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SCHWEINFURT
Azubis haben Auswahl wie nie
Weniger Auszubildende – immer mehr Lehrstellen: So groß wie dieses Jahr war die Auswahl für Bewerber in der Region Main-Rhön noch nie. Im Bild: Szene aus der ZF-Infonacht 2017, bei der Jugendliche in verschiedene Ausbildungsberufe schnuppern konnten.
Foto: Guido Chuleck | Weniger Auszubildende – immer mehr Lehrstellen: So groß wie dieses Jahr war die Auswahl für Bewerber in der Region Main-Rhön noch nie.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:53 Uhr

Aus der Sicht der Jugendlichen ist der Ausbildungsmarkt der Region Main-Rhön seit 2014 ein Bewerbermarkt. Seither steigt die Zahl der Ausbildungsplätze immer weiter an – und die der Bewerber sinkt. In diesem Jahr hat sich die Schere noch weiter geöffnet: 3117 Interessenten stehen 4338 gemeldeten Ausbildungsstellen gegenüber. Rechnerisch kommen auf 100 Bewerber 140 Lehrstellen. So viel Auswahl hatten die jungen Leute noch nie. Dies ist nur eine Erkenntnis der Bilanz 2018, gerade vorgestellt in der Arbeitsagentur Schweinfurt.

„Nicht auf einen Berufswunsch fixieren“

Vor elf Jahren, 2008, war noch das Gegenteil der Fall. Damals mussten knapp 5300 Ausbildungswillige um 3600 Stellen kämpfen: Nur 68 Ausbildungsplätze standen 100 Bewerbern zur Verfügung. Dennoch, so Agenturchef Thomas Stelzer, sollten sich die Bewerber nicht nur auf einen Wunschberuf fixieren. Für flexible, regional vielleicht auch etwas mobile Jugendliche sei die Chance auf eine Ausbildungsstelle so gut wie nie. Das gelte auch für schwächere Bewerber. Der Rückgang der Bewerber bei gleichzeitiger Zunahme des Bedarfs an Kräften führt laut Agentur ebenfalls zu besseren Chancen für Schwächere.

Mit sinkender Bevölkerungszahl werde sich aber auch die Zahl der Schulabgänger reduzieren und die Situation auf dem Ausbildungsmarkt zunehmend verschärfen. Für die Betriebe ist diese Entwicklung schon länger weniger gut. Sie haben zunehmend Probleme, Nachwuchs zu rekrutieren. Ein weiteres Zahlenpaar belegt dies: Zum Stichtag Ende September registrierte die Arbeitsagentur gerade mal 22 „unversorgte“ Bewerber – aber 715 unbesetzte Ausbildungsstellen.

Zweidrittel münden in Berufsausbildung

„Der Bedarf an Auszubildenden ist groß“, so Melanie Geheb-Müller. Genau 66 Prozent der Bewerber sind bisher in eine Berufsausbildung gelangt, 18 Prozent entschieden sich doch für Schule, Studium oder Praktikum, vier Prozent nahmen eine Arbeit an, drei Prozent oder 87 Jugendliche sind in Berufsvorbereitung. Ein Praktikum etwa sei keine Warteschleife, so Geheb-Müller, sondern wichtig für viele, um sich über den Berufswunsch klar zu werden.

Hilfen für Auszubildende und Betriebe seien trotz „superguten“ Arbeits- und Ausbildungsmarktes weiter wichtig, sagt Stelzer. „Es ist nicht so, dass man gar nichts machen müsste.“ Zu diesen Hilfen zählen die Berufsvorbereitung, die Förderung und Begleitung lernbeeinträchtigter und sozial benachteiligter Jugendlicher, die assistierte Ausbildung und die Einstiegsqualifizierung als finanzierte Berufsvorbereitung direkt beim Arbeitgeber. Über fünf Millionen Euro gab der Agenturbezirk im letzten Jahre für diese unterschiedlichen Förderungen aus.

144 Stellen – 17 Interessenten

Allerdings klaffen in etlichen Berufen der Bedarf an Auszubildenden und deren Interesse weit auseinander. So waren aktuell an 144 offenen Stellen für Maler/Lackierer nur 17 junge Leute interessiert, an 174 Angeboten im Lebensmittelverkauf nur zehn und an knapp 200 Lehrstellen im Bereich Groß- und Einzelhandel 48. Für 109 Stellenangebote in der Lebensmittel- und Genussherstellung (Köche, Bäcker) konnten sich nur 15 junge Leute begeistern. Die Arbeitsagentur appelliert an die Betriebe, schulische Praktika zu nutzen, um fürs Unternehmen und seine Ausbildungsberufe zu werben.

Interessanterweise haben es viele Jahre „Girls' Day“, später dann auch „Boys' Day“, nicht vermocht, die jungen Leute irgendwie messbar für die „typischen“ Berufe des jeweils anderen Geschlechts zu begeistern. Als die fünf Favoriten bei Männern listet die Arbeitsagentur den Industriemechaniker (202), Kfz-Mechatroniker (112), Verkäufer (83 – eher für IT, Elektro), Fachlagerist (71), Industriekaufmann (65) – in dieser Reihenfolge. Bei den jungen Frauen sind die „Big 5“ die Medizinische Fachangestellte (151), Industriekauffrau (118), Kauffrau Büromanagement (107), Kauffrau im Einzelhandel (75, Verkäuferin (71 – für Mode, Schuhe, Parfümerie).

Jugendliche und Betriebe zusammenführen

Ob sich die Schere zwischen Bewerbern und Stellen weiter zu Gunsten der Auszubildenden öffnen wird, könne niemand sagen, so Stelzer. Der Anspruch seiner Behörde sei, weiterhin die optimale Zusammenführung von Jugendlichen und Ausbildungsbetrieben sicherzustellen.

 
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