"Fertig werden wir wohl nie sein. Wir wollen noch viele Ideen umsetzen", sprüht Judith Kleinhenz vor Tatendrang und lacht dabei. Zusammen mit ihrem Mann Markus hat sie vor 17 Jahren einen Leerstand in einer Seitengasse in Sulzheim erworben. In kleinen und großen Schritten haben beide einen heruntergekommenen fränkischen Dreiseithof zu einem kuscheligen Nest verwandelt. Und sie wollen anderen Menschen jetzt Mut machen, nicht neu auf die grüne Wiese zu bauen, sondern in den Bestand zu investieren.
Mit der Heimat verwurzelt
Bei dem Hof, der abseits der Straße und mitten im Dorf liegt, hat das Ehepaar viel Material verwendet, das teilweise über hundert Jahre alt ist. Mit der Heimat stark verwurzelt, haben sie es aus ganz Unterfranken zusammengetragen: alte Holztüren aus Rannungen, Sandsteine aus Rauhenebrach, robuste Scheunentore und verzierte Dachsparren aus Eiche aus den Sulzheimer Ortsteilen, alte Fenster aus Himmelstadt für die Scheune. Blickfang im Wohnhaus mit 180 Quadratmeter Wohnfläche, Keller und Dachgeschoss ist ein mächtiger uralter Balken, der die komplette Decke des Wohn – und Essbereichs durchzieht. Das hölzerne "Monster" ist stolze 13 Meter lang.
Vor 20 Jahren haben sich Judith und Markus Kleinhenz kennen gelernt. Judiths Elternhaus steht neben dem jetzigen neuen Zuhause, Markus stammt aus Alitzheim. 2004 beschlossen die Augenoptikerin und der Fachinformatiker einen gemeinsamen Lebensweg einzuschlagen und kauften den leerstehenden Bauernhof. Die Umbauplanungen liefen in Eigenregie.
Grundstück mit 1200 Quadratmetern
Kurz nach dem Kauf begannen die Renovierungsarbeiten auf dem 1200 Quadratmeter großen Gelände mit dem zweigeschossigen Wohnhaus, Scheune und Stallungen. Sechs Jahre später feierten sie Hochzeit und zogen in das renovierte Wohnhaus ein. Mittlerweile wohnen drei Töchter mit im gemütlichen Nest der Familie. Frieda (9), Regina (7) und Johanna (3) lieben ihr Zuhause, weil "da so viel Platz zum Spielen ist".
Für den Nachwuchs war die Baustelle in den zurückliegenden Jahren immer eine Abenteuerlandschaft. Wenn Bagger Gräben zogen oder Sand, Schotter und Kies im Hof abgekippt wurden, entstand eine kurzweilige und abwechslungsreiche Spielfläche. Mittlerweile rücken nur noch selten große Baumaschinen an. Für die Kids ist das kein Problem, denn Mama und Papa haben ihnen aus alten Balken der abgerissenen Scheune ein großes Spielhaus gebaut. Langeweile kommt hier nie auf.
Ökologische Sanierung
Beim Abriss und Umbau der bestehenden Gebäude war reichlich Fingerspitzengefühl im Einsatz. "Die ökologische Sanierung mit Naturmaterialien war uns wichtig", plaudert Markus aus dem Nähkästchen. Das in die Jahre gekommene Wohnhaus wurde komplett entkernt, die Raumaufteilung völlig verändert. "Keine Tür ist mehr da, wo sie mal war", schildert der 44-jährige Bauherr. Lediglich vier Innenwände blieben stehen. Baustoffrecycling von alten Materialien war angesagt. Familie Kleinhenz bekam ihr Baumaterial oft über private Kleinanzeigen. Schnell waren die passenden Handwerker gefunden, die meist selbst zuhause Erfahrungen in der Altbausanierung gesammelt hatten. Und auch Judiths Vater Franz Walter packte kräftig mit an, fertigte neue Stalltüren, errichtete eine Trockenmauer und verlegte Sandsteinplatten.
"Etwas Besonderes sind die individuell angefertigten gebogenen Sockelleisten", erläutert Judith. "Wir haben uns überlegt, wie es früher gemacht wurde", sagt sie. So wurden Schilfmatten als Putzträger, Kalk und Lehmputz, Dielen, Böden, Türen und Fenster aus Vollholz verwendet. Fassade und Dach bekamen eine Holzfaserdämmung, das Bad eine Holzbadewanne. Auch an den Klimawandel dachte die Familie. Sie errichtete eine Regenwasserzisterne mit Hausanschluss für die Toilettenspülung. Aufs Dach kam eine Photovoltaikanlage mit Speicher und Eigenstromnutzung, zusätzlich eine Solaranlage für Warmwasser und Heizunterstützung. Geheizt wird mit Holz.
Für die Innentreppe über zwei Stockwerke wurden Balken des alten Feuerwehrhauses und weitere Möbel aus Eiche-Altholz verwendet. Alte Materialien von der ehemaligen Judenschule in Lülsfeld und mehreren Anwesen im Ort fanden Verwendung. Das Natursteinpflaster trugen Judith und Markus aus verschiedenen Höfen zusammen. Nach dem Abriss der Scheune war Platz für eine neue, in der heute im Familien- und Freundeskreis gefeiert wird.
Hilfe von Freunden und Verwandten
Dankbar ist das Ehepaar für die tatkräftige Unterstützung durch Verwandte und Freunde, für gute Ratschläge aber auch für das Zwischenlagern von den "gesammelten" Baumaterialien. Ideen holte es sich auch bei der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB), einer bundesweit tätige Vereinigung für die Erhaltung der historischen Baukultur auf dem Lande.
Judith und Markus haben mittlerweile reichlich Erfahrung gesammelt. "Einige Altbausanierer waren zum Informationsaustausch schon zu Besuch bei uns auf dem Hof", erinnert der Hausherr. Ihnen hat er von unvorhersehbaren Überraschungen beim Umbau erzählt, als beispielsweise plötzlich ein Loch in der Kellerdecke war. "Dafür braucht man unbedingt ein kleines finanzielles Polster." Nächstes Projekt ist die Bepflanzung der Außenanlagen. Und danach warten noch viele Ideen auf ihre Umsetzung – ganz ohne Zeitdruck.