
Gestern wird die Queen 90, heute die Bahnhofsmission, meint Diakoniechef Jochen Keßler-Rosa. Wie eine Königin haben sich sicher die Mitarbeiter der Bahnhofsmission beim fröhlichen und trotzdem nachdenklichen Fest gefühlt. Für ihren Einsatz und ihre Hilfe schlägt ihnen viel Dankbarkeit und Respekt entgegen.
Mit einem ökumenischen Gottesdienst, begleitet von der Veh-Harfengruppe der OBArt, beginnt der Rückblick auf 90 Jahre Bahnhofsmission. Das hat Symbolkraft: Früh arbeiten die beiden Kirchen zusammen, um Menschen zu helfen, die an den Bahnhöfen Hilfe brauchen.
Gegründet als Anlaufstelle für junge Frauen und Mädchen
Vor allem Mädchen und junge Frauen, die eine Arbeit suchten in der fremden Stadt, fanden hier eine Anlaufstelle. Die Bahnhofsmission ist die älteste ökumenische Sozialeinrichtung, betonen viele Redner.
Die Bahnhofsmission gibt Menschen Halt, auch denen, die ohne Ziel unterwegs sind, sagt Michael Pfrang, der mit Christhild Grafe den Gottesdienst gestaltet. Er erinnert an die Menschen, die immer unterwegs sind, ohne Dach über dem Kopf, ohne Halt. Obdachlose, Wanderburschen, fahrendes Volk. Wie sich diese Menschen fühlen, kann jemand nachvollziehen, der in einer fremden Stadt plötzlich ohne Geld, Kreditkarte und Papiere dasteht. Auch hier hilft die Bahnhofsmission.
Die blauen Engel von Gleis 1
Wo sonst noch, zeigen kleine Sketche. Eiskalt, kein Geld für einen Kaffee? Einsam, niemand zum Reden? Angst vor dem Umsteigen in einem anderen Bahnhof? Einen Platz zum Warten brauchen? In Ruhe sein Kind stillen wollen? Überall da hilft die Bahnhofsmission – oder die blauen Engel von Gleis 1, wie stellvertretender Landrat Peter Seifert so schön sagt. In seinen Augen ist die Bahnhofsmission auch wichtig, weil die Mitarbeiter mit ihrer Hilfe politische Defizite ausgleichen.
Braucht man die Bahnhofsmission eigentlich noch heutzutage? Selbstverständlich, sagt DB-Manager Elmar Hirsch. Es habe Überlegungen seitens der Bahn gegeben, die Anlaufstelle zu schließen. Für ihn und seine Mitarbeiter war aber klar, diese Mannschaft brauchen wir. „Die Bahnhofsmission ist nicht alt geworden, sie ist am Puls der Zeit.“
Das habe sich auch gezeigt, als vor allem im Herbst vergangenen Jahres viele Flüchtlinge am Bahnhof ankamen. Und nicht wussten, wo sie hinsollen. Schnell und unbürokratisch wurde geholfen, dankt Bürgermeisterin Sorya Lippert.
Helmtrud Hartmann und Angelika Blenk geben einen kleinen historischen Rückblick. Auf den 3. November 1852 zum Beispiel, als der erste Zug in Schweinfurt ankam. Mit zwei Stunden Verspätung. Wer da lacht, fährt wohl öfter Bahn.
Gegründet von zwei Schweinfurterinnen
Zwei Schweinfurterinnen, Babette Cramer und Mathilde Herrmann, gaben den Anstoß zur Gründung der Bahnhofsmission.
Seitdem hat sich viel geändert: Die Leute, die Hilfe suchen, der Ort, an dem die Helfer arbeiten. Seit 2004 ist die Bahnhofsmission am Gleis 1, das hauptamtliche Team wird durch ehrenamtliche Mitarbeiter unterstützt. Für beide Gruppen gibt es Fortbildungen. Die beiden fassten das Ziel der Bahnhofsmission treffend zusammen: „Nicht immer läuft alles auf Schienen, manchmal gerät das Leben aus der Spur. Dann brauchen Menschen Hilfe. Hier gilt es Antwort zu geben auf die Nöte der Zeit.“
Ein ganz dickes Lob gibt's dann noch vom Golden Retriever Oscar, dem Partner von Bauchredner Marcelini. „Ihr helft allen, auch Hunden? Wow!“