Die ersten Schweinfurter Puppenspieltage fanden 1973 im Theater statt. Geburtshelfer und Motoren über viele Jahre hinweg waren Uwe Brockmüller, der Figurentheater-Experte, dessen Sammlung überregional bedeutend ist, und Günther Fuhrmann, der langjährige Kulturamtsleiter und Theaterdirektor. Es gab viele Nachahmer, aber nicht alle haben 40 Jahre lang durchgehalten. Im Oktober finden die Schweinfurter Puppenspieltage zum 25. Mal statt, nun unter der künstlerischen Leitung von Christian Kreppel. In 13 Vorstellungen von neun Produktionen werden alle Altersgruppen angesprochen. Die Auftaktvorstellung am 13. Oktober – „Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär“ – wird im Großen Haus gezeigt, alle anderen Vorstellungen wie gewohnt im Studio auf dem Theater.
Thalias Kompagnons Nürnberg eröffnet in einer Koproduktion mit der Tafelhalle Nürnberg für die Salzburger Festspiele mit „Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär“ nach Ferdinand Raimund am Sonntag, 13. Oktober (19.30 Uhr, Großes Haus). Konzept und Inszenierung stammen von Joachim Torbahn und Tristan Vogt und richten sich an Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene. Ferdinand Raimunds Zaubermärchen voller Melancholie, Tiefe und naiver Komik ist geradezu ideal für das Figurentheater. Vier Puppenspieler und zwei Musiker erzählen die Posse bezaubernd, mit Witz und hoch professionell. Ein Lustspiel mit bodenlosen Handpuppen, illusionären Hütten und Palästen und schaurig-schöner Märchen-Musik. Die Handlung: Waldbauer Fortunatus Wurzel gerät unverhofft zwischen die Fronten einer überirdischen Intrige. An ihr sind beteiligt: Die abgetakelte Feen-Diva Lakrimosa, ihre auf der Erde ausgesetzte Tochter Lottchen, der arme Fischer Karl Schilf, „Der Neid“ und „Der Hass“, „Die Jugend“ und „Das Alter“, ein unfähiger Magier aus dem Schwabenlande, der Geisterverein im Wirtshaus „Zum Verrufenen Bergle“ und – als letzte Hoffnung – „Die Zufriedenheit“ in ihrer bescheidenen Hütte.
Für Kinder ab vier spielen Die Complizen Hannover mit „Alles Rabenstark! oder hauen, bis der Milchzahn wackelt?“ am Dienstag, 15. Oktober (9, 11 und 15 Uhr, Studio auf der Bühne) ein starkes Stück zum Thema Konflikte lösen nach Nele Moost. Zu erwarten ist eine lebendige, freche und musikalische Inszenierung, bei der der Rabe Socke, eine der bekanntesten Figuren der modernen Kinderliteratur, auf die Bühne kommt. Es gibt Ärger! Der Wolf hat sich einfach in der Burg vom Raben Socke und vom Dachs breitgemacht. Deswegen haben sie sich gestritten, so toll, dass der Wolf den Raben verhauen hat. Der Wolf ist für die beiden zu stark. Deshalb laufen sie davon. Was sollen der kleine Rabe und der Dachs jetzt tun? Eddi-Bär meint, sie sollen ihre Muskeln trainieren, boxen lernen, stark werden und dann zurückhauen. Ob das wirklich der richtige Weg ist? Oder macht es alles nur noch schlimmer?
Das renommierte Puppentheater am Meininger Theater zeigt am Mittwoch, 16. Oktober (9 und 11 Uhr, Studio auf der Bühne) „Das Feuerzeug“ von Pierre Schäfer nach Hans Christian Andersen. Das Feuerzeug ist Andersens berühmte Geschichte vom armen Soldaten, dem durch ein Feuerzeug urplötzlich magische Dinge geschehen. In der Inszenierung von Pierre Schäfer von der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin, erzählt das Meininger Puppentheater die berührende Geschichte mit wunderschön gearbeiteten Puppen als einfühlsames, zauberhaftes Spiel um Hoffnung, Redlichkeit und wahre Werte. Ein armer Soldat trifft auf eine Hexe und kommt plötzlich zu viel Geld und einem alten Feuerzeug. Durch falsche Freunde ist der Reichtum jedoch schnell wieder zerflossen und der arme Kerl besitzt nichts mehr. Außer seinem Feuerzeug. Als er sich damit eine wärmende Kerze anzünden will, passieren ganz plötzlich magische Dinge. . .
