verblühte Prominente parodiert: Egal ob Peter Maffay („Ich bin's, der Peter, und ich bin knapp en Meter“), Nino di Angelo (beim Ikea-Schrauben „Jenseits von Schweden“) oder den kaum noch verständlichen Gröni mit „Fang mich an“. So nennt sich eines von Herberts verrätselten, rausgejapsten Alterswerken, wo es wirklich um klemmendes Wetter und zum Trocknen reingeholten Wind geht. „Hör mich auf“, winkt der Chris ab.
Die Zuschauer dürfen lauschen, was aus Promis hätte werden können, wenn sie nicht soviel Glück im Leben gehabt hätten. Vielleicht hätte sich die „sinnlichste Kanzlerin, die wir je hatten“ dann mit Telefon-Sex durchschlagen müssen, mit erregenden Sätzen wie: „Bei Bungie-Angie gibt es keine Obergrenze. Ich lass alle rein, wir schaffen das.“
Die Chemie stimmt jedenfalls, zwei Stunden lang, zwischen Boettcher und seinen dankbaren „Eierbechern“ in „Euterbach? Eiter...nein, Euerbach.“ Am Ende sagen seine Promis leise Servus, auch Oma und Opa haben noch mal so richtig Spaß, als Lustgreise. Was am Ende bleibt, ist irgendwie ein gutes Gefühl.