Gute Unterhaltung ist zeitlos: Gleich zum Auftakt des Liederabends erklang „The Entertainer“ von Scott Joplin, dem man die Entstehung in der Zeit um 1900 nicht anhört.
Auf die Bühne des Gemeindezentrums gebracht wurde der neu vertonte Ragtime-Klassiker vom ähnlich junggebliebenen, aber fast gleichaltrigen Gesangverein 1913 Fortschritt. Es ging mal modern zu, mal traditionell, beim abwechslungsreichen Konzert mit fünf Chören, die zudem Werbung in eigener Sache betreiben durften. Auch das Bühnenbild konnte sich sehen lassen. Niederwerrns Vereinschef Karl Haag begrüßte viele Besucher: „So wie es aussieht, hat jeder seine Fangruppe dabei.“
„Wenn nach und nach die Stimmen zusammenfinden, spürt man, wie aus Gesang Harmonie wird“, meinte Bürgermeisterin Bettina Bärmann. Sie habe ja einmal selbst im Chor gesungen. Nach den Grußworten dirigierte Herbert Bierlmeier die Gastgeber. „Du hast Glück, bei den Frauen, Bel Ami“ hieß es im nostalgisch-frivolen Schlager von Hans-Fritz Beckmann, gewidmet den unwiderstehlichen Frauentypen seiner Zeit. Gefolgt vom schmusigen Elvis-Song „Can?t Help Falling in Love“ und einem rassigen „Rock for fun“.
Eine Premiere legte der Liederkranz Ettleben hin: Der 103 Jahre alte Chor, ein Jahr jünger als die Niederwerrner, stellte seine neue „Dompteuse“ Nicole Schömig vor. Die Chorleiterin hat einen der letzten reinen Männerchöre des Landkreises vor der Auflösung bewahrt. Mit dem „Abendfrieden“, „Bajazzo“ oder dem Volkslied „Fein sein, beinander bleib?n“ deckten die Ettlebener den volkstümlichen Teil ab, ebenso mit den „Zwei guten Freunden“ aus der Sammlung Ditfurth.
Mit dem südafrikanischen Gospel „Siyahamba“ und Nikolaus Metz als Chorleiter stieg der Gesangverein Oerlenbach ein. Die Ode an die treue Liebe, „Aber Dich gibt's nur einmal für mich“, kennt man von den Flippers, die Aussteigerhymne „Irgendwann bleib i dann dort“ von STS. Ebenfalls berühmt als romantischer Schlagerhit ist das „Sierra Madre del Sur“. Nach der Pause ging es mit Dirigentin Silke Greubel und der Sängerlust Hain in die zweite Halbzeit. Zu hören gab es „Swing-e-di-du“, „Frohlocket und singet, der Frühling ist da“, das französische Volkslied vom „Kleinen Veilchen“ oder einen italienischen Abschiedsgruß: „Ciao, Ciao, Ciao“.
Irische Segenswünsche hatte „contakte Grettstadt“ im Gepäck, ebenso wie einen dezenten „Rap des 19. Jahrhunderts“, das „Erlaube mir, feins Mädchen“ von Johannes Brahms, bei dem es im Grunde aber auch nur ums Abschleppen ging. Extra-Applaus erhielt „I?ll be there“, im Original von den Jackson Five. „Mercy, Mercy, Mercy“ war ein Welthit von Joe Zawinul, der ebenfalls Begeisterung erntete, wie der finale „Scat Calypso“: begleitet wurde der karibische Song von einer Art rhythmischen Oberkörper-Schuhplattler.
„Schön war die Zeit“ sang zuletzt der Gesangverein Fortschritt und damit dem Publikum aus der Seele.
Zum krönenden Abschluss wurden noch zwei Ehrenmitgliedschaften des Vereins vergeben: Willi Haag ist bereits seit 1958 dabei, als einer der dienstältesten Sänger überhaupt. Als Urgestein hat er zuletzt die 100-Jahrfeier maßgeblich mitgestaltet. Ingrid Landsgesell singt seit 1975 mit, als verdienstvolle Hüterin der Noten und Trachten oder einfach nur „Mutter des Chors“.