Wie die Bekleidungsmode die Menschen ihrer Zeit prägt und gleichsam einer Stadt Gesicht gibt, zeigt die Rückschau: Wir blättern in dicken, sorgsam geführten Archivbänden des Modehauses Ditzel. Sehen leicht vergilbte Fotos der Anfangsjahre ab 1938 am Marktplatz und chic designte Zeitungsannoncen.
Mit Stil, Individualität und Qualität machte sich das Haus in Schweinfurts Haupteinkaufsstraße, der Brückenstraße, im Lauf der Jahrzehnte einen Namen, vereint heute Tradition und Trendbewusstsein. Barbara Ditzel führt das Modehaus bereits in dritter Generation und entwickelt - inspiriert von Modemessen, Marken und Moderne – ihre eigene, besondere Note. Heute stehe der Name Ditzel für ein abwechslungsreiches Modehaus: „kundenorientiert, offen für Veränderungen und den Wandel, der nach vorne geht“, unterstreicht die Enkelin des Firmengründers Otto Ditzel (1914-1990).
Ihre Business- und Freizeitmode inszeniert die 44-Jährige mit Leidenschaft, entwickelt vielfältige Visionen und vermittelt den Schweinfurtern ein Bewusstsein für die Wandlungsfähigkeit der Modewelt. Getragen von einer jahrzehntelangen Firmengeschichte darf sie sich dabei auch im 75. Jubiläumsjahr auf ihre Erfahrung und die ihres kompetenten Teams verlassen.
Im Krieg zerstört
Die Historie des Familienunternehmens beginnt im Juli 1938: Zur eigenen Existenzgründung am Schweinfurter Markt entschließt sich der geschäftstüchtige Modeverkäufer Otto Ditzel im Alter von 24 Jahren. Herren- und Knaben- sowie Berufsbekleidung sind sein Metier. Gattin Maria hält im Geschäft die Fäden zusammen, insbesondere als im Krieg 1944 das Geschäftshaus zerstört wird und der Verkauf im Hinterhaus weitergehen muss.
Ab 1950 mietet sich Ditzel in die Brückenstraße 25 ein, kauft drei Jahre später das Haus und stockt es auf. Auch die Hausnummer 27 (Friseur Hutzler) wird bald Ditzel-Adresse sein. In den 1960er Jahren expandiert der Schweinfurter Herrenausstatter mit je einer Filiale nach Würzburg (Kaiserstraße) und Bad Kissingen (Ballingbasar), und beide Kinder (Tochter Ursula und Sohn Jörg) steigen ins Geschäft ein. Man beschäftigt Verkäufer, Näherinnen, Bürokaufleute, Buchhalter und Dekorateure, insgesamt rund 30 Angestellte und Auszubildende an den drei Standorten.
Den Modetrend schon im Voraus zu (er)kennen und auf der Höhe der Zeit zu sein, diese Berufung mündet bei Ditzel Moden zum Beispiel 1970 in der Eröffnung der Abteilung „Atomic-Center“ – extra sportliche Eleganz für den modebewussten Mann. Neun Jahre später steigt Ditzel auch ins Damenmodegeschäft ein.
Seit 1978 als GmbH feiert das Familienunternehmen 1988 das 50-jährige Bestehen und betrauert im November 1990 den Tod des Grandseigneurs Otto Ditzel. Sohn Jörg (1945-2001) wird schließlich Alleininhaber und sieht Tochter Barbara – nach abgeschlossenem Bank-Betriebswirtschaftsstudium bei der Städtischen Sparkasse – in seine Fußstapfen treten.
Brückenstraße lebt auf
Erleben mussten seine Kunden und er in den 1990er Jahren den unattraktiven Anblick der Parkgaragenruine gegenüber. Erleben darf man im Folgejahrzehnt dann aber auch die radikale Veränderung der Brückenstraße: angefangen mit der Eröffnung des Museum Georg Schäfer 2000 über die Sanierung des Ebracher Hofs bis hin zum Bau des Hauptzollamts 2006.
Das „Gesicht“ des Firmen-Stammhauses prägt so nach den Jahren der Abriss- und Bauphasen in gewohnter Spannweite die Flaniermeile vom Markt zum Main. Und dass die Brückenstraße dieses Prädikat zeitweise nicht mehr verdiente und nun wieder verdient, sei für das Haus Ditzel spürbar gewesen, deutet die Firmenchefin vielsagend an: „Die Konsumstruktur verändert sich.“ Schnell und radikal – wie die Mode.
Das durch die Schließung der beiden Filialen entschlackte Unternehmen spürt den Schweinfurter Aufwind, reitet geschickt die Welle der neuen Modetrends und beweist – entgegen des vielzitierten Geschäftesterbens in der Innenstadt – das richtige Gespür für den Bedarf des „Markts“.
Spendenaktion
Anlässlich des Firmenjubiläums initiiert Ditzel übrigens eine Spendenaktion zu Gunsten der Aktion „Harl.e.kin Nachsorge“ von Leopoldina-Kinderklinik und Caritas-Frühförderstelle und wird die durch den Verkauf von süßen Florentinern erwirtschaftete Summe verdoppeln.