Es ist ein sehr spontaner Protest, zu dem sich mehrere Dutzend Bewohner des unterfränkischen Ankerzentrums in Geldersheim entschließen. Am Montagmorgen, gegen 6.30, versammeln sie sich mit Koschgeschirr – Pfannen, Töpfen, Löffeln – am metallenen Eingangstor, klopfen dagegen, halten Schilder mit Parolen und Forderungen hoch. "Freiheit" steht auf einem Zettel. Sie verlangen Presse, ihre Klagen und Forderungen sollen gehört werden.
"Wann dürfen wir raus?"
Als die Presse da ist, wird es richtig laut. Viele reden aufgeregt, teils aufgebracht durcheinander. Dicht gedrängt stehen die Migranten, von Corona-Abstand keine Spur, fast niemand trägt Mund-Nasen-Schutz. Doch irgendwann wird ihr Anliegen deutlich und liegt auch auf der Hand: Sie protestieren dagegen, dass sie – genauer: die Mehrheit von ihnen – seit acht Wochen das Ankerzentrum nicht verlassen dürfen. Es gilt Quarantäne, solange Bewohner Corona-positiv und die Kontaktketten nicht klar nachvollziehbar sind, sagt Einrichtungsleiter Benjamin Kraus.
Kraus sind die Fragen und Anliegen der Bewohner – fast alle Migranten aus afrikanischen Ländern – nicht neu: "Wann dürfen wir raus? Warum müssen wir hier drin bleiben? Es gibt kein Corona. Wir sind doch gesund, werden aber schlechter behandelt als die da draußen." Es gebe kein Defizit an Informationen, sagt Kraus. Das Ergebnis – die Quarantäne – gefalle den Leuten nicht. Sie wollten ein klares Datum für die Öffnung hören. Das könne er ihnen aber nicht sagen, so Kraus. Bisher ist alles friedlich.
Die Demo wird zur Randale
Dann aber ziehen sich die Wortführer und die zornigsten Protestierer in die Anker-Einrichtung zurück und beginnen zu randalieren. Sie attackieren die Essensausgabe, nehmen Bewohnern das Mittagessen weg und werfen es herum. Rasenmäharbeiten werden behindert, sagt der Polizeisprecher. Als Polizisten reingehen, um das zu unterbinden, seien sie angegangen worden. Verstärkung rückt nach, unterstützt von Landes- und Bundespolizei, auch Polizeihubschrauber sind jetzt im Einsatz.
Am späten Nachmittag ist die Lage so weit unter Kontrolle. 16 Personen sind jetzt in Gewahrsam, die Sicherheitskräfte sichten ihr Material auf Straftaten und -täter. "Das wird sich noch in den Abend hineinziehen", sagt der Polizeisprecher. Wie viele an den aggressiven Tumulten beteiligt waren, stehe noch nicht fest. Ein Beamter der Schweinfurter Polizei sei durch einen Biss in den Oberschenkel leicht verletzt worden, heißt es in einer Pressemitteilung der Polizei.
"Die Schweinfurter Polizei wird die Nacht über mit ausreichend Kräften vor Ort bleiben, um die Lage zu beobachten und für Ruhe und Sicherheit in der Ankereinrichtung zu sorgen", heißt es am späten Abend noch in einer Pressemitteilung.
Derzeit elf Personen isoliert
Von den 580 Bewohnern des Ankerzentrums wurden seit Ausbruch der Corona-Pandemie bisher 137 als infiziert registriert, von denen die allermeisten genesen seien, sagt Ankerzentrum-Leiter Kraus. Zurzeit gebe es noch elf erkrankte Personen in gesonderter Isolierung. Und: 125 Bewohner, die Covid-19-positiv getestet waren, seien inzwischen genesen und zeigten keine Symptome mehr. Nur sie dürften wieder raus. Das werde im Hausausweis vermerkt. Für den Rest der Bewohner gilt weiter Quarantäne.
Kraus hofft, "dass wir an einen Punkt kommen, wo wir wieder aufmachen können". Darüber aber entscheidet das Gesundheitsamt. Das teilt auf Anfrage mit, der jüngste positiv getestete Fall sei erst am letzten Sonntag, 17. Mai, festgestellt worden. "Ab diesem Datum gilt eine 14- tägige Quarantäne."