
Neulich im Museum Georg Schäfer: Lehrerin Annette Günther ist mit ihren zwölf Schülerinnen und Schülern der speziellen Klasse für Migranten zu Besuch. Sie laufen durch die Spitzweg-Ausstellung, sehen ein Bild mit einer Frau, die eine Haube auf dem Kopf trägt. Die Schüler fragen, was es damit auf sich hat, „und schwups waren wir bei dem deutschen Begriff 'Unter der Haube'“, erzählt Günther. „Das ist das wirkliche Ankommen in der Sprache und der Kultur“, findet sie.
Seit Anfang des Schuljahres
Seit September gibt es im seit 50 Jahren bestehenden Bayernkolleg Schweinfurt, der einzigen staatlichen Einrichtung des zweiten Bildungsweges in Unterfranken, eine besondere Klasse für junge Erwachsene, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Sie werden in einem zweijährigen Vorkurs, in dem der Schwerpunkt auf Deutsch als Zweitsprache liegt, auf den Übertritt in das Kolleg vorbereitet. Zwölf Schüler sind es, Migranten bzw. Aussiedler aus Russland, der Ukraine, Kirgisien und Rumänien sowie Flüchtlinge aus Somalia, Kenia, Syrien und Afghanistan. Man muss 18 oder älter sein, grundlegende Deutsch-Kenntnisse auf dem so genannten B1-Level haben, braucht einen dauerhaften Aufenthaltsstatus und muss gearbeitet oder eine Ausbildung gemacht haben.
Langjährige Erfahrung mit Aussiedlern
Das Interesse war groß, freut sich die Konrektorin der Schule, Birgit Weiß. Die Schule hat mit ihren Klassen für Aussiedler Erfahrung in der Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache, dennoch ist die neue Klasse eine Herausforderung für die Lehrkräfte. Dass man sich bewusst ein Jahr länger Zeit lässt als üblich, zahlt sich aus, die Fortschritte nach vier Monaten sind erstaunlich. „Sie sind engagiert, ehrgeizig und vor allem sprechen sie alle, auch untereinander, Deutsch. Und sie sind pünktlich und ehrgeizig, wollen das Abitur und eine Perspektive haben“, erzählt Birgit Weiß. In der Schulfamilie wurden die Neulinge gut aufgenommen, Tutoren aus anderen Klassen kümmern sich um sie.
Blick in die Zukunft
Dass jeder seine manchmal durchaus herzerweichende Geschichte von Migration oder dramatischer Flucht hat, ist eine Sache. Die andere der erstaunliche Umgang damit. Annette Günther erzählt, ihr habe ein Schüler gesagt, „wir alle haben Furchtbares erlebt. Aber wir wollen das ruhen lassen und nach vorne schauen.“
In den ersten Wochen lag der Schwerpunkt im Unterricht auf Deutsch lernen, in allen Fächern – ob Englisch, Mathematik, Physik oder dem Fach Kultur und Werte. „Natürlich sind die Deutschkenntnisse unterschiedlich, aber es wird sehr viel gefragt. Die Schüler sind sehr motiviert und so vergrößert sich der Wortschatz täglich“, sagt Klassenleiterin Barbara Streicher-Daub. Der Zusammenhalt in der Klasse ist trotz der unterschiedlichen Ethnien sehr groß, „es gibt keine Konflikte, Politik und Religion sind außen vor“, so Streicher-Daub. Vielmehr eint die Schüler großer Wissensdurst über unser Zusammenleben. Der Terror-Anschlag in Berlin vor Weihnachten zum Beispiel habe alle erschüttert.
Arzt als Traumjob
Die Ziele, die sich die Schüler gesteckt haben, sind hoch: „Ich will meinen Traum verwirklichen und Arzt werden“, erzählt der Syrer Moaz Hammemi. Der Somalier Yussuf Hamid ist schon seit fünf Jahren in Deutschland, lebte in Nürnberg und zog nach Schweinfurt, um hier in die Schule zu gehen. „Dass Abitur zu machen, ist nicht schwer, die deutsche Sprache ist schwer. Mathematik kennt keine Sprache“, so Hamid, der voll des Lobes über den Kurs im Bayernkolleg ist.
ONLINE-TIPP
Mehr Informationen zur speziellen Klasse für Migranten unter www.bayernkolleg-sw.de