Joachim Perleth ist vom Fach und hat sich „alles angeschaut“ – leer stehende Super- und Schlecker-Märkte, Hallen und auch Neubaugebiete, in der Stadt und im Landkreis Schweinfurt. Die „richtige Entscheidung“ fiel für den Kornmarkt 17, dem ehemaligen SPD-Haus und früheren Domizil der Erziehungsberatung für Eltern und Jugend. Heute ist der Kornmarkt 17 ein Vorzeigeprojekt im Sanierungsgebiet Neue Gasse.
Der Altbau in Hambach (Jahrgang 1926) war mit 200 Quadratmetern Bürofläche für die heute zwei Dutzend Mitarbeiter zu klein geworden, war nicht erweiterbar. Bei der Suche nach einer Alternative schaltete Perleth die Schweinfurter Sanierungsstelle und das städtische Amt für Wirtschaftsförderung und Immobilien ein. Seine Vorgabe war, dass der Bau zu einem Architekturbüro passt, oder passen gemacht werden kann, dass Parkplätze für die Mitarbeiter vorhanden sind, die zwischen Kunden, Baustellen und Büro pendeln.
Standort als finanzielle Sicherheit
Mitentschieden hat das Bankhaus, das bei einem Kredit für ein schmuckes Gebäude in attraktiver Lage keine Probleme sah. Jetzt verfügt Perleth über 720 Quadratmeter Nutzfläche, wovon er 220 (Erdgeschoss) vermietet hat. Seine Büros verteilen sich auf die beiden Ober- und das Dachgeschoss (ohne Aufzug, also nicht barrierefrei, Außenaufzug möglich).
Die Stadt zeigte Perleth mehrere Projekt, doch „geknallt“ hat es am Kornmarkt. Das oft in der Sanierung tätige Architektenbüro untersuchte die Statik, suchte nach Altlasten, ließ den Grund auf Überbleibsel aus den Bombenangriffen im II. Weltkrieg untersuchen. Schritte, an denen kein Bauherr im Sanierungsgebiet vorbeikomme, Untersuchungen, die „nur ein Fachmann“ leiste, so Perleth.
Sieben Monate bis zum Einzug
Die Bausubstanz war in Ordnung. Die bisherigen Mieter gingen und Perleth hatte ein halbes Jahr Zeit, um den Innenausbau zu planen, – Wochen, die auch für das Nutzungskonzept in einem Neubau gebraucht werden. Am 1. April 2014 wurde ausgeräumt, am 18. Dezember 2014 eingezogen.
In dem Altbau aus dem Jahr 1856 fiel nur eine (nicht tragende) Wand für das Konferenzzimmer. Weil man schon vor dem Kauf hinter den Putz geschaut hatte, blieben unliebsame Überraschungen bei den Renovierungsarbeiten aus. Für die frei gelegten Balken aus Fichte und Eiche ließ sich ermitteln, dass die Bäume im Jahr 1855 im Frankenwald geschlagen und wahrscheinlich von Flößern nach Schweinfurt gebracht worden waren.
Lob für die Stadtsanierung
Rückblickend gibt es von Perleth viel Lob und die Empfehlung, eng mit der Sanierungsstelle und dem Denkmalschutz zusammenzuarbeiten, und den Rat, ein solches Projekt in einem offiziellen Sanierungsgebiet anzugehen, weil Voruntersuchungen gelaufen sind, weil es Zuschüsse gibt und die Partner Hilfestellungen bei vielen Fragen (auch zur Förderung) geben.
Teppichböden und die über die Jahrzehnte immer wieder veränderte Haustechnik verschwanden ebenso wie bauliche Ergänzungen. „Alles kam raus, was im Haus nicht verloren hatte“, sagt der Bauherr. Originale blieben, darunter der Stuck, der erhalten wurden und die Spuren der Zeit zeigt.
Aus der Bauzeit
Komplett sind das alte Treppenhaus, die Gänge und die Raumaufteilung nach den historischen Vorgaben hergerichtet. Es gibt viel Tageslicht; unterstützend Kunstlicht – indirekt oder per Stehlampen, weshalb die Raumdecken samt Stuck unversehrt sind. Verzichtet wurde für den Charakter des Hauses und den Denkmalschutz auf Innen- und Außendämmung (Natursteine), und doch wurde mit dem Einbau neuer Fensterscheiben und einer Hackschnitzelzentralheizung energetisch saniert.
Die Wände sind wieder weiß gekalkt. Farbe bringen nur die Böden (Holz, in den Büros lärmschluckender Teppichboden) ins Spiel. Verschwunden sind frühere Farbanstriche – „bis zu 30 Schichten“, sagt Perleth. Für die Haustechnik wurde ein ehemaliger Kamin genutzt. In den Stockwerken sind Kabel, Leitungen und auch die Steckdosen in den Lamperien (Verkleidungen) verschwunden, die an den Wänden hoch bis zu den Fenstern reichen. Bei den Türen handelt es sich um Rekonstruktionen. Auch die Haustür wurde eins zu eins abgezeichnet und neu geschaffen.
Atmosphäre
Joachim Perleth spricht im Vergleich zu einem Neubauprojekt von einer „ganz anderen Qualität“, von einer „super Lage mitten in der Stadt und im Grünen“ (am Fichtelsgarten). Für sich und die Mitarbeiter ließ er eine Brotzeit-Garnitur im Freien aufstellen: Gleich daneben führt die öffentliche zugängliche Treppe vom privaten Parkplatz in die öffentliche Parkanlage.
Die Kosten? „Nicht teurer als ein Neubau, der etwas darstellt“, sagt der Architekt. Die Nachteile: „Energetisch nicht so effizient, nicht barrierefrei, wegen der neuen Fenster zwar kein Verkehrslärm, jedoch eine Geräuschkulisse.“ Die „weit gewichtigeren“ Vorteile: „Top-Lage, Haus wirbt für den Architekten, tolles Ambiente, Spaß bei der Arbeit und die dicken Mauern, die den Einbau einer Klimaanlage ersparten.“