Wie cool ist das denn: Co-Working Space auf dem Dorf, in Werneck. So was gibt's da? Diese Reaktion erfuhr die Münchnerin Sophia Sauer aus ihrem Bekanntenkreis, nachdem sie im neu geschaffenen Büroraum, dem Co-Working Space im sogenannten Feige-Haus, gearbeitet hatte. Das moderne Arbeitsplatz-Angebot hat die Weltkind-Genossenschaft geschaffen, die im sanierten Sandsteinhaus auch ihren Unverpackt-Laden, ein vegan-vegetarisches Bistro und einen Secondhand-Shop betreibt.
Für Großstädter ist es längst normal: Zusammen mit anderen Menschen in Großraumbüros, in Büros mit Gruppenräumen oder ähnlichen Locations für eigene oder gemeinsame Interessen zu arbeiten. Bei Co-Working Spaces – zu Deutsch etwa: Räume für Zusammenarbeit – wird der Arbeitsplatz oft nur für kurze Zeit benötigt, er kostet nicht viel, man hat keinen festen Schreibtisch, man teilt sich die Infrastruktur und trifft sich in der Kaffeeküche. Oder eben im Bistro, wie im Wernecker Feige-Haus der Weltkind-Genossenschaft.
Freier Platz im Obergeschoss
Die Idee, ein Co-Working Space anzubieten, entstand "bei unseren jungen Leuten", erklärt Genossenschaftsvorstand Udo Rumpel, Biolandwirt und Grünen-Kreisrat aus Mühlhausen. Gemeint sind die Geschäftsführerin des Unverpackt-Ladens, Anna Reuthe, und Tom Schroer, der das Bistro verantwortet. "Der Bedarf ist da", sagt Reuthe, die in ihrer früheren Tätigkeit als Produktmanagerin selbst viel online arbeitete. "Wir wollten ausprobieren, ob so ein Angebot auch hier angenommen wird". Denn eine vermietete Praxis im Obergeschoss des Feige-Hauses war frei geworden, ein neuer Verwendungszweck gesucht.
Der helle, 20 Quadratmeter große Raum mit dem großen Fenster und freien Blick und bald auch mit eigener Dachterrasse war schnell möbliert. Tische, Stühle, Sessel und Regal wurden aus zweiter Hand besorgt. "Nachhaltig eben", lächelt Udo Rumpel, so wie das ganze Konzept des Hauses. WLAN-Anschlüsse wurden gelegt und ein Drucker aufgestellt.
Auf Besuch bei den Eltern
"Den brauche ich selbst aber nicht", meint die erste Kundin des neuen Co-Working Space. Sophia Sauer, die als Ingenieurin für nachhaltiges und energieeffizientes Bauen in einem Münchner Ingenieurbüro arbeitet, war auf Besuch bei ihren Eltern in Mühlhausen. Schon vorher hatte sie vom Projekt der Weltkind-Genossenschaft erfahren und so beschloss sie am Abend spontan, ihren mobilen Arbeitstag am nächsten Morgen nicht im Haus der Eltern, sondern eben in Werneck zu beginnen.
Sie könnte zwar auch im Mobile Office arbeiten, "aber für mich ist ein Ortswechsel wichtig", meint die 28-Jährige. "Da kann ich mich beim Hinfahren schon darauf einstellen." Aber es komme natürlich auf die jeweilige Tätigkeit an, schränkt sie ein.
Vonseiten ihres Arbeitgebers kann sie drei Tage die Woche im Ingenieurbüro und zwei Tage im "Mobil Office" arbeiten. Das heißt, es ist egal, von wo aus sie ihre Arbeit erledigt. Der Laptop ist immer dabei, Papier-Unterlagen gibt es bei ihr nicht mehr. "Mit einem Leitz-Ordner würde ich nicht durch die Gegend ziehen", sagt die Ingenieurin.
An diesem Morgen hat sie im Wernecker Co-Working Space einen Online-Call mit sechs anderen Gesprächspartnern gehalten. "Die WLAN-Geschwindigkeit hat gepasst", gibt sie dem Genossenschaftsvorstand Rumpel ein Feedback.
Von den vier Arbeitsplätzen im Raum hat Sophia Sauer einen belegt. "Ich hätte es cool gefunden, wenn noch jemand anderes da wäre", sagt sie. "Ich fände es auch spannend, wenn jemand etwas ganz anderes macht." Aber da das Co-Working in Werneck noch ganz neu und noch nicht bekannt ist, muss sie sich noch gedulden.
Optimierung ist möglich
Für den Arbeitsplatz in diesem Büro zahlt die Kundin 15 Euro am Tag. Inkludiert ist dabei ein Gutschein für ein Heißgetränk aus dem Bistro im Erdgeschoss. "Da hole ich mir nachher einen Cappuccino." Eine Zehnerkarte, also zehn Arbeitstage, sind für 120 Euro zu haben, ergänzt Udo Rumpel. Und natürlich könnten auch Firmen den Raum für Besprechungen mieten.
Wenn das Co-Working-Angebot mehr nachgefragt werde, könne man die Möbel optimieren, auch Bildschirme zur Verfügung stellen und einen Online-Kalender zum Buchen der Zeit erstellen, sagt der Vorstand.