zurück
Schweinfurt
Aus Angst vor Führerscheinentzug mobilen "Blitzer" angezündet
Weil er befürchtete den Führerschein und damit den Job zu verlieren, griff ein Taxifahrer zum Benzinkanister und zündete die Messtation an. Jetzt stand er vor Gericht.
Einen solchen 'Enforcement Trailer' (Symbolbild), hat der Angeklagte in Brand gesteckt und dabei einen Sachschaden von gut 14 000 Euro angerichtet. 
Foto: Heiko Becker | Einen solchen "Enforcement Trailer" (Symbolbild), hat der Angeklagte in Brand gesteckt und dabei einen Sachschaden von gut 14 000 Euro angerichtet. 
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 10.02.2024 11:47 Uhr

Ärgerlich, wenn man wegen überhöhter Geschwindigkeit "geblitzt" wird, so sollte man aber doch nicht nicht reagieren, denn dann wird es richtig teuer. Ein 39-Jähriger, seinerzeit als Taxifahrer unterwegs, muss jedenfalls mächtig sauer gewesen sein, als er am 8. September 2019 kurz nach Mitternacht mit seinem Mercedes im Rahmen einer "Leerfahrt" von Schwebheim kommend Richtung Sennfeld (Landkreis Schweinfurt) unterwegs war und unter der Autobahnbrücke "fotografiert" wurde.

Zunächst fuhr er weiter, aber die Angst vor der Verfolgung des Geschwindigkeitsverstoßes ließ ihn nicht los, weswegen er knapp zwei Stunden später – es war inzwischen kurz nach zwei Uhr früh – zum Standort des "Enforcement Trailers", wie das mobile Geschwindigkeitsmessgerät offiziell heißt, zurückfuhr. Nicht um sich den 120 000 Euro teuren "Blitz-Anhänger" noch einmal aus der Nähe anzuschauen, sondern um ihn und vor allem die darin gespeicherten Bild- und Messdaten zu zerstören.

Kanister Benzin mtgebracht

Und dafür hatte er einen Plan, denn er hatte einen Kanister Benzin, den er über das High-Tech-Blitzgerät schüttete, und Papier mitgebracht, mit dem er den Kraftstoff in Brand setzte. Auch an Tarnung und Selbstschutz hatte er gedacht, trug er doch zum Tatzeitpunkt ein sogenanntes "Buff-Tuch", eine Art Mützenmaske, wie sie gerne von Motorradfahrern unter dem Helm getragen wird, und Handschuhe.

Als der verhasste Blitzer brannte, warf er noch die Handschuhe ins Feuer und verließ fluchtartig die Brandstelle. Wenn es unter der Autobahnbrücke brennt, dann bleibt das nicht unbeobachtet. Ein Mix aus Augenzeugen, Spurensicherung und Fotoauswertung führte recht schnell zum Brandstifter, der sich nun wegen "Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel", wie die Anklage offiziell heißt, in Schweinfurt vor dem Strafrichter für seine Tat verantworten musste. Eine Tat, die nur teilweise "gelungen" ist, der Trailer wurde zwar schwer beschädigt, wofür das Polizeiverwaltungsamt 14 000 Euro von ihm haben will. Aber der Trailer wurde nicht zerstört. Das Foto und die Daten seiner Geschwindigkeitsmessung überstanden den Brandanschlag.          

Marihuana und Haschisch in Auto und Wohnung 

Nicht besser für den Angeklagten wird die Sache dadurch, dass wenig später sowohl im Taxi, als auch in der Wohnung des Angeklagten Haschisch und Marihuana in Eigenbedarfsmengen gefunden wurde. Zur "Arbeitsmittelzerstörung" kam also noch der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln. Vor Gericht zeigte sich der 39-Jährige voll geständig und bereute seine Tat. Er schilderte die damalige familiäre Ausnahmesituation und die psychischen Probleme, die zur Tatzeit sein Leben bestimmten. Das Taxi sei seinerzeit seine einzig ihm verbliebene Verdienstmöglichkeit gewesen. Überzeugt durch die Geschwindigkeitsmessung auch noch seinen Führerschein und damit diese Erwerbsmöglichkeit zu verlieren, habe er "völlig außer sich" den Tatentschluss gefasst.                  

Reue und Geständnis wurden dem Mann auch bei der Urteilsfindung genauso zugute gehalten, wie die Tatsache, dass er zum Tatzeitpunkt nicht vorbestraft war. 11 Monate Haft, auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, lautete am Ende das Urteil. Angesichts seiner aktuell prekären finanziellen Situation ordnete der Strafrichter darüber hinaus 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit an. Den am "Enforcement Trailer" angerichteten Schaden muss er natürlich auch irgendwie begleichen. Das Ergebnis seiner Geschwindigkeitsmessung anzunehmen, wäre übrigens in jedem Fall die bessere Idee gewesen. Er hätte 120 Euro für 22 Stundenkilometern über den erlaubten 70 Sachen zahlen müssen, der Führerschein wäre nicht weggewesen, so das Messergebnis, das sogar einen Brandanschlag überstand und heute längst vergessen wäre.               

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Helmut Glauch
Angeklagte
Angst
Auto
Benzin
Brandanschläge
Brandstifter
Hass
Kraftstoffe
Papier
Taxis (Service)
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • J. S.
    Auf den Punkt gebracht: "Kriminelle Energie!" Wenn jeder aus Angst vor Entdeckung so handeln würde? Überhaupt auch nur auf einen solchen Gedanken zu kommen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. S.
    Für´n Taxiführerschein braucht´s keine Prüfung. Und mit Taxifahrerinnen fährt´s sich nachweislich besser. Aber auch diese haben immer wieder Probleme mit "Männern".
    Dies bestätigt sich durch das häufige Fehlen von Taxifahrerinnen bei Nachtfahrten. Mit guten Grund. Dem einen oder anderen ist "nicht über den Weg zu trauen. Gott sei Dank, sind nicht alle so. Aber so ein Verhalten wie oben ist doch schon sehr "verdächtig". Einfach: Dieses "Nicht-hin-nehmen-Wollen!" Passiert ist passiert! Das kann doch jedem einmal passieren. Das einzig Richtige ist: "Der Fahrer schweigt und zahlt!" Unglaublich, dass viele denken, sie würden dabei nicht erwischt werden! Der "Wahn" ist kurz, die Reu´ ist lang. Mit dem Taxifahren dürfte es damit - zum Glück für andere - vorbei sein. Selbst schuld! So was macht "Mann" nicht! (Ehrenkodex)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. C.
    Was wollen Sie uns eigentlich mitteilen???
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Also billiger ist es, sich generell an die STVO zu halten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. A.
    Sein Drogenkonsum dürfte teuer sein als die Blitzerfahrt in der Nacht. Durch die eigene Dummheit kam im übrigen ja erst sein Drogenkonsum ans Licht, seinen Taxischein dürfte er damit auch los sein. Das mache wegen fünf Minuten nicht Nachdenkens Ihre ganze Existenz aufs Spiel setzen ist eigentlich unbegreifbar.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    Haschisch und Marihuana, die besten Voraussetzungen zur Beförderung von Personen. Da fühlt man sich als Fahrgast gut aufgehoben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten