Sonntagvormittag. In einer guten Stunde öffnet der Hirschkeller seine Türen für hungrige Gäste. Es riecht köstlich, denn die Köche sind bereits seit zwei Stunden hier und bereiten die Mahlzeiten vor. Ich bin heute aber nicht zum Vergnügen hier, sondern zum Kellnern. Den Plan, einen Tag als Kellner im Biergarten zu arbeiten, hat der Regen am Morgen durchkreuzt.
Geöffnet werden heute nur der Innenbereich und die Terrasse. Am Ende des Tages werde ich froh darüber sein, denn dadurch sind die Laufwege deutlich kürzer – und trotzdem werde ich nach Feierabend meine Beine spüren.
Bereits vor der Öffnung gibt es viel zu tun
Bevor die ersten Gäste eintreffen, wird die Kaffeemaschine angeworfen. Da in der Jägerstube eine Privatfeier stattfindet, nehmen Günther und ich hierfür die letzten Vorbereitungen vor. Wir dekorieren den Raum, legen die Tischkarten aus, stellen Servietten auf und legen das Besteck akkurat auf den Tisch. "Das sind Kleinigkeiten, die oft gar keinem auffallen", sagt Günther.
Auch die anderen Tische im Hirschkeller putzen die Kellnerinnen und ich nochmal. Dann werden sie schön hergerichtet, die Besteckkörbe und die Getränkekarte ausgelegt. Anschließend macht sich die Coronapandemie bemerkbar: Wir müssen noch die Trennwände vom Eingangsbereich zu den Tischen tragen. Jetzt bekomme ich meine Schürze umgebunden, es wird ernst.
Zufriedene Gäste machen auch mich glücklich
11.25 Uhr, in fünf Minuten öffnet der Hirschkeller. „Genieße es, das ist die Ruhe vor dem Sturm“, sagt meine Kellnerkollegin Sabrina Schäfer. Draußen stehen die Gäste bereits Schlange. Sie bekommen die Speisekarten in die Hand und werden an ihre Tische geführt. Dann geht es los. Die ersten Getränkebestellungen werden aufgenommen. Christian Scheuring ist heute dafür zuständig, die Getränke einzuschenken und zuzubereiten. Er zeigt mir, was ich machen muss.
Ich zapfe Bier und Cola, schenke alkoholfreie Weizen ein oder bereite hausgemachte "Hirschlimonade" zu. Die Getränke werden am Tresen abgestellt. Später wechsle ich die Seite, bin nun dafür zuständig, dass die Getränke zu den Gästen kommen. Ich kontrolliere auf dem Kassenbon, ob alle Getränke wie bestellt da sind und schaue auf die Tischnummer. Eine Übersicht am PC zeigt mir, wo der zu beliefernde Tisch ist. Ich mache mein Tablett voll und laufe los.
Mir unterläuft der ein oder andere Fehler
Am Tisch frage ich, wer welches Getränk bekommt. Jeder Gast erhält einen Bierdeckel, auf den das Getränk gestellt wird. „Ist das bei euch immer so, dass erst die Lieferung kommt und dann die Bestellung aufgenommen wird?“, freut sich ein Gast über die schnelle Lieferung. Zufriedene Gäste, das ist der schönste Anblick für einen Kellner. Ich bekomme keine einzige Beschwerde an diesem Sonntag.
Die Getränkeauslieferung ist heute meine Hauptaufgabe. Das kann ich selbstständig machen. Wenn Gäste unterwegs noch etwas bei mir bestellen, tippe ich es in den PC ein. Hierbei muss man sehr aufpassen, aber mir ist zum Glück kein Fehler unterlaufen. Anders sieht es beim Ausliefern aus. Manchmal laufe ich ohne Bierdeckel los. Zwei, dreimal verwechsle ich die Tischnummer. Und bei der hausgemachten Limonade oder beim Aperol-Spritz vergesse ich immer wieder, dass ich einen Strohhalm einstecken muss. Aber Sabrina Schäfer passt auf.
Das Essen mit dem Schlitten ausgeliefert
Froh sein kann ich auch, dass das Essen heil am Tisch angekommen ist. Das habe ich zunächst in der Küche auf den sogenannten "Schlitten" gestellt, ein großes Tablett, das auf der Schulter getragen wird, um den Transport zu erleichtern. Beim ersten Mal eine echte Herausforderung, aber später können Haxe, Schweinebraten, Steak, Salat und die "Pinzgauer Kasnocken" an hungrige Mäuler übergeben werden. Gut, dass ich das nicht den ganzen Tag machen muss, denn in der Küche ist es sehr heiß, es dampft, und man bekommt Appetit. Schon seit kurz vor neun Uhr war das Küchenpersonal da, um die Speisen vorzubereiten. Und das, obwohl der Betrieb am Tag zuvor bis 23.30 Uhr ging.
