
In ihrer aktuellen Ausstellung "Ein informeller Dialog. Hann Trier – Norbert Kricke" präsentiert die Kunsthalle Schweinfurt zwei Protagonisten der Kunst nach 1945. Im "White Cube", also der ehemaligen Schwimmhalle, sind 35 Arbeiten auf Papier und Leinwand von Hann Trier sowie zehn Plastiken und 29 Zeichnungen von Norbert Kricke zu sehen. Dazu treten einzelne Werke von Karl Otto Götz, Gerhard Fietz und Conrad Westpfahl, welche eine enge stilistische Verwandtschaft dieser 50er-Jahre-Künstler aufzeigen.
Die "Galerie im Quadrat" der Kunsthalle flankiert die Hauptausstellung mit Papierarbeiten von Hubert Berke, Joseph Fassbender, Georg Meistermann und Ewald Mataré – wie Trier Mitglieder der "Donnerstags-Gesellschaft", eines der ersten deutschen Künstlerzusammenschlüsse der Nachkriegszeit. Druckgrafiken von Hann Trier sind zeitgleich in der Kulturvilla "Museum Otto Schäfer" zu sehen.

Hann Trier (1915-1999) studierte Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Nach verschiedenen beruflichen Stationen, unter anderem als technischer Zeichner, Bühnenbildner, Porträtmaler und Werbegrafiker, auch im Ausland, lehrte er ab 1957 als Professor für Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, wo unter anderem Georg Baselitz und Elvira Bach bei ihm studierten. Trier fand in den italienischen Fresken der Renaissance und des Barock Inspiration und war Mitglied der Münchner Künstlergruppe ZEN 49.
In vielen seiner in der Kunsthalle ausgestellten Bildkompositionen dominieren Bewegung und Farbe. Dabei sind es mehr die gedämpften Farben, die in ihrer Üppigkeit auf dem Flächen zu tanzen scheinen. Gitter und Linienstrukturen gliedern die Bildflächen in den 50er Jahren; in den 60ern wandelt sich das Kolorit von schwerer, dunkler Farbigkeit zu Hellerem. Einige Werke scheinen die Begrenzung der Flächen sprengen zu wollen; der Einfluss von Freskenmalerei ist deutlich. Ein Unikat Triers ist ein handbemaltes Cocktailkleid aus den 60ern, gemustert und in gedeckter Farbgebung des Zeitstils.
Norbert Kricke (1922-1984) wurde während seines Studiums an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin maßgeblich durch Richard Scheibe geprägt. Als Professor für Bildhauerei traf Kricke an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf auf bedeutende Repräsentanten der informellen Malerei wie Karl Otto Götz, Gerhard Hoehme und Peter Brüning.

Krickes in der Kunsthalle gezeigte Zeichnungen stehen in ihrer reduzierten Ausdrucksweise in starkem Gegensatz zu Hann Triers voluminöser Großzügigkeit. Tusche und Kohle auf Papier, Linien, durchbrochene Form zeugen von Leichtigkeit, ebenso wie seine Skulpturen. Eine filigrane "Raumplastik" aus Stahldraht – als würde sie jeden Augenblick davonschweben; die zweidimensionale "Flächenbahn", Edelmetallstäbe, die in ihrer Anordnung eine starke dreidimensionale Wirkung entfalten – sparsam die Mittel, intensiv die Wirkung.
Der Kunsthistoriker Prof. Christoph Zuschlag von der Universität Bonn streifte in seinem Einführungsvortrag auch die Frage, ob sich beide Künstler jemals begegnet sind. Man weiß es nicht, so Zuschlag, aber beide wussten voneinander, schätzten sich und waren auch gemeinsam in Ausstellungen vertreten. Parallelen und Korrespondenzen finden sich in den persönlichen und künstlerischen Biografien. "Die Ausstellung schafft so einen kreativen Ort der informellen Formensprache zwischen Linie und Fläche, Farbigkeit und Tonigkeit, Ruhe und Bewegung", so das Fazit von Kuratorin Andrea Brandl im Vorwort zum ausgezeichnet gemachten Katalog.