Bevor im Fall der schweren Körperverletzung eines zehn Monate alten Kindes durch die eigene Mutter vor dem Landgericht Schweinfurt die Plädoyers gehalten wurden, beleuchtete der psychiatrische Sachverständige die Gründe und Hintergründe des Dramas, das sich im Sommer letzten Jahres in Schweinfurt ereignet hat. Wie berichtet, hatte eine 33-jährige ihrem Kleinkind durch Schütteln und Ins-Bett-werfen so schwere Verletzungen zugefügt, dass es schwerste Hirn- und Augenschäden davontrug und voraussichtlich nie ein selbstbestimmtes Leben wird führen können.
Mutter "massiv überfordert"
Die Angeklagte sei mit ihrer Gesamtsituation ab Mai/Juni letzten Jahres massiv überfordert gewesen, so der Gutachter. Selbst habe sie sich eine heile Familie gewünscht. Doch kaum dass ihre erste Beziehung gescheitert und sie mit zwei Kindern alleinerziehend gewesen sei, habe sie sich mit einem weiteren Baby vom neuen Lebensgefährten wieder auf sich selbst gestellt gesehen. Dieser habe sie kaum entlastet, sondern sie als zuständig für die Kindererziehung betrachtet.
Der Sachverständige beschrieb die Angeklagte als emotional instabil, leicht aufbrausend und attestierte ihr eine "kombinierte Persönlichkeitsstörung". Laut Staatsanwalt hat die Mutter Anfang Juli letzten Jahres ihr Kind in einer Stresssituation – aus Wut über den Lebensgefährten, der sie alleine gelassen hatte und weil das Baby wieder so schrie – mindestens dreimal sehr heftig geschüttelt. Als sie die Kleine zwei Tage später erneut aus Überforderung ins gepolsterte Bettchen warf, seien die Folgen des Schüttelns vor zwei Tagen erst zum Tragen gekommen. Das Baby schrie kurz auf und verlor das Bewusstsein. Die Mutter trug es umgehend ins nahe Krankenhaus.
Furchtbare Folgen fürs Baby
Doch die Folgen für das Kleinkind, die der behandelnde Arzt und auch der Rechtsmediziner in seinem Gutachten darlegten, sind furchtbar: Herz- und Atemstillstand, starke Schädigungen des Hirns und der Sehfähigkeit, das Kind musste lange künstlich beatmet werden und muss heute noch über eine Magensonde ernährt werden. Es leidet an einer "spastischen Lähmung aller Gliedmaßen und epileptischen Krampfanfällen".
Als empathielos und roh charakterisiert der Psychiater die Angeklagte aber nicht. "Schütteltraumata resultieren meistens aus Überforderungssituationen", sagt er – so auch in diesem Fall. Bei der Angeklagten sei eine erheblich eingeschränkte Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit nicht auszuschließen. Vorbestraft ist sie nicht.
"Ich liebe meine Kinder"
Der Staatsanwalt plädierte dafür, die 33-Jährige wegen schwerer Körperverletzung zu drei Jahren und drei Monaten Haft zu verurteilen. Die Verteidigung sah zweieinhalb Jahre als angemessen und ausreichend. "Ich kann nicht sagen, wie unendlich leid es mir tut, dass mein Kind jetzt in diesem Zustand ist", sagt die Angeklagte in ihrem letzten Wort. Und: "Ich liebe meine Kinder über alles." Das Urteil wird am Donnerstag, 22. Juli, um 9 Uhr verkündet.
Es gibt kaum schlimmeres, als wenn Eltern ihren ganzen Frust am Kind auslassen, das überhaupt nichts dafür kann, auch nichts dafür, dass es auf der Welt ist.
Nach meiner Meinung haben Mütter wie Väter die volle Verantwortung, wie sie auf ihre Kinder reagieren und haben auch die Möglichkeit, sich selbst Hilfe zu holen. Schließlich sind sie ja keine kleinen Kinder mehr.
Zum Schutz der Kinder besteht noch viel Aufklärungsbedarf.
Und wo waren die Hilfen im Vorfeld!?