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SCHWEINFURT
Ausgelassene Lebensfreude
Schwarzer Schwan: Die Tanzcompagnie aus Brasilien gab ein Gastspiel im Theater Schweinfurt
Foto: Theater | Schwarzer Schwan: Die Tanzcompagnie aus Brasilien gab ein Gastspiel im Theater Schweinfurt
Von unserem Mitarbeiter Manfred Herker
 |  aktualisiert: 03.04.2014 17:12 Uhr

Als die Tänzerin und Choreografin Hulda Bittencourt vor 37 Jahren die Cisne Negro Dance Company gründete, vervollständigte sie ihr junges Ensemble aus engagierten Tänzerinnen und Tänzern um einige Athleten der sportpädagogischen Fakultät der Universität Sao Paulo. Diese Verschmelzung zweier Welten prägte die Gruppe, verleiht ihr bis heute ihr unverwechselbares Markenzeichen: Energiegeladener vitaler Tanz trifft sich mit Leidenschaft und Hingabe, mit Präzision, Leichtigkeit und ästhetischer Ausstrahlung.

Von so viel tänzerischer Power und ausgelassener Lebensfreude lässt sich das Publikum im zweimal ausverkauften Theater gern animieren und mitreißen. Es feiert am Schluss die 14 Tänzerinnen und Tänzer –- wie 2011 – mit Applausstürmen und Begeisterungspfiffen. Der Abend beginnt mit „Cherchéz, Trouvé, Perdu“ des Choreografen Patrick Delcroix, der dazu sagt: „Menschen suchen, finden, verlieren sich. Eine alltägliche Situation – das Leben geht weiter.“ Doch geht das Leben so einfach weiter? Eindrucksvolle Momentaufnahmen, durch Blackouts getrennt, scheinen dem zu widersprechen: Vier Tänzerinnen und vier Tänzer stellen sich vor, ihre hektisch-nervösen Bewegungen, ihre unsteten Blicke korrespondieren mit den dissonanten Reibungen der Musik von Alvo Pärt. Paare finden zueinander, vorsichtig wagen beide erste gemeinsame Schritte. Ganz verschiedene Pas de deux erzählen von ungestümer Leidenschaft, von Gewalt, Trennung und Schmerz. Andere Partner tauchen auf, das Spiel beginnt von Neuem. Am Schluss sind sie wieder auf der Suche: Acht Einzelgänger.

Nach so viel Ernüchterung zeichnet „Sabiá“ von Vasco Wellenkamp ein optimistisches Bild der Liebe: Zu dem von der brasilianischen Sängerin Maria Lucia de Godoy interpretierten Jobin-Song schmücken Stephanie Alvarenga und Leandro Neves ihren Pas de deux mit Zärtlichkeit, Schönheit und Eleganz, mit Spitzen-Leichtigkeit und spektakulären Hebefiguren. Sie können die Blicke nicht voneinander lassen, feiern ihre Liebe in einem einzigen Schwingen und Schweben. Getanzte Poesie.

Purzelbäume der Fantasie

„Frau Margareth“ ist ein wildes Tanzspektakel des Argentiniers Barak Marshall, das sich ansatzweise auf das Schauspiel „Die Zofen“ von Jean Genet bezieht. Darin wollen sich zwei Dienerinnen an ihrer „Gnädigen“, Frau Margareth, für deren Demütigungen rächen. Trug, Zerrbilder, Scharaden hat der Choreograf in oft irreale Tableaux umgesetzt. Er nutzt dazu Groteske, Comedy und Clownerie, um flirrende faszinierende Bilder zu zeichnen: Dort übt sich ein Männerquintett in Imponiergehabe, dort mimen zwei Tänzer ein Liebespaar. Zwei als Kindermädchen verkleidete Männer halten zwei Wickelkinder im Arm, die sich als attraktive Tänzerinnen entpuppen. Eine irre Modenschau für das Publikum? Bitte sehr. Marshall beschließt seine Fantasie-Purzelbäume mit zwei expressiven Synchron-Studien der Tänzer zu einem Tango und indischer Musik. In „Trama“ (Geflecht) von Rui Moreira pulsiert das Lebensgefühl Brasiliens. Der Choreograf entwirft mystische, magische Portraits, die durch die fremdartig wirkende, kraftvolle und ausdrucksstarke Tanzkunst der Company zu vibrierendem Leben erwachen. Beschwörungstänze kommen ins Bild: Ekstase, fantastische Kostüme, akrobatische Sprünge und kehlige hymnische Gesänge verdichten sich zu einem rauschhaften Bewegungs-Crescendo. Ein heiseres Saxofon stottert Melodiefetzen, der Rhythmus kocht.

 
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