Rund 220 Plätze gibt es im Innenraum, über 180 Reservierungen sind es an diesem Sonntag. Am häufigsten bestellt wird das "Pinzgauer Filetpfanderl". Als Besonderheit bietet der Hirschkeller Dry Aged Fleisch an, also Rindfleisch, das durch Trockenreifung besonders zart und geschmacksintensiv werden soll. Aber es gibt auch eine große Auswahl an vegetarischen und veganen Speisen.
Inhaber Maurice Feldmann konnte nicht ohne die Gastronomie leben
Oft wird es hektischer, ich will nicht im Weg stehen. Fragen zu stellen traue ich mich manchmal fast nicht. Aber in einem ruhigen Moment schnappe ich mir Maurice Feldmann. Er ist mit seinen 25 Jahren ein sehr junger Inhaber. Feldmann hat in Herxheim Hayna beim Sternekoch Karl-Emil Kuntz seine Ausbildung zum Koch gemacht, dann war er in Bad Kissingen und beim Chumbos in Schweinfurt tätig. Da er in seiner Freizeit schon immer in der Feuerwehr und im Rettungsdienst aktiv war, hat er anschließend für ein Jahr eine Ausbildung bei der Feuerwehr gemacht, aber relativ schnell gemerkt: „Ich brauche die Gastronomie“.
Durch Zufall wurde ihm der Hirschkeller angeboten. „Eigentlich wollte ich kleiner anfangen“, sagt Feldmann. Im Oktober 2o18 fing er an, im Hirschkeller zu arbeiten, Anfang Februar 2019 übernahm er den Laden dann komplett von Frank Keller. Und seit 2020 bietet er einen Catering-Service an. Dann klingelt schon wieder das Telefon, denn ein Mann bestellt Essen zum Abholen.
Auch Abräumen, Sortieren und Putzen gehören dazu
Wenn die Gäste gehen, wird deren Tische abgeräumt. In der Spülküche kommen die Essensreste in die eine Tonne, die Servietten in eine andere. Anschließend sortieren wir Teller und Schüsseln nach der Größe, um den Spülvorgang zu vereinfachen. Habe ich einen Tisch abgeräumt, wird er gesäubert. Dann wird er gleich wieder schön hergerichtet für die nächsten Gäste, ein voller Besteckkorb und die Getränkekarte aufgestellt.
Viel schneller als erwartet ist es 15 Uhr, fast alle Gäste sind inzwischen weg, es wird ruhiger. Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Dennoch habe ich mir ein Feierabendbier und ein Essen verdient, es gibt Spinatknödel mit Rahmschwammerln. Essen und Getränke schmecken gleich nochmal besser, wenn man weiß, welche Arbeit dahinter steckt. Und während ich Feierabend habe, räumt Felicia Greese die Besteckkörbe wieder mit frisch gespültem Besteck ein. Gleichzeitig werden noch die Gäste der Privatfeier weiter bedient. Und dann geht es bald schon wieder los, ab 17 Uhr kommen erneut hungrige und durstige Gäste.
Am Ende des Tages bin ich sehr stolz darauf, dass ich keine Flaschen oder Gläser kaputt gemacht und nicht mal etwas ausgeschüttet habe. Das war besonders schwierig bei der Privatfeier in der Jägerstube, denn dort ist die Türe zu und es ist nicht leicht, sie mit dem vollen Tablett in den Händen zu öffnen.
Mein Fazit: Die viele Arbeit die dahinter steht mehr wertschätzen
Meine Kellnerschicht hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es als Dauerbeschäftigung zu einem echten Knochenjob werden kann. Andererseits bleibt man so fit. Ein dickes Lob kommt von Inhaber Maurice Feldmann und Betriebsleiter Johannes Günther: "Wir würden dich sofort einstellen". Das Jobangebot ehrt, aber ich sehe mich lieber als Gast, der sich Essen und Getränke bringen lässt. Und der die Arbeit der Kellnerinnen und Kellner und des gesamten Teams im Hintergrund noch mehr wertschätzt, als zuvor. Und das auch beim Trinkgeld zeigen.
Für mich war es der erste Kontakt mit dem Hirschkeller. Ich war sehr überrascht von dem insgesamt sehr jungen, motivierten Team, dem man den Spaß an der Arbeit angemerkt hat - auch wenn es manchmal (oder öfters) stressig zugeht.
Das ist mir Sicherheit auch alltäglich in vielen anderen Gastronomiebetrieben der Fall.
Danke an die Gastronomie im Allgemeinen, die das gesellschaftliche und soziale Leben am Laufen hält.
Danke an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jeden Tag ihren Mann stehen um den Kunden etwas leckeres auf den Tisch zu zaubern.
Und Danke, dass solche junge Menschen gibt, die Verantwortung tragen, die sich um die Gäste kümmern und die in der Küche unter schwierigsten Bedingungen arbeiten müssen/wollen!
Der Hirschkeller ist immer ein Besuch wert!