Eigentlich könnte sie Geschichten schreiben. Geschichten über all die Menschen, die sie in den vergangenen 40 Jahren getroffen hat. „Ich werde mein Parkcafé sehr vermissen“, sagt Rosemarie Köhler wehmütig. Zu vielen ihrer Gäste habe sie im Laufe der Zeit eine persönliche Bindung aufgebaut. „Für ein kleines Schwätzchen habe ich mir immer Zeit genommen.“
Am 5. November 1968 war es soweit: Gemeinsam mit ihrem damaligen Mann eröffnete sie im Untergeschoss des Gebäudes am Jägersbrunnen 6 das Restaurant „Alt-Nürnberg“ und das Parkcafé. Alles lief gut an, doch das Paar trennte sich nach etwa zehn Jahren. Rosamarie Köhler stand plötzlich mit ihrer sechsjährigen Tochter allein da.
Ein Stehaufmännchen
„Ich wusste erstmal nicht, wie es weitergehen soll.“ Doch in der heute 67-Jährigen steckt eine Kämpfernatur und ein „Stehaufmännchen“. Sie vermietete das Restaurant und betrieb das Café allein weiter. Mit Erfolg. Denn das Parkcafé entwickelte sich für viele Schweinfurter zu einem beliebten Ort für Kaffeekränzchen und Schachabende. Doch der nächste Schicksalsschlag blieb nicht aus: Am 2. Januar 1988 brach in den vermieteten Räumen ein Großfeuer aus und ging auch auf ihr Café über. Eine Welt brach für Köhler zusammen: „Ich war tagelang wie erstarrt.“ Lange überlegte sie, ob eine Renovierung Sinn macht, bewarb sich sogar für andere Jobs. Doch ihre innere Kraft siegte und sie baute ihr Café wieder auf. Belohnt wurde sie mit der Treue ihrer Gäste. Bis heute.
„Ich bin traurig, dass das Parkcafé schließt, es gibt doch in Schweinfurt fast nichts, wo man hingehen kann“, sagt eine ältere Frau, die sich hier schon seit vielen Jahren mit Freundinnen zum Stammtisch trifft. Köhler fiel der Entschluss nicht leicht, aber: „Ich bin jetzt 67 Jahre alt, das ist ein guter Grund, um in Rente zu gehen.“ Dass ihre Entscheidung auch ein bisschen von der Schließung des Ernst-Sachs-Bades und den Bauarbeiten an der Kunsthalle beeinflusst wurde, leugnet sie nicht. „Ich habe dadurch schon Umsatzeinbußen gehabt“, sagt sie.
Überhaupt, erinnert sie sich an früher, hätten die Badegäste nach dem Schwimmen regelmäßig auf einen Kaffee Halt gemacht. „Viele meiner Gäste verstehen heute noch nicht, dass das Bad geschlossen wurde.“ Auch hohe Prominenz durfte Köhler schon begrüßen, so waren zum Beispiel Altkanzler Helmut Kohl, Otto Graf Lambsdorff, die Schauspieler Wolfgang Spier und Walter Richter oder auch der ehemalige Rennfahrer Harald Ertel ihre Gäste. „Sie haben sich in meinem Gästebuch verewigt.“
Vertrauen in Nachfolger
Köhler mag Menschen, besonders Kinder und Ältere, „vielleicht weil sie so schutzbedürftig sind“. Aber sie hat auch ein Herz für Tiere. So fanden unzählige Scheiben Schinken ihren Weg in die Mäuler der mitgebrachten Vierbeiner. Auch für ihren Kuchen war sie in Schweinfurt sehr beliebt – legte dafür gerne mal selbst Hand an. Leid tut es der 67-Jährigen schon, wenn Stammkunden sie fragen: „Wo sollen wir denn jetzt hin?“ Auch den Spruch „Wo fühlt man sich wohl und wöhler? Bei der Frau Köhler“ wird sie wohl nie vergessen.
So setzt sie ihr Vertrauen in ihre Nachfolger: Das Ehepaar Keller, Inhaber des Texican Restaurant Habaneros und bis vor kurzem Betreiber des Weißen Rößl, übernimmt die Räumlichkeiten. „Sax's“ – wird die neue Schank-Speise-und-Cocktailwirtschaft heißen. „In Anlehnung an das Ernst-Sachs-Bad, das für die Schweinfurter immer ein Begriff bleiben wird“, so Frank Keller. Mit der Stadt habe er gerade Verhandlungen über die Erweiterung des Außenbereiches am Laufen, im Inneren wird ab Mai renoviert. „Wir planen, im Juli zu eröffnen.“ Auf das China-Restaurant, das im Untergeschoss untergebracht ist, werde dies keine Auswirkungen haben, so Keller.
Traditionell und gleichzeitig modern – das sind die Attribute für das neue Parkcafé. „Es soll deutsche Speisen sowie italienische geben. Auch böhmische, denn unser Koch ist Tscheche“, sagt Kellers Frau Alexandra, die zusammen mit Thomas Greiner die Geschäftsführung übernehmen wird. Von der Einrichtung her ist an eine Mischung aus Leder, Holz und Stein gedacht. Besonderes Highlight: „Das Life-Cooking“: „Wir planen eine halboffene Küche und wollen vor unseren Gästen Speisen zubereiten.“
Hört sich erst einmal ganz anders an als das Parkcafé. Aber: „Man muss loslassen können, um ein neues Leben beginnen zu können“, sagt Rosemarie Köhler. Vielleicht wird sie von nun an ja selbst auf einen Kaffee im „Sax's“ vorbeischauen. . .
Rosemarie Köhler verkauft am 1. und 2. Mai (10 bis 17 Uhr) einen Teil des Inventars: Pflanzen, Salzkristalle, Vorhänge, Lampen, Terrassenbestuhlung, Mikrowelle, Kunstdrucke von Gustav Klimt und ähnliches. Infos im Parkcafé oder unter Tel. (0 97 21) 2 55 09.