Auch vom Puppentheater am Meininger Theater stammt für Kinder ab vier „Hans im Glück“ nach den Gebrüdern Grimm am Mittwoch, 16. Oktober (15 Uhr, Studio auf der Bühne). Eine Moritat als Marionettenspiel. Kaum ein Begriff ist so schwer zu fassen wie das Glück. Auch für Kinder ist es häufig nur mit materiellen Dingen verbunden. Hans im Glück mit dem Puppenspieler Falk P. Ulke eröffnet eine andere Sicht auf die Dinge. Glück entsteht nicht durch Reichtum, sondern es entsteht in uns. In unserem Verhältnis zu den Dingen und in der Fähigkeit, unsere Umwelt besonders wahrzunehmen.
Das Hohenloher Figurentheater Herschbach mit Harald und Johanna Sperlich zeigt seine Inszenierung mit Marionetten für Kinder ab fünf „König Sofus und das Wunderhuhn“ (Kinderstück von Tankred Dorst und Ursula Ehler), Gewinner des Publikumspreises des 34. Wiesbadener Puppenspielfestivals 2010. Das Stück ist am Donnerstag, 17. Oktober (9 und 11 Uhr im Studio auf der Bühne) zu sehen. König Sofus fühlt sich durch das Gegacker des Huhnes seiner geliebten Enkelin Rosalind gestört und will es schlachten lassen. Als die Prinzessin sich dagegen wehrt, jagt er beide aus dem Schloss. Nun will keiner mehr etwas mit ihm zu tun haben; sogar die Dinge um ihn herum machen sich aus dem Staub. . .
Ihr Debüt bei den Puppenspieltagen feiert die Kooperation metropol-ensemble Bremen / Bühne Cipolla / Bremer Shakespeare Company am Donnerstag, 17. Oktober (19.30 Uhr, Studio auf der Bühne) mit „Mario und der Zauberer“ nach der Novelle von Thomas Mann, einer spannenden Arbeit für Jugendliche ab 14 und Erwachsene mit Gero John und Sebastian Kautz. „Du tust, was du willst. Oder hast du schon einmal nicht getan, was du wolltest? Oder gar getan, was du nicht wolltest? Was nicht du wolltest?“ Schauspiel, Puppentheater und Maskenspiel in Verbindung mit der von Gero John eigens komponierten und live gespielten Cello-Musik lassen magisches Figurentheater entstehen. Der machtgierige Schausteller Cipolla verführt sein Publikum zu makabren Experimenten, die ein bitteres Ende finden. Angesiedelt im faschistischen Italien der 1930er Jahre, zeigt Thomas Manns Novelle „Mario und der Zauberer“ die Manipulierbarkeit des Menschen.
