Ein ehrgeiziges Ziel haben sich die Gemeinde Ebrach, die Bayerischen Staatsforsten und das Unternehmen Die Erlebnis-Akademie Bad Kötzing als privater Investor gesetzt. In zweieinhalb Monaten wollten sie im Hinblick auf die Genehmigung des „Baumwipfelpfades Steigerwald“ am Radstein durchziehen, was sonst in Sachen Bauleitplanung gut und gerne ein Jahr oder länger dauern kann. Inzwischen ist es zu ersten, wenn auch noch verkraftbaren Abweichungen von der festgelegten engen Zeitschiene gekommen. Der Zeitplan gerät somit ins Wanken.
Damit noch heuer mit den ersten Arbeiten begonnen werden kann, muss als wesentliche Voraussetzung für die Genehmigung der Baupläne ein so genannter vorhabenbezogener Bebauungsplanes für das Sondergebiet aufgestellt werden.
Auf diese Sonderform im Baurecht kann zurückgegriffen werden, wenn es, wie hier, um ein präzise umrissenes Projekt eines Investors geht. Parallel dazu ist ein „Update“, sprich die Aktualisierung und Änderung des für das Gemeindegebiet geltenden Flächennutzungsplans mit Aufnahme des Sondergebietes angesagt.
Anfangs lief alles nach Plan
Um den straffen Zeitplan in Abstimmung mit der Obersten Baubehörde einhalten zu können, wird teilweise zu unkonventionellen Mitteln gegriffen. So wurde für die erforderlichen Sondersitzungen etwa die Sitzungspause des Gemeinderates in den Ferien gestrichen.
Anfangs lief auch alles nach Plan. Nachdem mit dem Grundsatzbeschluss durch den Gemeinderat am 17. Juni der offizielle Startschuss für das Genehmigungsverfahren gefallen war, wurden erstmals in der Gemeindegeschichte die sogenannten Träger öffentlicher Belange, das sind von der Planung betroffene Fachbehörden, Verbände oder Nachbargemeinden, im Rahmen der vorzeitigen Beteiligung unter freiem Himmel am Radstein über die Bauleitplanung für den Baumwipfelpfad durch die Gemeinde, das Bamberger Planungsbüro Höhnen & Partner sowie durch die Erlebnis-Akademie über das Projekt informiert.
Noch am gleichen Abend waren Bürger, betroffene Grundstücksbesitzer sowie die interessierte Öffentlichkeit auch aus den Randgemeinden zur Bürgerbeteiligung ins Historikhotel Klosterbräu eingeladen. Besonders die Vorstellung des Projektes durch Erlebnis-Akademie-Vorstandssprecher Bernd Bayerköhler in Wort und Bild inklusive kleinem Film über den Baumwipfelpfad in Neuschönau im Bayerischen Wald sei dabei gut angekommen, so der Leiter der Gemeindeverwaltung, Walter Hanslok.
Noch am 2. Juli erfolgte daraufhin in einer Sondersitzung des Gemeinderats der Beschluss zur öffentlichen Auslegung der Pläne vom 19. Juli bis 19. August. Zur Behandlung der in dieser Zeit eingegangen Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange kam es in einer weiteren Sondersitzung am 26. August. Dabei wurde der Gemeinderat unter anderem mit Forderungen des Bundes Naturschutzes oder des Kreisbrandrats konfrontiert. Der Gemeinderat sah aber bei der Beratung und Abwägung der verschiedenen Anregungen und Bedenken die Grundzüge der Planung nicht betroffen.
Baupläne lassen auf sich warten
Eine weitere Hürde im Hinblick auf Bebauungs- und Flächennutzungsplan war jedoch dergestalt aufgetaucht, dass als Voraussetzung für die Genehmigung durch das Landratsamt der vorherige Abschluss des Vorhabens- und Erschließungsplanes samt Durchführungsvertrag zur Bedingung gemacht wurde.
Darin ist im Wesentlichen zwischen dem Markt Ebrach, den Bayerischen Staatsforsten und der Erlebnis-Akademie geregelt, wer was genau zu zahlen hat. Die Bayerischen Staatsforsten haben sich zum Beispiel zum Bau und Unterhalt des großen neuen öffentlichen „Waldwanderparkplatz Radstein“ für zunächst zehn Busse und 350-Pkw-Stellplätze an der B 22 am Radstein verpflichtet. Die Gemeinde Ebrach sorgt für die Erschließung mit Kanal und Wasser. Inzwischen sind die entsprechenden Vereinbarungen von allen drei beteiligten Seiten unterschrieben.
