
„Es ist eine wichtige Aufgabe. Wenn wir Integration wollen, müssen wir auch Hürden abbauen.“ Birgit Weiß, stellvertretende Schulleiterin des Schweinfurter Bayernkollegs, ist Feuer und Flamme für die neue Idee der Schule. Ab dem nächsten Schuljahr will man eine oder mehrere spezielle Klassen für Migranten anbieten, um diesen einen Weg zum Abitur zu ermöglichen. In den Osterferien kam die Genehmigung des Kultusministeriums, jetzt wirbt man auf Flyer und Plakaten in der Region für die neue Klasse, besonders natürlich in Zusammenarbeit mit den Stellen, die Flüchtlinge betreuen, wie Caritas, Diakonie, den Kirchen, der Stadt oder der Volkshochschule.
„Wir denken als Schule schon lange darüber nach und handeln aus Überzeugung, weil wir bisher sehr gute Erfahrungen gemacht haben“, so Weiß, die darauf verweist, dass man sowohl im Kollegium als auch bei den Schülern auf offene Ohren gestoßen sei.
Erfahrung mit Aussiedlern
Angesichts der Geschichte des Bayernkollegs auch kein Wunder. Rund ein Drittel der Schüler, die hier auf dem zweiten Bildungsweg innerhalb von drei Jahren das bayerische Abitur ablegen, haben einen Migrationshintergrund. Außerdem gibt es an der Schule schon seit 1977 Klassen für Aussiedler, deren Muttersprache Russisch ist. Wie man didaktisch-methodisch den Lehrstoff an Schüler vermittelt, die nicht von Geburt an Deutsch sprechen, ist im Bayernkolleg Alltag, zumal viele Lehrerinnen und Lehrer sich in den vergangenen Monaten auch speziell weitergebildet haben.
In kleinen Klassen von maximal 15 Schülern will das Bayernkolleg nun Flüchtlinge, die über grundlegende Deutschkenntnisse nach dem ersten Sprachkurs auf dem so genannten B1-Niveau verfügen, mindestens 18 Jahre alt sind und einen dauerhaften Aufenthaltsstatus haben, die Möglichkeit zur Hochschulreife bieten.
Vorbereitung in Vorkurs
Zunächst werden die Schüler im so genannten Vorkurs unterrichtet, um dann in die K1 zu kommen und später in die gymnasiale Oberstufe. Im Idealfall hat man dann binnen vier Jahren sein Abitur. Die Flüchtlinge bekommen in den ersten zwei Jahren als Schwerpunkt das Fach „Deutsch als Zweitsprache“, das Konzept sieht im Vorkurs vor, dass schwerpunktmäßig eine Mischung aus Deutsch mit Geschichte und Sozialkunde unterrichtet wird, um zum einen die Sprache zu üben, aber auch die Anforderungen im täglichen Zusammenleben zu vermitteln.
Willkommenskultur leben
„Wir wollen die Willkommenskultur“, betont Weiß, die ihre Schule für die „besondere Zielgruppe mit ihren besonderen Problemen“ gut gerüstet sieht. Das bestätigt auch Walter Lenhard. Der Deutsch-, Geschichte- und Sozialkundelehrer hat vor allem in den speziellen Klassen für Aussiedler viel Erfahrung darin gesammelt, wie man sprachsensibel Nicht-Muttersprachlern Inhalte vermittelt. Und seit Anfang der 1980er Jahre auch Konzepte entwickelt, „die sich bewährt haben. Zumal die Schüler unwahrscheinlich willig sind, weiter zu kommen.“
Der Unterricht ist stark interaktiv, es wird sehr viel gesprochen. „Man kann die Schüler am besten über die Medien abholen. Wir schauen uns die Tageszeitung oder das Fernsehen an, analysieren Reportagen, gehen auf politische Themen und Hintergründe ein“, erklärt Walter Lenhard. Mit der geplanten Klasse für Migranten ist das Schweinfurter Bayernkolleg Vorreiter, eine ähnliche Klasse gibt es bisher nur am Augsburger Kolleg.
Informationen, auch zur regulären Anmeldung am Bayernkolleg für das Schuljahr 2016/17, gibt es unter www.bayernkolleg-sw.de oder bei Birgit Weiß beziehungsweise Schulleiter Peter Rottmann unter Tel. (0 97 21) 47 59 30.