
Der Leser am Telefon klingt besorgt: Seit es die neuen Haltebuchten an der B 286 zwischen Gerolzhofen und Schweinfurt gebe, habe er dort schon mehrmals gefährliche Situationen beobachtet. Insbesondere dann, wenn große Lkw in den Buchten parken und deren Fahrer auf der Fahrbahn herumlaufen beziehungsweise die Fahrzeuge in die Fahrbahn hineinragen.
In der Tat nutzen Fernfahrer die neuen Buchten gerne zum Pausemachen. Doch dürfen sie das überhaupt? Und welche Funktion haben diese neuen Ausbuchtungen mit ihrer blau-weißen Beschilderung, mit deren Bedeutung nicht unbedingt jeder etwas anfangen kann, zumal wenn die Führerscheinprüfung schon länger zurückliegt?
Rastplätze sind verschwunden
Ältere Autofahrer werden sich sicher noch erinnern: Früher gab es entlang der so genannten "Schnellstraße" gleich mehrere Doppel-Rastplätze, die sich meist direkt gegenüber lagen: so zum Beispiel östlich von Prichsenstadt, bei Neuses in der Nähe der Anschlussstelle, bei Gerolzhofen auf Höhe des Judenfriedhofs, bei Alitzheim im Hahnwald, dann im Wald zwischen den Anschlussstellen Unterspiesheim und Schwebheim und schließlich noch im Schwebheimer Wald. Diese Rastplätze sind mittlerweile gänzlich verschwunden, sie wurden zumeist eingeebnet und begrünt. Den ehemaligen Rastplatz im Hahnwald kann man noch erkennen, doch auch er ist für den Verkehr gesperrt und wird nun von der Polizei gerne für Geschwindigkeitsüberwachungen genutzt.
Die alten Rastplätze sind offenbar überflüssig geworden. Warum dies so ist, erklärt auf Nachfrage der Redaktion die Pressesprecherin des Staatlichen Bauamts Schweinfurt, Nina Löhner: Im Rahmen des laufenden Ausbaus der B 286 habe man entsprechend den Richtlinien und Vorgaben auch die Erfordernis von Rastplätzen untersucht, sagt sie. "Grundsätzlich sind aufgrund der vorhandenen Streckencharakteristik und Ortsdurchfahrten Rastplätze nicht zwingend erforderlich."

Neben den Richtlinien gibt es noch zwei weitere Gründe, die zu einer Schließung der Rastplätze geführt haben. Zum einen: "Es kam im Bereich der Rastplätze in der Vergangenheit aufgrund fehlender Einfädelspuren und riskanter Wendemanöver beim Ausfahren immer wieder zu gefährlichen Verkehrssituationen", erläutert die Pressesprecherin.
Rastplätze als Unfallschwerpunkte
In der Tat gab es in der Vergangenheit gleich mehrere schwere Unfälle mit Toten und Schwerstverletzten, weil Lkw-Fahrer, die eine vorherige Abfahrt auf der B 286 verpasst hatten, die Rastplätze verbotenerweise zum Wenden nutzten, statt bis zur nächsten Ausfahrt weiterzufahren. Autofahrer hatten, wenn bei Nacht oder Nebel plötzlich ein 40-Tonner quer über die Fahrbahn stand, bei damals noch zulässigen 120 km/h keine Chance mehr zum Bremsen oder Ausweichen. Die Folgen waren schrecklich.
Der andere Grund zum Auflassen der Raststationen: "Auf den Rastplätzen wurde außerdem vermehrt Vandalismus sowie illegale Entsorgungen von Sondermüll festgestellt. Es wurde deshalb entschieden, die Rastplätze auf diesem Streckenabschnitt der Bundesstraße nicht weiter zu bewirtschaften und im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen teilweise zu renaturieren", teilt Nina Löhner mit. Man spart also an der Müllentsorgung.
