Schweinfurt wird in absehbarer Zeit die Zahl der bayerischen Städte ohne eine Baumschutzverordnung erhöhen. Derzeit sind es fünf der 25 kreisfreien Städte im Freistaat. Nach mehrstündiger Diskussion im Stadtrat stimmte am Dienstagabend eine Mehrheit von 26:18 für die Abschaffung der 1989 erstmals aufgelegten Verordnung. Zuvor war es zu auch sehr persönlichen Angriffen gekommen mit der Folge, dass es ungewöhnlich laut wurde.
Protest schon vor der Stadtratssitzung blieb ungehört
Im Bau- und Umweltausschuss des Stadtrates Anfang Februar hatte CSU-Sprecher Rüdiger Köhler nach einer da schon leidenschaftlichen Debatte eine „Aufhebungsverordnung“ gefordert (wir berichteten). Die CSU-Fraktion (21) wiederholte die Forderung am Dienstag und wurde am Ende von prosw (2), FDP, AfD (je 1) und OB Sebastian Remelé unterstützt. Die Fraktionen von SPD (10 Stadträte), Grünen (3), Linken (2) und Schweinfurter Liste (3) forderten vehement den Beibehalt der Verordnung notfalls in einer modifizierten Form, scheiterten aber.
Vor der Sitzung hatten Stadträte von SPD, Linken und SWL, nicht der Grünen, sowie Vertreter mehrerer Umweltschutzverbände, darunter Bund Naturschutz, ökosoziales Forum und Agenda 21 vor der Rathaustreppe ein „Finger von der Kettensäge“ gefordert. Ihre Befürchtung ist, dass ohne Verordnung eine große Zahl privater Bäume gefällt werden. Eine Kontrolle fehle dann ja, hieß es.
Mit einem Paukenschlag begann auch die Sitzung vor voll besetzter Zuschauertribüne: Reginhard von Hirschhausen (Bündnisgrüne) forderte eine Vertagung des Top-Punktes. Begründung: der frühere Stadtrat und BN-Vorsitzende Erich Ruppert arbeite an der Neufassung einer flexibleren Verordnung. Weil Vertagungsanträge in der Regel eine Mehrheit finden, die CSU aber „überrascht war“, gestand der OB der größten Fraktion eine Pause zu. Die CSU lehnte ab, die Grünen hätten genug Zeit gehabt.
Umweltreferent Jan von Lackum erinnerte dann noch einmal an die vorliegende Neufassung der Stadtverwaltung, an eine zweite Fassung der CSU, die die Fraktion aber zurückgenommen hatte, weil sie gegen die Rechtslage verstoßen hätte.
Es ging nur noch um das Ja oder Nein zur Baumschutzverordnung
Es ging im Stadtrat aber ohnehin nur noch um das Ja oder Nein zur Baumschutzverordnung. Köhler sprach erneut von einer Zwangsverordnung. Die Bürger seien selbstverantwortlich genug, weshalb er mit keinem Kahlschlag in den Gärten rechne. Für die Opposition forderte vornweg Ulrike Schneider (SWL) mit den ebenso bekannten Argumenten den unbedingten Erhalt der Verordnung. Ein Baum sei kein totes Gehölz, sondern Sauerstoff-Produzent und Feinstaubfilter. Linken-Fraktionsführer Frank Firsching warnte vor dem im Fall einer abgeschafften Verordnung ausgehenden Signal, „dass jeder Bäume fällen kann wie er will“. SWL-Fraktionschef Stefan Labus kündigte, sollte die CSU auf ihrer Forderung beharren, Gegenwehr bis hin zum Bürgerbegehren an.
Klarstellung: Noch gilt die alte Verordnung
Von Lackum stellte klar, dass der Beschluss lediglich der Start für das Abschaffungsverfahren sei. Die Baumschutzverordnung gilt also zunächst fort. Außerdem beginnt am 1. März ein siebenmonatiger, vom Bundesnaturschutzgesetz abgedeckter Baumschutz. Sollte heißen: Wer morgen einen Baum fällt, bekommt Ärger. Gleichwohl: Das Ende der Verordnung ist beschlossen, nur der Zeitpunkt noch offen. Ein ausführlicher Bericht zur Diskussion folgt.