
Es war schon vieles skurril, was man am Freitagabend auf dem Schweinfurter Volksfestplatz beobachten konnte. Aber gut, es sind nunmal gerade auch besondere Zeiten. Da standen also Autos im niedrigen dreistelligen Bereich, fein eingereiht und in großzügigen Abständen, mit Blickrichtung auf eine Bühne. Erlaubt waren pro Auto maximal drei Menschen. Links von der Bühne hing an einem Kran eine riesige Leinwand. "Ihr wisst, das geht in die Geschichte ein. Das könnt ihr später euren Enkeln erzählen", sagte um kurz nach halb Acht ein Mann von der Bühne aus. Die Botschaft kam bei den Leuten, mit etwas Verzögerung über eine UKW-Frequenz im Autoradio an. Das erste Schweinfurter Autokino-Konzert stand an.
Wieder mal richtig eskalieren – im Rahmen der Corona-Regeln versteht sich
Kurz bevor die beiden Frankfurter DJs "DJ Ray-D" und "DJ Jellin" Hits querbeet aus Hip-Hop und Pop auflegten, richteten sich die Veranstalter zunächst ans Publikum. "Heute können wir einfach mal wieder richtig eskalieren", hieß es, gleichzeitig wurde aber auch dringlichst darauf hingewiesen, dass "Hupen absolut verboten ist". Das war Teil der behördlichen Auflagen.

Überhaupt glich die Organisation gemessen an der Resonanz einem Mammutakt. Neben Bühne, Kran, Großbildleinwand, Ü-Wagen, Kameras, Toilettenanlage, war auch eine große Zahl Sicherheitskräfte im Einsatz, die dafür sorgten, dass keiner der vereinzelten Schaulustigen, die sich in Festplatznähe aufhielten, aufs Gelände konnten und natürlich, dass auch auf dem Gelände nichts aus dem Ruder läuft. Die Zuschauer durften ihre Autos nicht verlassen, außer für den Gang auf die Toilette – dann strikt nur mit Maske. Die Besucher hielten sich äußerst diszipliniert an die Regeln.
"Cool, das mal wieder was los ist"
Als Hauptact des Abends sollte der Rapper Kay One auftreten. Der ließ jedoch einige Zeit auf sich warten. Der guten Stimmung auf der Bühne und in den Autos tat das keinen Abbruch. Die beiden DJs verstanden es bestens, den Anwesenden in der partyarmen Corona-Zeit, etwas Spaß zu vermitteln. "Wir finden es cool, dass mal wieder etwas los ist", erzählt eine Zuschauerin, die mit ihrer Freundin im offenen Cabrio das Autokino-Konzert in erster Parkreihe verbrachte: "Die Organisation ist sehr gelungen. Irgendwie ist es auch praktisch, dass man sich auch mal hinsetzen kann und kein Gedränge herrscht. Ich würde nicht sagen, dass das schlechter ist als ein normales Konzert. Es ist eben anders."
Bier, Pizza und Popcorn per Whatsapp bestellen
Der sonst übliche Gang zum Getränke- oder Essensstand fiel aus. Stattdessen wurde den Zuschauern Pizza, Bier, Popcorn und Softdrinks nach einer Whatsapp-Bestellung über das Handy direkt ans Autofenster gebracht und falls eine Autobatterie schlapp machte, waren die Veranstalter mit technischem Gerät sofort zur Hilfe.

Bis auf Anschlag aufgedreht wurden die Anlagen dann, als Kay One mit Verspätung eintraf. Gut ein Dutzend Securities standen Spalier, als der Rapper aus seiner Luxuskarosserie ausstieg. Einen ersichtlichen Anlass für diese Maßnahme gab es keinen. Auf der anderen Seite des Abtrennungszaunes standen lediglich ein paar Kinder und Jugendliche, die den Musiker mit ihren Handys filmten. Anschließend wurde Kay Ones Auto noch im Backstagezelt geparkt. Vermutlich alles Dinge, die zu einem standesgemäßen Auftritt eines prominenten Musikers des Genres dazugehören.
Auf der Bühne legte Kay One ohne langes Abtasten sofort richtig los, mit alten und neuen Hits. Besonders bei seinen alten Hip-Hop-Stücken zeigte er durchaus welch begabter Musiker in ihm steckt. Ansonsten gab es viele seiner schlageresken Chart-Hits zu hören, die sich thematisch mit Geld, Luxusartikeln, Party und dem Jetset-Leben beschäftigen. Nicht unbedingt Themen, die während einer weltweiten Krise zwingend den Nerv der Menschheit treffen.
Dem Publikum in Schweinfurt gefiel es offenbar trotzdem, den Lichthupen und dann doch vereinzelten Hup-Einlagen nach zu urteilen. Mehr Reaktionen der Zuschauer können von der Bühne bei dieser Art von Konzert nicht vernommen werden.
Nach etwas mehr als einer Stunde verließ Kay One, der mit bürgerlichen Namen Kenneth Glöckler heißt, die Bühne. Beim kurzen Backstage-Gespräch mit dieser Redaktion zeigte sich der 35-Jährige nahbar und höflich. "Ich fand das cool hier in Schweinfurt, es hat mir mega viel Spaß gemacht", erzählte er. Ihm sei es wichtig mit seinen Fans weiter in Kontakt stehen zu können, daher war er von der Idee mit Autokino-Konzerten auch sofort begeistert.

Es sei gerade eben nicht anders möglich. "Ich finde es wichtig, dass wir uns an die Regeln halten und das jetzt nicht zu locker nehmen - gerade aus Rücksicht gegenüber den Älteren. "Wir haben alle die gleiche Verantwortung und da müssen wir einfach zusammen an einem Strang ziehen. Es kommen auch wieder bessere Zeiten", so der Appell des Musikers. Demnach dürfte er nach dem Abend in Schweinfurt stolz auf seine Fans gewesen sein. Vom Veranstalter war zu hören, dass nach der überstandenen Generalprobe weitere Autokino-Konzerte in Schweinfurt mit namhaften Künstlern folgen sollen.