Zwielichtige Gestalten
Besonders in der Nacht sollen die alten Rastplätze früher auch Treffpunkte zwielichtiger Gestalten gewesen sein, berichtete vor Jahren schon ein zwischenzeitlich pensionierter Polizist, als es damals darum ging, ob der Rastplatz bei Gerolzhofen zum Neubaugebiet an der Berliner Straße hin mit einem Zaun abgesperrt wird. "Da ist es besser, wenn kein Kind hinkommt", sagte der altgediente Streifenbeamte damals und verwies auf die Schlagworte Drogenhandel und Parkplatz-Sex.
Mit solchen Vorkommnissen haben die aktuellen Schließungen der Rastplätze an der Schnellstraße aber nichts zu tun. "Den Schließungen liegen keine polizeilichen Überlegungen zugrunde", betont die Erste Polizeihauptkommissarin Margit Endres, die Leiterin der Polizeiinspektion Gerolzhofen.
Im Zuge des Ausbaus der Bundesstraße 286 wurden statt der alten Rastplätze jetzt mehrere kleinere Buchten gebaut. Solche Buchten gibt es bislang auf der Schallfelder Höhe, bei Alitzheim und bei Oberspiesheim. "Die Buchten werden errichtet, um den Verkehrsteilnehmern bei Notfällen oder Pannen ein Anhalten am Fahrbahnrand zu ermöglichen und sind im Rahmen der Verkehrssicherheit auf solchen Streckenzügen erforderlich", erklärt die Bauamt-Pressesprecherin Nina Löhner. Wichtig dabei ist eines: "Sie dienen grundsätzlich nicht als Parkbuchten."
Halten nur bei Notfällen erlaubt
Die Beschilderung dieser Buchten wurde durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde am Landratsamt Schweinfurt angeordnet, bestätigt Uta Baumann, Pressesprecherin am Landratsamt. Die Nothaltebuchten wurden mit dem amtlichen blau-weißen Verkehrszeichen Nr. 328 beschildert und werden jeweils in Kombination mit dem Zusatzschild "200 m" vorab auch angekündigt. "Bei dem Verkehrszeichen 328 handelt es sich um ein Richtzeichen, welches bedeutet, dass man hier nur bei Notfällen halten darf. Darüber hinaus ist ein Halten nicht erlaubt", schreibt Uta Baumann.

Wo selbst das Halten nur im Notfall erlaubt ist, ist das Parken natürlich gänzlich verboten. "Grundsätzlich begeht derjenige eine Ordnungswidrigkeit, der hier ohne Not hält oder gar parkt", macht Polizistin Margit Endres deutlich. Das interessiert die Fernfahrer, die hier regelmäßig parken, offenbar wenig. Zumindest nehmen sie das Risiko, erwischt zu werden, in Kauf. Wenn man sich die Müllmengen im Straßengraben bei den Nothaltebuchten beispielsweise kurz vor Alitzheim oder auf der Schallfelder Höhe anschaut, bekommt man eine Vorstellung, wie viele Fernfahrer dort schon Pause gemacht haben.
Wo sollen die Lkw-Fahrer hin?
Margit Endres hat aber Verständnis und zeigt Mitgefühl mit den Lkw-Fahrern. Wenn deren Lenkzeit abgelaufen sei, dann müssten die Fahrer ja zwingend eine Pause machen. Die Polizei habe hier keine Lösung parat, wenn immer mehr Park- und Rastplätze fehlen. "Wo sollen denn die Fahrer hin?" Grundsätzlich schreite man seitens der Polizei natürlich ein, wenn ein Lkw in einer Haltebucht parkt. Und die Fahrer würden auch akzeptieren, wenn sie von der Streife weitergeschickt werden. "Es ist aber immer eine Einzelfallabwägung", macht Margit Endres deutlich. "Wenn der Fahrer seine Lenkzeiten schon überschritten hat, können wir ihn nicht wegschicken."