Nächster Schritt ist nun die Einreichung der Planungsunterlagen im Landratsamt Bamberg. Läuft alles glatt, könnten sowohl die Änderung des Flächennutzungsplans als auch des Bebauungsplans nach der Veröffentlichung im Mitteilungsblatt des Marktes Ebrach am 19. September Rechtskraft erlangen.
Da die konkreten Baupläne der Erlebnis-Akademie nicht, wie angestrebt, zur Sitzung am 26. August vorlagen, können diese nun erst mit dreiwöchiger Verzögerung am 16. September behandelt werden. Das müsste aber noch reichen, um nach Erteilung der Baugenehmigung durch das Landratsamt vor Wintereinbruch zumindest noch die Fundamente für den Aussichtsturm und das Gastronomie- und Verwaltungsgebäude zu setzen, bevor die Arbeiten 2014 im Hinblick auf die im Frühsommer geplante Eröffnung des Baumwipfelpfades weitergehen.
Sechs Wochen für Abbiegerspur
Zwar keine Auswirkungen auf die Bauleitplanung, aber auf den Bau der Linksabbiegerspur mit Querungshilfe hat die hierzu verlangte zusätzliche Vereinbarung des Marktes Ebrach mit dem Staatlichen Bauamt. Hier geht es sowohl um die geforderte Beleuchtung der Verkehrsinsel als auch um die Übernahme des Unterhalts für den zur Entwässerung des Parkplatzes dienenden nördlichen Straßengraben durch die Gemeinde.
Da die Arbeiten erst nach dem Abschluss der Vereinbarung öffentlich ausgeschrieben werden können, kann es frühestens am 21. Oktober zur Auftragsvergabe kommen. Allein für den Bau der Linksabbiegerspur werden aber selbst bei idealem Wetter sechs Wochen benötigt. Damit wird es deshalb heuer auf keinen Fall mehr etwas werden.
Indes läuft beim Investor Die Erlebnis-Akademie Bad Kötzing AG alles nach Plan, wie Marketingchef Christian Kremer gegenüber dieser Zeitung erklärt. Die Baupläne seien, wie erwähnt, für die nächste Marktgemeinderatssitzung in Ebrach eingereicht. Was die Finanzierung anbelangt, so stehen noch zwei Vorstellungen des Projektes und des diesbezüglichen Konzepts für Investoren auf dem Programm.
Der Hintergrund ist, dass angesichts der inzwischen mit 4.3 Millionen Euro veranschlagten Kosten, wie bei einer Aktiengesellschaft üblich, die Eigenkapitalquote über die Ausgabe entsprechender Aktien erhöht werden muss. Eventuell komme aber auch noch ein anderes Finanzierungsmodell zum Tragen.
Gespräche über Fremdkapital
Parallel zur Klärung der Eigenfinanzierung würden die Gespräche zur Beschaffung des erforderlichen Fremdkapitals geführt. Christian Kremer: „Das ist ganz normal und war bei der Finanzierung der Baumwipfelpfade in Neuschönau oder zuletzt auf Rügen genauso.“
Baumwipfelpfad Steigerwald
4,3 Millionen Euro nimmt der Investor, Die Erlebnis-Akademie in Bad Kötzting, für den mit verschiedenen umwelt- und naturpädagogischen Stationen bestückten, völlig barrierefreien Baumwipfelpfad am Radstein in die Hand. Er soll exakt 1152 Meter lang und im Frühsommer 2014 eröffnet werden.
Der Steg führt in einer Höhe von zwei bis maximal 24 Metern über den Waldboden. Die Steigung liegt maximal bei sechs Prozent.
Nach etwa zwei Dritteln des Pfadverlaufs erhebt sich der 41 Meter hohe Aussichtsturm. Der Aufstieg erfolgt über eine 640 Meter lange Rampe, die an der Außenseite entlang zur Plattform führt. Von hier oben genießen die Besucher einen weiten Panoramablick sowohl in den Steigerwald als auch in das Steigerwaldvorland. Das Gastronomie- und Verwaltungsgebäude befindet sich im Wald auf dem Weg vom neuen Parkplatz zum Eingang des Baumwipfelpfades. Text: novo