Wassermeister Jochen Röll von den Stadtwerken hielt, was er auf der Fahrt zu den Mainwiesen bei Weyer versprochen hatte. Hoch interessant war der Termin, der gleich zweimal verschoben werden musste, weil die Spezialisten der Firma W. Markgraf GmbH &Co KG aus Bayreuth (europaweit tätig, knapp 1000 Mitarbeiter) verdammt schnell sind. Zwei Schwergewichte sind im Einsatz. Der 30 Tonnen schwere Schlepper trägt eine Seilwinde mit einem armdicken Zugkabel und wird "Panzer" genannt. Der "Pflug" wiegt 25 Tonnen und hält mithilfe des "Schwerts" einen "Torpedo" bis zu drei Meter unter der Erde hält. Gemeinsam pflügen sie die bis zu 40 Zentimeter dicken Stahlrohre der 26 Kilometer langen Wasserleitung vom Wasserwerk an der Einfahrt zu den Schweinfurter Wehranlagen bis Wohnau mit einer Geschwindigkeit von bis zu vier Metern in der Minute ein.
Dass es Gerätschaften wie den Panzer und den Pflug "in diesen Dimensionen" gibt, hatte Wassermeister Röll bis zur Auftragsvergabe nicht gewusst – und auch nicht, dass die zusammengeschweißten Stahlrohre mit wachsender Länge sich dermaßen biegen, dass die die Natur am meisten schonende Verlegetechnik bei dem Großprojekt zum Einsatz kommen kann. Röll: "Einfach faszinierend".
Der Panzer rammt sein Schild, eine drei Quadratmeter große Stahlplatte, vor sich in den Boden. Das Schild sorgt für den nötigen Gegendruck und hält das Kettenfahrzeug an seinem Platz. Dessen Seilwinde entwickelt dann eine Zugkraft bis zu 160 Tonnen, mit der das Topedo am Haken des Zugseils in einer Tiefe von zwei bis drei Metern durch den Untergrund gezogen wird. Daran befestigt ist ein mehrere hundert Meter langes Teilstück der künftigen Wasserleitung. Allerdings darf das Stahlrohr nur einem Zug von höchstens 85 Tonnen (bei Rohren aus Plastik höchstens 25 Tonnen) ausgesetzt werden. Wirken dort höhere Kräfte, schaltet die permanente Messung am Rohr die Winde ab.
Bei Weyer ist unter dem abgetragenen Mutterboden vor allem Sand, was die Arbeit nicht erleichtert, denn der Sand rieselt sofort nach und bremst wie Schleifpapier. Ideal sei ein Lehmboden, sagen die Mitarbeiter von Markgraf. Im Lehm drücke der Torpedo, der für die hier verlegten Rohre mit einem Durchmesser von 40 Zentimeter selbst einen Durchmesser von 50 Zentimeter hat, einen stabilen Tunnel in die Erde. Der Pflug, dessen Räder sich einzeln steuern und ausfahren lassen, weshalb das Gefährt an eine Spinne erinnert, unterstützt den Torpedo durch die Kraft der Räder um zehn bis 15 Tonnen Schub.
Die Praxis hat gezeigt, dass Pflug und Panzer in zwei Stunden eine Strecke von 200 Metern schaffen können. Doch da man vor Überraschungen im Untergrund nicht gefeit ist, wird bei der Einsatzplanung von vier Stunden ausgegangen. Bei der traditionellen Rohrverlegung mit Bagger und Spaten auf einer Wiese setzt Jochen Röll dafür einen Zeitraum von einer Woche an. Zeit und Geld ersparen die Großgeräte jedoch nicht überall. Spätestens bei Fels und in engeren Kurven müssen Panzer und Pflug passen.
Die Stahlrohre sind für einen permanenten Wasserdruck von 25 Bar ausgelegt. Die Ausschwemmung an der Innenseite mit einem speziellen Zementmörtel als Korrosionsschutz hat alkalische Eigenschaften und beugt so einem Bakterienbefall vor. Letztendlich muss die Leitung nach dem Bau zu 100 Prozent keimfrei übergeben werden, was höchste Sorgfalt bei allen Arbeitsschritten verlangt. So sind die bereitgelegten Rohre stets mit Deckeln verschlossen, damit sich auch keine Mäuse oder anderes Getier in den Rohren festsetzen. Auch wird die Leitung vor der Übergabe gespült. Bereits nach der Verlegung, wenn Panzer und Pflug abgezogen sind, wird die bearbeitete Strecke gewalzt, ehe der Mutterboden wieder aufgetragen wird.
Die Wasserleitung ist das Projekt einer interkommunalen Zusammenarbeit zwischen den Stadtwerken Schweinfurt, dem Zweckverband zur Wasserversorgung der Rhön-Maintal-Gruppe, der Stadtwerk Haßfurt GmbH und dem Zweckverband zur Wasserversorgung der Knetzgau-Sand-Wonfurt-Gruppe. An die Partner wollen die Schweinfurter Stadtwerke bis zu eine Million Kubikmeter Trinkwasser im Jahr liefern. Diese Menge entspricht dem Rückgang bei der Abnahme im bisherigen Versorgungsgebiet in den vergangenen Jahrzehnten.
Eine größere Ausbeute durch die Erfassung in und an den Wehranlagen für die von einer Trinkwasserverknappung bedrohten Gebiete der Partner lässt das zuständige Wasserwirtschaftsamt auch gar nicht zu, das ansonsten die Maßnahme ausdrücklich begrüßt und sich weitere Verknüpfungen der Versorgungsleitungen in der ganzen Region zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung wünschen würde. Einen Rückgang beim in Schweinfurt gewonnen Uferfiltrat sehen Experten nicht, auch weil Donauwasser über den Main-Donau-Kanal dem Fluss zugeführt wird.