Das alte Backhäuschen rückt im Michelauer Gemeindeteil Prüßberg einmal im Monat in den Mittelpunkt. Dann treffen sich viele der rund 100 Einwohner des kleinen Dorfes zum gemeinsamen Backen am Platz neben dem Feuerwehrhaus. Jetzt, im Mai, schürt Roland Kuhn den Holzbackofen öfter an, denn in der Woche vor der Kirchweih und am Pfingstwochenende, 27. und 28. Mai, wenn gefeiert wird, wird er nicht nur für das Brot gebraucht. Pizza und Käseplootz sind am Festsamstag dran. Am Sonntag werden sogar die Schäufele dort gebacken.
Im Vorfeld zur Kirchweih aber ist erst einmal das Brot an der Reihe. Etwa 30 Laib werden auf ganz traditionelle Art hergestellt, den Teig dazu machen einige Frauen aus dem Dorf in den Tagen zuvor selbst. Das Brot dient als Beilage und vor allem als wichtiger Bestandteil einer Prüßberger Spezialität: der "Spilla-Platte", einem Teller mit verschiedenen selbst gemachten Aufstrichen wie Gerupfter, Walnussbutter, Kochkäse und mancher Leckerei mehr.
Die Spitalgrund-Spezialität
Der zunächst etwas eigenartig klingende Name für die Brotzeit leitet sich vom Spitalgrund ab, dem wunderschönen Naturschutzgebiet, das gleich hinter dem Feuerwehrhaus beginnt. Bei der Suche nach einem Namen habe sich der "Spilla-Platte" eben so ergeben, schildert Christine Kuhn die Namensgebung. Lediglich zum kleinen, gemütlichen Dorffest wird der Brotzeitteller kredenzt.
Überhaupt hat sich der alte Ofen für die Prüßberger als eine Art Dorf-Treffpunkt entwickelt. Immer wenn gebacken wird, meist samstags, ist dort einiges los. Man triff sich, bringt nicht nur seinen Brotteig mit, sondern unterhält sich, und wartet, während das eigene Brot im steinernen Teil gebacken wird. Gerne auch ein wenig länger. "Für uns ist das ist ein Stück Dorf-Gemeinschaft, ein Austausch", sind sich Christine Kuhn und Angelika Dorsch einig.
Ofen bei der Dorferneuerung hergerichtet
Das steinerne Häuschen gehörte einst zu einem Bauernhof, den der frühere Michelauer Bürgermeister Siegfried Ständecke kaufte, nachdem er leer stand. Die Fläche mit dem Backhäuschen erwarb die Gemeinde, mit dem Ziel, sie anzulegen. Im Zuge der Dorferneuerung geschah das Ganze dann 2011, man entschloss sich, den alten Ofen herzurichten.
Das übernahm die Dorfgemeinschaft. Roland Kuhn erzählte, dass dieser außen nicht gerade in gutem Zustand war. "Wir haben ein neues Dach drauf gemacht, die Kamine verkleidet und hergerichtet. Dann wurde um das ganze eine Umfriedung errichtet".
Der Ofen selbst sei dagegen nahezu unbenutzt gewesen. "Wir dachten, damit müssen wir etwas machen." Doch wer kennt sich in Zeiten des Elektroherds mit so einem Gerät aus? Also fragten die Prüßberger zunächst bei Senioren im Ort und in der Umgebung nach Tipps und Tricks, auf was beim Backen mit dem großen Ofen zu achten sei.
Anfangs gab's auch mal Holzkohlen statt Brote
Es brauchte aber etwas Anlaufzeit. "Wir haben am Anfang auch mal Lehrgeld bezahlt. Einmal kamen Holzkohlen raus, statt Brote", schmunzelt Angelika Dorsch im Rückblick. Mittlerweile wissen sie, wie das mit dem Backen am besten klappt. Und sind begeistert vom Ergebnis. "Das Brot schmeckt ganz anders, es hat viel mehr Röstaroma".
Die Kirchweih am Pfingstwochenende wird im kleinen, dörflichen Rahmen gefeiert. Der Erlös, den die Dorfgemeinschaft dabei erwirtschaftet, kommt wie jedes Jahr dem Dorf zugute. Das sieht man zum Beispiel am Kinderspielplatz, an dem die Gemeinschaft mit Hilfe der Gemeinde Michelau eine Seilbahn für die Kinder errichtet hat. Als nächstes Projekt steht eine Bahn zum Boulespielen auf der Liste. Eins nach dem anderen, erst einmal wird Kirchweih gefeiert.