
"Das Wetter braucht euch nicht zu beunruhigen, das trifft nur mi": Es herrschte quasi verkehrte Welt, beim Doppelauftritt von Martina Schwarzmann, am Samstag auf der Freilichtbühne. Das Publikum war gut überdacht, während ein Regenguss die oberbayerische Bardin voll getroffen hätte. Die hatte dafür ihre Fans im Blick, die ja sonst gern im Scheinwerfer-Gegenlicht verschwinden: "Ich seh' jetzt alles." Es ging recht frisch zu, aber trocken.
Gott sei Dank gibt es noch Kunst, Kabarett und Comedy, auch in Coronazeiten, dank dem Passionsspielverein. Norbert Mergenthal und Sabine Nöth begrüßten am Samstag je 600 Zuschauer, bei zwei ausverkauften Auftritten hintereinander. Dass es dem einen oder anderen mitten im August gefröstelt hat, lag nicht an der warmherzigen Biobäuerin und Familienmutter aus Altomünster. Bei manchen Liedern wurde es sogar richtig heiß. Mal erklang die Ballade von den oreidigen (=schmutzigen) sexuellen Praktiken, mal gab es lebensnahe Ratschläge: "Wer vögeln will, muss freundlich sein." Zu Vögeln war die Künstlerin auf jeden Fall freundlich: Zu den Gitarrenklängen zwitscherte es öfters mit, im nahen Grünen.
Der altehrwürdige Passionsspielort wurde natürlich nicht entweiht, bei der "genau Richtig"-Tour von Martina Schwarzmann: Die Mundart-Kabarettistin spielt lieber augenzwinkernd mit der Phantasie ihrer Zuhörer. Nur eine Besucherin aus Düsseldorf hatte echte Verständnisprobleme, so ganz ohne Untertitel. "In Düsseldorf hab ich mal nach einer Hausnummer gefragt", erinnerte sich Schwarzmann: "Da hams mich zum Logopäden geschickt."
Als erstes wurde der Weiberstammtisch abgehandelt, wo frau besser nicht zu früh gehen sollte: "Sonst reden die nur über di". Es ging um die vier Kinder, die so langsam ins Schulalter kommen: Vielleicht sollte die gestresste Mutter einen Pflegedienst anheuern? Wenn Eltern nicht mehr drohen, nicht mehr erpressen, nicht mehr schlagen dürfen – was bleibt dann noch von der Erziehung?
Die Fabel von den gwamberten Maisenkindern
Die Fabel von den gwamberten Maisenkindern sollte nicht nur Helikopter-Muttis eine Mahnung sein: Eine Schwalbenmama opfert sich für ihre Küken auf, fängt ihnen einen Schnak nach dem nächsten, bis die faule Brut in ihrem Kasten so fett gemästet ist, dass sie nicht mehr durch die Löcher passt. Bis das Muttertier verhungert und ihre unselbstständige Nachkommenschaft gleich mit.
Eine Pause war nicht vorgesehen: "Sonst würden alle zu fünft auf der Toilette knutschen. Dann gibt’s die Sömmersdorfer Mutante." Der gelernten Köchin wurde in der Pandemie-Zwangspause geraten, auf Facebook & Co auszuweichen. Den Dialog sucht sie aber lieber analog als digital. Irgendwann will sie nochmal eine rotzige Punkrockband gründen, Arbeitstitel: "Die Heißen Weißen Radisoiza (=Rettichsalzer)", frei nach den "Red Hot Chili Peppers". Wo dann nackerte Goaßlschnoiza im Hintergrund auftreten, alpine Bergbewohner, die aus rein touristischen Gründen mit der Peitsche schnalzen ("Brauchtum heißt's, weil's keinen Sinn hat").
Zwischendurch überließ die punkig-poetische Bajuwarin einer noch unbekannten Künstlerin aus Tödtenried, unweit Altomünster, die Bühne: Monika Wagner alias "Moni" präsentierte mit starker Stimme weißblauen Bluesfolkrock, und ihr Debütalbum "Ganz echt". Nach anderthalb Stunden hatte Martina Schwarzmann noch ein paar warme Anregungen fürs eheliche Liebesleben parat, gefolgt von stehenden Ovationen.
Ein deftiges Kabarettschmankerl, das viel Freude bereitet hat, dem trüben Himmel zum Trotz. Was nicht zuletzt am souveränen Einsatz der Parkplatzeinweiser von der Feuerwehr lag. Ein Herbstprogramm ist nicht geplant, dafür schwingt sich im nächsten Jahr "Robin Hood" in den Sattel: Am 23. und 24. Juli, 30. und 31. Juli sowie am 5. und 6. August 2022 (www.kulturauspassion.de)