Der Kreis schließt sich. Saliya spaziert an der Hamburger Alster entlang, fühlt den Weg, den ihm der Wind weist, spürt, ob er auf Asphalt, Gras oder Sand unterwegs ist. Saliya ist fast blind, sieht nur noch wenige Konturen. So beginnt und endet "Mein Blind Date mit dem Leben". Das Stück nach dem Buch von Saliya Kahawatte, für das Stefan Zimmermann die Bühnenfassung geschaffen hat, die jetzt im Evangelischen Gemeindehaus, der Ersatzspielstätte für das zu sanierende Theater, in der Inszenierung des a.gon Theaters München (Johannes Pfeifer) gezeigt wurde.
Rückblick. Saliya zeichnet seinen Lebensweg nach. Im Alter von 15 Jahren verliert der Deutsch-Singhalese sein Augenlicht. Er wird zum Behinderten, will das nicht wahrhaben, verweigert sich dem Abgeschobensein mit großem Willen und mogelt sich trotz der Sehschwäche in ein Ausbildungsverhältnis im renommierten Bayerischen Hof in München. Das ist einerseits anrührend und doch immer wieder urkomisch, wenn der Lehrlinge Menschen die Hand ins Nirgendwo reicht, oder einen Tisch decken soll, den er kaum sieht. Dass er einmal in eine Hochzeitstorte fällt, wird (leider) nur erzählt.
Die Charaktere des Stücks
Die Inszenierung ist ganz nah am Text. Die Bühne, hohe transparente Stellwände, die in verschiedenen Farben beleuchtet werden, ist funktional schlicht. Ein paar Stühle noch, Tische, das funktioniert. Zu sehen sind fünf gute Schauspieler, die gleich mehrere Rollen zu bewältigen haben. Da ist natürlich zunächst Benedikt Zimmermann, ein wenig trotzig stemmt er sich gegen sein Schicksal, dem "Augen auf", seiner Ausbilderin, der Hausdame, begegnet er gelassen.
Dann der Absturz. Scheitern mit dem eigenen Bistro, Krebserkrankung, Medikamenten- und Alkoholsucht. Zimmermann schafft das souverän. Stark der Kranke, der sich aufgeben will und dann die Wende schafft, als Coach und Talkshow-Gast. Das wirkt dann doch etwas konstruiert, wird vielleicht deshalb nur knapp in Szene gesetzt.
Wenn Lutz Bembenneck (auch Vater und Arzt) als kalter Vollstrecker des Sozialamtes Saliya die Träume zu verbauen sucht, gewinnt das Ganze durchaus aktuellen Bezug. Saskia Valencia zeigt einerseits eine resolute Hausdame und dann wiederum eine mitleidende Mutter. Dorothee Weingarten ist eine liebend Leidende, Emery Escher, ein lockerer Typ, der eigentlich nicht ins Nobelhotel passt, aber sehr viel Empathie für Saliya entwickelt. Das Publikum dankte im nur halbgefüllten Gemeindehaus mit langanhaltendem Beifall.