Den Corona-Lockdown nutzen Telefonbetrüger verstärkt, um bei älteren Bürgern Beute zu machen. Die neueste Masche: Die Betrüger geben sich bei ihren Anrufen nicht mehr als hilfsbedürftiger Enkel oder als Polizist aus – sondern als Mitarbeiter der Krankenkasse. Ihr Ziel: Sie wollen an die Kontonummern der Senioren kommen.
Die Gauner wollen Bankdaten klauen
Aktuell warnt die AOK in Schweinfurt vor solchen Anrufen: "Die Anrufer versprechen einen dreistelligen Euro-Betrag, der wegen angeblich zu viel gezahlter Beiträge zur Betriebsrente zurückerstattet werden soll", schildert Pressesprecher Lothar Zachmann. Durch eine geschickte Gesprächsführung würden die geschulten Betrüger Versicherte überreden, ihre Bankverbindung preiszugeben.
In einigen Fällen gingen die betrügerischen Anrufer noch weiter: Sie mahnen angeblich offene Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung an. Oder sie würden versuchen, dem Gesprächspartner Zusatzversicherungen aufzudrängen, wie ein AOK-Direktor aus dem Raum Kempten berichtet. Wer sich Info-Material zuschicken lässt, bekäme ein paar Tage später einen angeblichen Vertrag zugeschickt - mit der Aufforderung, eine angeblich fällige Vertragsprämie zu zahlen. Verbunden damit sei bei Nicht-Zahlung die Drohung mit einem Inkasso-Büro.
Aktueller Fall aus Unterfranken
Erst in der vergangenen Woche war bei der Polizei in Unterfranken ein aktueller Fall bekannt geworden: Betrüger hätten ihr "Glück" bei einer Frau in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) versucht, berichtet Pressesprecherin Katrin Thamm vom Polizeipräsidium. Ein unbekannter Anrufer habe die Seniorin gefragt, ob sie bereits die "Zahlung in Höhe von 250 Euro" von ihrer Krankenkasse erhalten habe und erfragte dabei ihre Kontodaten.
„Wir raten - wie bei sämtlichen Betrugsmaschen am Telefon - natürlich, keine Daten an Fremde zu übermitteln“, sagt Polizeisprecherin Thamm. Und Lothar Zachmann von der AOK in Schweinfurt versichert: „Generell gilt, dass die AOK Bankverbindungsdaten nie telefonisch abfragt, sondern stets schriftlich oder im persönlichen Kontakt."
Sowohl Polizei als auch Krankenkasse raten, den Anruf zu überprüfen. Wer telefonisch kontaktiert werde, könne durch einen Rückruf überprüfen, ob sich tatsächlich die "echte" eigene Krankenkasse gemeldet hatte. Bei Fragen oder Zweifeln könnten sich die Bürger jederzeit an die örtliche Polizei wenden, empfiehlt Tamm.
Täter machen Millionen
Bei Telefonbetrug wird den potentiellen Opfern häufig vorgegaukelt, ein Enkel sei in einer Notlage und brauche dringend Geld oder ein Polizist bitte um Unterstützung, um Gauner zu fangen. Doch dank hartnäckiger Warnungen der Polizei fallen inzwischen immer weniger Senioren darauf herein.
Deshalb variieren die Täter ihre Vorgehensweise: Sie behaupten beispielsweise, ein Verwandter sei schwer an Corona erkrankt. Er könne aber ein in Deutschland nicht zugelassenes Medikament bekommen, das die Krankenkasse nicht bezahle, und benötige dafür sofort Bargeld.
105 Millionen Euro erbeutet - auch in Unterfranken
Die gut Deutsch sprechenden Anrufer sitzen nach Angaben der Kripo häufig in Telefonzentralen in der Türkei. Erst vor wenigen Wochen hatte die Polizei nach dreijährigen Ermittlungen in der Türkei mehrere solcher Callcenter stillgelegt und die Betreiber festgenommen. Sie sollen bei ihren Anrufen quer durch Deutschland Beute in Höhe von 105 Millionen Euro gemacht haben.
Am Ermittlungserfolg waren nach Information der Redaktion auch Kripo-Beamte aus Unterfranken beteiligt, nachdem in der Region immer wieder Senioren per Enkeltrick abgezockt worden waren. Die Polizei selbst äußert sich nicht dazu, um laufende Nachforschungen nicht zu gefährden.