Wie erhaben die Kunst präsentiert, wie erhebend sie auf ihre Betrachter wirkt und wie sie den Alltag und die Realität doch auch treffend widerspiegelt, das zeigt die Ausstellung "Moderne Zeiten, Industrie im Blick von Malerei und Fotografie" im Museum Georg Schäfer, durch die Gabriele Hendges jüngst eine Gruppe führt.
Vor rund 175 Jahren begann die Auseinandersetzung der Kunst mit der Industrialisierung, und um diese Zeit herum erblickte auch die Fotografie das Licht der Welt. In einer intelligenten Gegenüberstellung präsentieren sich in der Ausstellung Fotos und Gemälde. Thematisch erfassen sie sowohl die Präsentation von großen neuen Fabriken wie beispielsweise Borsigs Maschinenbau-Anstalt, die Eisenbahnen baute. Oder auch die Firma Krupp, die den ersten Werksfotografen ausbilden ließ. Die technische Ausrüstung kostete damals "etwa so viel wie das Jahresgehalt eines Betriebsleiters", so Hendges. Das waren oft gestellte Aufnahmen, geschönte Bilder, eines davon zeigt eine Bombenproduktionshalle.
Geschönte Darstellungen der Arbeiterinnen und Arbeiter
Kathedralen des Industriezeitalters seien diese Fabriken gewesen, so Hendges, und die Gruppe wirkt nachdenklich ob dieser Verlagerung religiöser Gefühle. Überhaupt seien sehr viele Darstellungen der Arbeiterinnen und Arbeiter geschönt, so Hendges. So zeigt zum Beispiel auch das Titelbild der Ausstellung einen ästhetisch muskulösen Mann als Model mit sauberem Hemd. Die Armut und das Elend der arbeitenden Bevölkerung jedoch zeigt sich im Museum auch, die Verwandlung von jungen kräftigen Menschen in alte, ausgezehrte und kranke Geschöpfe.
Von der Werbung und Dokumentation hin zur Kunst
Erst um 1900 emanzipierte sich die Fotografie von der Werbung und Dokumentation hin zur Kunst, Piktorialismus habe sich diese Epoche genannt, der französische Industrielle Felix Thiollier sei einer der ersten gewesen, der mit künstlerischen Mitteln das Medium Fotografie gebrauchte, so Hendges. Er fotografierte im impressionistischen Stil "die wohl schmutzigste Stadt Europas", St. Etienne, und wieder werden die ungeheuerlichen Belastungen deutlich, denen die Menschen ausgesetzt waren im Industriezeitalter. Da hängt weiße Wäsche in der rußigen Luft, da sammeln Menschen wie Schattenwesen die übrigen Kohlestücke ein, um in ihren Hütten Wärme und Nahrung herstellen zu können.
Charlie Chaplins Film Modern Times, der titelgebend für die Ausstellung gewesen war, ist mit zehn Minuten auch vertreten. Urkomisch und deutlich zeigt er die Auswirkungen der Fließbandarbeit auf die Menschen.