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SCHWEBHEIM/SCHWEINFURT
Anwalt der Wespen und Hornissen
Beauftragter für Hymenoptera: Lothar Schwarz wird gerufen, wenn sich Hautflügler beim Menschen als Untermieter einnisten.
Durch eine Öffnung unter dem Dach in der Bildmitte kommen die Wespen zu ihrem Nest.
Foto: Anand Anders | Durch eine Öffnung unter dem Dach in der Bildmitte kommen die Wespen zu ihrem Nest.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 09.12.2014 05:52 Uhr

Wenn der Schwebheimer Lothar Schwarz anfängt, über Wespen, Bienen und Hornissen zu sprechen, dann ahnt der Zuhörer schnell, dass es unendlich viel über diese faszinierenden Insekten zu wissen gibt. Lothar Schwarz ist der Hymenoptera-Beauftragte von Stadt und Landkreis Schweinfurt – also der Experte für Hautflügler.

Zu den Hautflüglern gehören Ameisen, Bienen, Hornissen und Wespen, und vor allem letztere neigen dazu, ihre Nester da hinzubauen, wo der Mensch sie nicht so gerne haben möchte. Zum Beispiel direkt an den Türstock eines Gartenhäuschens. Oder, dies gilt vor allem für Hornissen, in den Rollokasten des Wohnzimmerfensters. Früher riefen die unfreiwilligen Gastgeber die Feuerwehr, damit sie das Nest entferne. „Die ist dann angerückt, hat Gefahr im Verzug festgestellt und mit Gift alles plattgemacht“, sagt Lothar Schwarz.

Doch die Feuerwehr ist nicht mehr zuständig. Zuständig ist der Hymenoptera-Beauftragte. Und der räumt gerne mit Vorurteilen auf. Zum Beispiel, dass Wespennester unweigerlich eine Gefährdung für den Menschen darstellen. „Wenn man einen Sicherheitsabstand von zwei bis drei Metern bei Wespen und vier bis fünf Metern bei Hornissen einhält, werden die Tiere nicht aggressiv“, sagt Schwarz.

Ein weiteres Vorurteil, dem der Experte immer wieder begegnet, ist, dass Wespen unter Naturschutz stehen und ihre Nester nicht angetastet werden dürfen. Selbstverständlich dürfen Wespennester umgesetzt werden, wenn sich Menschen bedroht fühlen, sagt Schwarz. Dafür fordert der Gesetzgeber – anders als bei Hornissennestern – zwar keine Genehmigung, wohl aber Sachverstand. Den kann man in zweitägigen Fortbildungen erwerben, sagt Lothar Schwarz – ein Aufwand, den wohl die wenigsten Menschen betreiben dürften, nur, um ein Nest loszuwerden.

Also doch lieber ein Anruf beim Hymenoptera-Beauftragten, der über die Unteren Naturschutzbehörden in Stadt und Landkreis zu erreichen ist (Telefonnummer siehe unten). „Die wissen immer, wo sie mich finden.“ Schritt eins ist dann die Beratung. Lothar Schwarz wirbt sehr beredt für seine Schützlinge und den Verbleib ihrer Nester. Die Wespenvölker leben nur ein Jahr, die aktivste Zeit ist von Mai bis Oktober, dann sterben sie bis auf ein paar junge Königinnen, die sich irgendwo außerhalb des Nests einen Unterschlupf für den Winter suchen und dann im nächsten Jahr ein neues Volk in einem neuen Nest aufbauen.

Niemand braucht also Angst zu haben, dass das Nest auf seinem Dachboden von Jahr zu Jahr größer wird. Obwohl selbst die einjährigen Nester aus dem papierähnlichen Material, das die Wespen aus trockenem Holz und Speichel herstellen, recht eindrucksvolle Ausmaße annehmen können. Zum Beispiel in diesem Sommer das auf dem Dachboden des Schweinfurters Theo Huttner, das knapp einen Meter lang und etwa 35 Zentimeter breit wurde.

„Ende des Jahres kann er es gefahrlos abnehmen. Schulen freuen sich oft, wenn man ihnen so ein Nest als Unterrichtsmaterial anbietet“, sagt Lothar Schwarz. Theo Huttner war denn auch weniger besorgt denn fasziniert von dem Bauwerk, das unter seinem Dach heranwuchs. „Es ist eine Attraktion in der Familie, ich habe es zum Beispiel den Enkeln gezeigt“, sagt er.

Wenn Lothar Schwarz doch einmal ein Nest umsetzt, etwa, weil in nächster Nähe Menschen leben, die auf Stiche allergisch reagieren würden, dann geschieht das nachts, wenn der allergrößte Teil des Volks daheim ist und schläft. Das Nest wird abgenommen und in einem Schwarmsack untergebracht. „Das muss ganz schnell passieren“, sagt Lothar Schwarz. „Bei Hornissen müssen wir zweimal kommen, weil da 20 Prozent des Volks auch nachts unterwegs sind.“

Nächster Schritt: Schwarz gibt das Nest in einen Umsetzkasten, den er selbst entwickelt hat, und hängt es in einem Waldstück auf. Wobei zwei Dinge zu beachten sind: Der neue Standort muss mindestens drei bis fünf Kilometer vom alten entfernt sein, sonst fliegen die Wespen wieder genau dahin zurück, wo sie hergekommen sind. Und der Besitzer des Waldstücks oder der zuständige Bürgermeister muss mit der Ansiedelung einverstanden sein.

Das ist nicht immer einfach. Deshalb will Lothar Schwarz einen Antrag im Kreistag stellen, dass der Landkreis einen Bienenhof einrichten möge – eine Fläche, auf der möglichst viele Arten unterkommen und sich wohlfühlen können. „Jeden Tag sterben 130 Arten aus“, sagt der engagierte Naturschützer Lothar Schwarz, der auch in der Greifvogelstation und bei der Bürgerhilfe Schwebheim mitarbeitet. „Mensch und Tier soll man nicht trennen, sie sind eine Symbiose.“

Zu erreichen ist Lothar Schwarz über die Unteren Naturschutzbehörden von Stadt und Landkreis: Tel. (0 97 21) 51 34 56 (Stadt) und Tel. (0 97 21) 55 57 3 (Landkreis). In Notfällen hilft auch die Integrierte Leitstelle: Tel. 112.

Lothar Schwarz
Foto: Ursula Lux | Lothar Schwarz
Das stattliche Wespennest auf dem Dachboden von Theo Huttner in Schweinfurt. Ende des Jahres wird das Volk ausgestorben sein, dann kann das Nest gefahrlos abgenommen werden.
Foto: Anand Anders | Das stattliche Wespennest auf dem Dachboden von Theo Huttner in Schweinfurt. Ende des Jahres wird das Volk ausgestorben sein, dann kann das Nest gefahrlos abgenommen werden.
 
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