
Julian Nolte liegt etwas daran, dass nicht eine weitere deutsche Eisenbahnstrecke, wie so viele andere, in einem „Schwarzer-Peter-Spiel“ heimlich, still und leise endgültig kaputt gemacht wird.
Einen solchen schleichenden Prozess sieht der Marburger auch an der Stecke Etwashausen-Gochsheim. Nolte ist Redaktionsleiter der Insider-Zeitschrift „Bahn-Report“ und hat den Niedergang der Steigerwaldbahn schon länger im Auge.
Aufgrund seiner Tätigkeit kann er die Vorgänge um die Strecke bundesweit einordnen. Kritisch geht er mit den Aussagen von Gerhard Curth, Geschäftsführer der Bayerischen Regionaleisenbahn (BRE), in der Ausgabe dieser Zeitung vom 2. April um. Curth hatte mit seinen Aussagen auf den Artikel „Ein Stück weiter Richtung Endstation“ vom 26. März reagiert.
Nolte: Als die BRE die Strecke im Jahr 2005 pachtete, war die Infrastruktur betriebsbereit und wurde noch im Güterverkehr genutzt. Heute sei die Strecke größtenteils unbefahrbar.
Zu Curths Behauptung, die BRE hätte in die Strecke investiert, wenn sich ein Eisenbahnverkehrsunternehmen für die Wiederaufnahme des Verkehrs gemeldet hätte: Ein Infrastrukturbetreiber sei ungeachtet dessen, ob Zugverkehr für eine Bahnstrecke angemeldet ist oder nicht, grundsätzlich dazu verpflichtet, seine Eisenbahn-Infrastruktur betriebsbereit zu halten.
Bis zur Stilllegung habe die BRE eine Betriebsgenehmigung nach § 6 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und somit auch eine Betriebspflicht für die Bahnstrecke besessen. Der Infrastrukturbetreiber dürfe, solange er der Betriebspflicht unterliegt, also nicht nach eigenem Gutdünken entscheiden, wann er in die Strecke investiert.
Die Regierung von Mittelfranken habe als Aufsichtsbehörde zeitweise versucht, die BRE zur Erfüllung der Betriebspflicht mit einem Zwangsgeld zu verpflichten. Später habe die Regierung aber offensichtlich nicht mehr so genau hingeschaut.
DRE wehrt sich
Anders die Eisenbahnaufsicht in Sachsen-Anhalt, wo das „Mutterunternehmen“ Deutsche Regionaleisenbahn (DRE) sogar gerichtlich zur Erfüllung der Betriebspflicht verurteilt wurde. Zwar wehre sich laut Nolte die DRE noch mit allen Rechtsmitteln hiergegen, doch das Unternehmen von Curth dürfte mit seiner Auffassung des Eisenbahnrechts nach Notes Einschätzung „allein auf weiter Flur“ stehen.

Zu Curths Aussage, man habe die BRE loswerden wollen: Die nun erfolgte Stilllegung biete in der Tat die Möglichkeit, dass ein anderes Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen als neuer Betreiber für die Steigerwaldbahn auftreten kann. Das war, solange die BRE eine Betriebsgenehmigung besaß, nicht möglich. Insofern sei die förmliche Stilllegung durchaus als Chance zu sehen, wenn sich jetzt ein neuer Infrastrukturbetreiber finden sollte, der sich um eine neue Betriebsgenehmigung bemüht und die Strecke wieder fahrbereit macht.
Betrieb der Infrastruktur teuer
Nolte erkennt allerdings an, dass der Betrieb einer Eisenbahn-Infrastruktur sehr teuer ist. Und gerade für nicht-bundeseigene Eisenbahnen wie die BRE sei es schwer, hierfür an die spärlichen Fördergelder zu gelangen. Die DB Netz AG erhalte vom Bund als Eigentümer der Eisenbahnen des Bundes hingegen jährlich Milliardenbeträge für das Schienennetz und lasse es trotzdem vielerorts verkommen. In Noltes Augen hat die Steigerwaldbahn noch eine Chance: Wenn es ernsthafte Aussichten auf Verkehre im Gütertransport und somit Einnahmen aus der Nutzung der Bahnstrecke gebe, sollte sich ein neuer Infrastrukturbetreiber für die Strecke finden lassen. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre glaubt Nolte nicht, dass man hierfür wieder die BRE ins Boot holen würde (wie von Gerhard Curth angeboten).
Es gebe zum Beispiel mit der Rhein-Sieg-Bahn aus Bonn oder der BayernBahn aus Nördlingen auch andere, durchaus erfolgreiche mittelständische Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen. Es liege an nun an Markus Blum, der wie berichtet die Strecke kaufen und wiederbeleben möchte, mit einem neuen Infrastrukturbetreiber ein Betriebskonzept für die Steigerwaldbahn auszuarbeiten.
Dann könne das durch die Stadt Kitzingen beantragte Freistellungsverfahren noch abgewendet werden.
Ob die DB Netz AG als Besitzerin der 41 Kilometer langen Strecke die Pächterin BRE zu Schadensersatzleistungen heranziehen will, war von der Presseabteilung der DB Mobility Logistics AG in München nicht zu erfahren.
„Die Rückgabe des Pachtgegenstandes an die DB Netz AG ist ein interner Vorgang zwischen den Vertragspartnern, über den wir Dritten keine Auskünfte geben“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage dieser Redaktion mit.
Keinen Betreiber gefunden
Gleichzeitig heißt es aber, ein Kauf der Grundstücksflächen einschließlich der darauf befindlichen Betriebsanlagen zwecks Wiederinbetriebnahme als öffentliche Eisenbahninfrastruktur oder als Anschlussbahn wäre grundsätzlich möglich.
Weil alle Versuche der BRE, ein anderes Eisenbahninfrastrukturunternehmen als Betreiber der Strecke zu finden, erfolglos blieben, hatte die BRE wie berichtet in mehreren Schritten mit Genehmigung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie den Betrieb der Strecke eingestellt.
An anderer Stelle zum Thema "Steigerwald-Express" habe ich geschrieben, ob man nicht an den Betreiber der Staudenbahn herantreten könne. Der wäre bereits an der Übernahme der Strecke Jossa - Wildflecken interessiert, die sich in einem ähnlichen Dämmerschlaf befindet.
Das Problem liegt am Ende woanders: solange verschiedene Dorfbürgermeister in Anliegergemeinden noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt haben, dass es besser ist, Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, solange wird sich - leider - wenig in Richtung Wiederinbetriebnahme tun. Auch die (politischen) Entscheidungsträger in München sollten endlich einmal darüber nachdenken, dass die ehrgeizigen Ziele der Umweltpolitik - geringerer Schadstoffausstoß - mit einem zunehmenden LKW-Verkehr nicht erreichbar sind.
Alexander Dobrindt und seine Vorgänger fördern den Straßenverkehr und hacken auf der Bahn rum, statt sie zu fördern.
Mit der Förderung von autonom fahrenden Lkws, von Gigalinern und der Mautfreistellung von Fernbussen wird doch geradezu mit Gewalt der Verkehr auf die Straße gelockt und der Schadstoffausstoß hoch gejubelt.
Mitteldeutschland wurde in wenigen Jahren mit Autobahnen zugedeckt auf denen zum Teil weniger Fahrzeuge unterwegs sind als auf bayrischen Landstraßen und das wichtigste Projekt eine schnelle Bahnverbindung München - Berlin wird in etwa zum
30. Jahrestags des Mauerfalls fertig. Drastische Zeichen der falschen Schwerpunktsetzung.