„Der Andrang ist ja fast so groß wie bei der Ufra“, wunderte sich Vizelandrat Peter Seifert beim Blick auf den vollbesetzten Parkplatz am Gesundheitszentrum Mainbogen. Alle 80 Stellplätze waren belegt. Der barrierefreie, klinisch weiße Gebäudekomplex mit Gemeinschaftspraxis und Apotheke wurde nun offiziell seiner Bestimmung übergeben.
Anwesend war reichlich Politprominenz aus der namensgebenden Interkommunalen Allianz. Der Bedarf an ärztlicher Versorgung vor allem in Grettstadt, Sennfeld und künftig auch Schwebheim soll nun vom Neubaugebiet Rempertshag aus gedeckt werden, plus einer Filiale in Gochsheim.
Auch im Inneren herrschte Andrang. Das Pionierprojekt soll dem Hausärztemangel auf dem Land entgegenwirken. Philipp van Gelder, Geschäftsführer der Gesundheitszentrum Mainbogen GmbH, erläuterte, wie sich die zwölf Mediziner das Konzept vorstellen. Im Haus tätig sind die beiden Leiter Christian und Steffen van Gelder, die Fachärzte Charlotte Krämer, Veit Gillich, Michael Donhauser, Gerhard Rauscher und künftig Lothar Schmid sowie bis zu fünf Weiterbildungsassistenten, einschließlich Ahmad Alomar aus Syrien. Alle tragen das grüne Team-T-Shirt. Der Sohn von Christian van Gelder arbeitet derzeit noch im Klinikum Bad Neustadt, möchte aber bis spätestens 2018 ebenfalls in die Reichsdorfstraße wechseln.
Statt Einzelkämpferdasein ist Gemeinschaftsarbeit angesagt
Fehlende Flexibilität bei Krankheit, Urlaub, Elternzeit oder Berufswechsel sowie ein hoher finanzieller und bürokratischer Aufwand schrecke junge Mediziner ab, den „schönen Beruf“ des Hausarztes zu ergreifen, so Philipp van Gelder. Die Lösung: „Wir müssen die Rahmenbedingungen ändern.“ Statt Einzelkämpfer-Dasein ist Gemeinschaftsarbeit angesagt. Dies alles auf knapp 6000 Quadratmetern, mit 18 Nutz- und Behandlungsräumen, Labor, Telefonzentrale und der „Frankenapotheke“ unter der Leitung von Matthias Krimmel. Im Erdgeschoss befindet sich der Akuttermin- und Planterminbereich, im Obergeschoss schließen sich Büro- und Aufenthaltsräume an.
Vizelandrat Peter Seifert lobte die Schaffung von bis zu 40 Arbeitsplätzen. Dies alles bei guter Straßenanbindung und benachbarter Bushaltestelle. „Unaufgeregt und unpolitisch“ sei die Zusammenarbeit in der Allianz gewesen, nach dem Motto: „Mein Standortvorteil ist auch dein Standortvorteil.“
Ginkgo-Baum als Geschenk vom Bürgermeister
Allerdings ist es kein Geheimnis, dass auch Gochsheim, wo die Arztfamilie van Gelder ihren Stammsitz hatte, gerne den Zuschlag erhalten hätte. Der Spatenstich erfolgte im Sommer 2015, dann allerdings in Sennfeld.
„Es ist vollbracht.“ Bürgermeister Emil Heinemann wählte bewusst biblische Worte, sprach von Passion und dem Ende einer (politischen) Leidenszeit. „Heute feiern wir in Eintracht“, sagte Heinemann, der den Lagevorteil des Neubaugebiets Rempertshag herausstellte. Bislang habe er Einweihungen von Gesundheitszentren nur aus Lateinamerika gekannt, flachste der Rathauschef. Jetzt biete seine Gemeinde eine „Heimat für beherzte Ärzte und zufriedene Patienten“. Als Geschenk gibt es einen „gesunden“ Ginkgo-Baum.
Auch Christian van Gelder freut sich über das neue „Mehrgenerationenhaus“ und „Vater-Sohn-Projekt“ in Sennfeld. Die Zweigstelle in Gochsheim bleibe erhalten. In Sennfeld könne man nun auch samstags Öffnungszeiten anbieten. Ums Geld sei es bei dem eigenfinanzierten Projekt nie gegangen: „Man wird nicht reich dabei.“ Die Rede ist insgeheim von einer siebenstelligen Investitionssumme.
„Wir haben fast schon wieder zu wenig Platz“, stellte van Gelder augenzwinkernd fest. Ein Ausbau wird wohl kommen, eventuell auch noch ein Gynäkologe oder Kinderarzt. „Die Erweiterungsmöglichkeiten sind bautechnisch vorgesehen“, bestätigte Karl-Heinz Rüth von der Firma Riedel Bau, der mit Bauleiter Sven Rückert den Schlüssel an die versammelte Ärzteschaft übergab.