Die Stadt Fürth hat sie schon, Aschaffenburg will sie, Schweinfurt lehnt sie ab: eine kommunale Vergabeordnung, die bei öffentlichen Auftragsvergaben auch soziale und ökologische Kriterien berücksichtigt. Der fraktionsübergreifende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, Freie Wähler, proschweinfurt, SPD und Zukunft./ödp an die Stadt Schweinfurt, einen entsprechenden Kriterienkatalog zu entwickeln und diesen dem Stadtrat zur Beratung vorzulegen, wurde mit der Mehrheit von CSU, FDP und AfD abgelehnt.
Um was geht es? Ziel der angestrebten Vergabeordnung sollte es sein, dass keine Benachteiligung für Unternehmen entsteht, die Löhne nach Tarif zahlen und ökologisch ausgerichtet sind. Sie ziehen bei Auftragsvergaben mitunter den Kürzeren, weil sie aufgrund ihrer höheren Kosten preislich bei Ausschreibungen nicht mithalten können.
"90 Prozent der Auftragsvergaben laufen über den Preis", hat Frank Firsching (Die Linke) festgestellt, der den Antrag vorstellte. Der Billigste bekomme den Zuschlag, wohingegen der "Bessere", der nach Tarif zahle und ökologisch ausgerichtet sei, nicht zum Zug komme. Mit ihrer wirtschaftlichen Kraft müsse die Stadt Schweinfurt aber auch für gute Arbeitsbedingungen eintreten. Bei der Auftragsvergabe sollten deshalb die Anwendung von Tarifverträgen und die Tariftreue ebenfalls berücksichtigt werden. Vorgeschlagen wurde eine Art Punktesystem, mit dem die Zuschlagskriterien entsprechend ihrem Stellenwert gewichtet werden.
Vorschläge zur Durchführung gab es im Antrag auch. So soll die Verwaltung dem Stadtrat jährlich Bericht erstatten über die Anwendung dieser Kriterien. Außerdem soll sie die Einhaltung der Vergabekriterien stichprobenartig überprüfen. Und weiterhin soll sich die Stadt Schweinfurt für ein Landestariftreue- und Vergabegesetz einsetzen.
Stadtverwaltung prognostiziert zusätzlichen Verwaltungsaufwand
Die Stadtverwaltung hält nicht viel von dieser Idee, sie hatte in ihrer Beschlussvorlage deshalb empfohlen, den Antrag abzulehnen. Finanzreferentin Anna Barbara Keck verwies auf den zusätzlichen Verwaltungsaufwand und die jetzt schon hohe Komplexität des Vergaberechts. Jedes weitere Element würde die öffentliche Aufgabenerfüllung erschweren. Auch sei es nicht Kernkompetenz der Verwaltung, die Einhaltung tarifrechtlicher Regelungen zu kontrollieren.
Zu befürchten sei zudem, dass sich kleine mittelständische Unternehmen wegen des steigenden Verwaltungsaufwands als Bieter vom Markt öffentlicher Ausschreibungen zurückziehen. Derartige Tendenzen seien schon heute spürbar, sagte Keck. Im übrigen würden die städtischen Vergaberichtlinien bereits ausreichend Regelungen zu sozialen und ökologischen Zuschlagskriterien enthalten, ergänzte sie.
OB warnt vor einer Komplizierung von Auftragsvergaben
Genau aus den von der Verwaltung genannten Gründen habe die CSU den Antrag "bewusst" nicht unterschrieben, erklärte Fraktionssprecher Stefan Funk. Es gebe jetzt schon eine Vielzahl an Vorschriften und Richtlinien. Mit einer zusätzlichen Verordnung mache man es dem Mittelstand noch schwerer, sich für öffentliche Aufträge zu bewerben. "Handwerkshände gehören an die Werkbank nicht an den Schreibtisch", brachte es Funk auf den Punkt.
Die AfD sieht auch keine Notwendigkeit für eine kommunale Vergabeordnung. Damit würde man der Verwaltung eine tarifliche Kontrollpflicht aufbürden, die bereits durch Fachbehörden, beispielsweise dem Zoll, geregelt sei, sagte Richard Graupner.
Rüdiger Köhler (CSU) sieht in solchen Dingen nicht die kommunalen Verwaltungen in der Pflicht, das müsse auf übergeordneter Ebene geklärt werden. Er riet abzuwarten, bis der Freistaat Bayern entsprechende Richtlinien erstelle.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé befürchtet eine Verkomplizierung der Vergabe und einen deutlichen Mehraufwand. "Das ist das Gegenteil von der immer wieder geforderten Entbürokratisierung." Auch verwies er darauf, dass die knappe Mehrheit deutscher Unternehmen sowieso nicht tarifgebunden sei, manche sogar über Tarif bezahlten. Die Firmen müssten dann ihre Gehaltsstruktur offen legen.
Stadt hat Vorbildfunktion
Die Vertreterinnen und Vertreter der antragstellenden Fraktionen stellten klar, dass es nicht nur um Tariftreue und ökologische Standards gehe. "Das sind nur zwei Kriterien unter vielen", erklärte Firsching noch einmal die Intention des Antrags.
Trotzdem sei es wichtig, dass ordentliche Löhne gezahlt werden, betonte Kathi Petersen (SPD). In Schweinfurt lebten viele Menschen an der Armutsgrenze, eine Tarifbindung würde ihnen weiterhelfen, weshalb Tariftreue als Vergabekriterium durchaus zu gewichten sei, zumal es in Bayern kein Tariftreuegesetz gebe.
Marietta Eder (SPD) sieht die Stadt in einer Vorbildfunktion. Viele Aufträge werden an Unternehmen aus der Region vergeben und sichern so Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort. Mit ihrer wirtschaftlichen Kraft müsse die Stadt deshalb gleichzeitig auch für gute Arbeitsbedingungen eintreten.
Bislang gibt es in der Stadtverwaltung keine allgemeingültige Vergabeordnung, die ämterübergreifend Anwendung findet. Sie wird es auch künftig nicht geben, nachdem der Stadtrat schon den Prüfauftrag mit 23:18 Stimmen abgewiesen hat.
Warum verwundert das langsam alles nicht mehr?