Wer ein Kind betreut oder einen Angehörigen pflegt, kann eine Berufsausbildung dennoch mit der Familien vereinbaren. Seit 2005 gibt es eine gesetzliche Grundlage für die Teilzeitausbildung. Reichlich praktische Erfahrungen damit hat Roland Maul, Ausbildungsberater der Handwerkskammer für Unterfranken in Schweinfurt.
„Teilzeitausbildung ist grundsätzlich in allen Berufen des dualen Ausbildungssystems möglich. Eine Altersgrenze existiert nicht“, so Maul. Verkürzt werden könne die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit allerdings nur bei „berechtigtem Interesse". Voraussetzung sei, dass die Ausbildungsziele in verkürzter Zeit erreicht werden. Vom „berechtigten Interesse“ spricht man zum Beispiel, wenn der Azubi ein eigenes Kind betreut, Angehörige pflegt, Leistungssport betreibt oder wegen einer Behinderung nicht voll belastbar ist. Teilzeitausbildung habe mitunter deutliche Vorteile, können doch Ausbildung und zum Beispiel die Kinderbetreuung leichter vereinbar sein.
Vorteile für Azubis und für den Betrieb
Auch für den Betrieb bieten sich Vorteile, so Maul. Die wären etwa geringere finanzielle Belastungen wegen kleinerer monatlicher Ausbildungsvergütung. Auch können die Azubis unter Beachtung gesetzlicher Bestimmungen nach individueller Vereinbarung zeitlich passend eingesetzt werden. „Meist sind Motivation, Reife und Verantwortungsbewusstsein bei den Auszubildenden stärker ausgeprägt“, so die Erfahrung von Roland Maul. Grundsätzlich gebe es zwei Modelle der Teilzeitausbildung. Modell 1 ist eine Teilzeitausbildung ohne Verlängerung der Ausbildungszeit. Die Arbeitszeit einschließlich Berufsschulunterricht beträgt mindestens 25 Wochenstunden, anders ausgedrückt 75 Prozent der regulären Wochenarbeitszeit.
In Modell 2 verlängert sich die Dauer der Ausbildung um maximal ein Jahr. Die Arbeitszeit beträgt einschließlich Berufsschulunterricht mindestens 20 Wochenstunden. Azubis und Betriebe stimmen den Umfang der Arbeitszeit in diesem Rahmen miteinander ab. So wird flexible Arbeitszeitgestaltung möglich.
Zur Teilzeitausbildung sind die Betriebe allerdings nicht verpflichtet. „Nicht alle kleineren und mittleren Betriebe können, zum Beispiel bei häufigen Montagetätigkeiten eine Teilzeitausbildung umsetzen.
Bei der Kammer beantragen
Wenn man sich allerdings darauf geeinigt hat, dann müssen Azubis und Betriebe die Teilzeitberufsausbildung gemeinsam bei der zuständigen Kammer beantragen. Auch ein bestehendes Ausbildungsverhältnis kann in Teilzeit umgewandelt werden. Zum Beispiel wenn während der Ausbildung eine Schwangerschaft eintritt oder Familienangehörige pflegebedürftig werden. Dafür ist ein Zusatzvertrag zu schließen.
Berufsschulunterricht und überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen (ÜLU) finden aber immer ohne Kürzung in Vollzeit statt. Genau aufpassen muss man bei der Ausbildungsvergütung. Aufgrund der Teilzeitvereinbarung hat der Betrieb die Möglichkeit anteiliger Kürzung. Reicht die Vergütung dann nicht mehr für den Lebensunterhalt, können Azubis unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen wie Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) von der Agentur für Arbeit, (ergänzendes) Arbeitslosengeld II bei den Jobcentern oder Wohngeld am Wohnort beantragen.
Solange Teilzeitazubis an genauso vielen Tagen arbeiten wie Vollzeitbeschäftigte, ist der Urlaubsanspruch derselbe. Sind sie an weniger Tagen im Betrieb, vermindert sich der Urlaubsanspruch.
Informationen bei Roland Maul, Ausbildungsberater der Handwerkskammer für Unterfranken. Tel. (09 721) 478 4133 oder E-Mail: r.maul@hwk-ufr.de