Das österreichische Karin Schäfer Figurentheater zeigt am Freitag, 18. Oktober (11 Uhr, Studio auf der Bühne) mit „Zheng He. . . als die Drachenschiffe kamen“ die fantastischen Reisen des chinesischen Entdeckers und seine Abenteuer von Arabien bis Afrika für Kinder ab sieben. Diese Begegnung zwischen Trickfilm und Figurentheater erhielt den Preis „Stella 2011“ für „herausragende Ausstattung/visuelle Gestaltung“ und „Award for Exceptional Visual Design“ beim UNIMA Weltkongress 2012. Die in China jedem Kind bekannten, legendären Seefahrten des Admirals Zheng He führten ihn zwischen 1405 und 1433 über Indonesien, Indien und die arabische Küste bis nach Afrika. Die chinesische Flotte war mit über 300 Drachenschiffen gewaltig: Im arabischen Sprachraum ist Zheng He als Sindbad in den Anekdotenschatz eingegangen. Das Karin Schäfer Figuren Theater erzählt die Geschichte als Geschichte der Menschen, die ihm begegnet sind. In jedem der Länder, die er bereist hat, hat er eine Erzählung oder Anekdote hinterlassen, die von je einer Figur verkörpert wird – etwa ein Gelehrter aus Arabien, ein afrikanischer Fischer oder eine Händlerin aus Siam. Sie alle begleiten durch diese fantastischen Abenteuer – in einer vollkommen neuartigen Kombination von Figurentheater, Video, Trickfilm und Musik.
Für die Produktion „Kafkas Schloss – ein Machtspielchen“ von Thalias Kompagnons Nürnberg/Tafelhalle Nürnberg unter der Federführung von Tristan Vogt und Joachim Torbahn gab es den AZ-Stern des Jahres 2009. Zu sehen ist sie am Freitag, 18. Oktober (19.30 Uhr, Studio auf der Bühne) und richtet sich an Jugendliche ab 14 und Erwachsene. „Es ist nicht notwendig, dass du aus dem Haus gehst. Bleib bei deinem Tisch und horche. Horche nicht einmal, warte nur. Warte nicht einmal, sei völlig still und allein. Anbieten wird sich dir die Welt zur Entlarvung. . .“ (Franz Kafka, Zürauer Aphorismen) Was ist Kafkas Schloss? Ein Behördenlabyrinth? Ein selbstgeschaffener Alptraum? Eine metaphysische Instanz? Thalias Kompagnons interpretieren das Romanfragment mit kleinen Holzfiguren als boshaftes Spielchen voll Intrigen, Machtkämpfen und Beziehungsfallen: Auf der Suche nach Unterkunft, Arbeit und menschlicher Anerkennung verstrickt K. sich in einen verbissenen Kampf mit dem bürokratischen Apparat der Schlossverwaltung; dieser setzt dem rebellischen Eindringling lediglich lächelnden Gleichmut entgegen.
Den Abschluss der 25. Puppenspieltage bestreitet das Figurentheater Marc Schnittger Kiel am Samstag, 19. Oktober (19.30 Uhr, Studio auf dem Theater) mit „Der Garten der Lüste“, einem Theaterprojekt über den Lockruf des Archaischen für Erwachsene. Inspiriert von Hieronymus Boschs spätmittelalterlichem Gemälde präsentiert der Schauspieler und Puppenbauer Marc Schnittger eine Kombination aus Figurentheater, Schauspiel und Klangwelt. Sein Spiel ist sinnlich, lebendig und fantastisch zugleich. Eine illustre Gruppe bizarrer Gestalten folgt einem mysteriösen Ortskundigen in die Wildnis. Die Vergnügungssüchtigen sind auf der Suche nach einer verheißungsvollen Lichtung, an der die geheimsten Wünsche und Sehnsüchte in Erfüllung gehen sollen. Doch die Expedition landet im Sumpf ihrer Innenwelt. . . Eine biblisch-fantastische Groteske über eine Zivilisation, die nach dem Lebenssinn sucht: Der zweite Teil einer Theater-Trilogie über das Triptychon „Der Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch. Seit 1988 entwickelt Marc Schnittger seinen charakteristischen Stil des visuellen Theaters. In seinen Inszenierungen kombiniert er Schauspiel und Figurentheater mit Handpuppen und lebensgroßen Figuren. Das Spiel changiert elegant zwischen szenischer Miniatur und kraftvoller Dramatik. ck
Vorverkauf für die Nachmittags- und Abendvorstellungen ab Samstag, 7. September. Karten für die Schulvorstellungen vormittags ab Montag, 30. September, nur telefonisch unter Tel. (0 97 21) 51 49 52.