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SCHWEINFURT
Andacht am Mahnmal für die Zwangsarbeiter
Pfarrerin Christhild Grafe mit Klaus Hofmann, dem Initiator der „Initiative gegen das Vergessen“.
Foto: Siegfried Bergler | Pfarrerin Christhild Grafe mit Klaus Hofmann, dem Initiator der „Initiative gegen das Vergessen“.
sbe
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:51 Uhr

Exakt da, wo im Dritten Reich die Baracken „Mittlere Weiden“ auf den Oberndorfer Wiesen standen, fand zum fünften Mal eine von evangelischen Kirchengemeinden Schweinfurts organisierte Andacht statt. Fast auf den Tag genau, am 25. September 2011, war der Gedenkort für die ehemaligen 10 000 Zwangsarbeiter eingeweiht worden, die bei Kugelfischer und anderswo in Schweinfurt unter menschenunwürdigen Umständen gegen ihren Willen arbeiten mussten.

Bei der Andacht am Montag waren viele Konfirmandinnen und Konfirmanden von St. Lukas, Gustav Adolf, der Auferstehungs-, Dreieinigkeits-, Christus- und Kreuzkirche, doch im Unterschied zum Vorjahr sah man unter den 40 Besuchern nur wenige Erwachsene. Pfarrerin Christhild Grafe (Kreuzkirche-Oberndorf) betonte, es gehe um das Stiften von Erinnerung an Orten, die Teil unserer Geschichte und Biografie seien, und appellierte an Wachsamkeit und Sensibilität heute.

„Mensch bleibt Mensch“ lautete das Leitthema. Zunächst durften sich die Konfirmanden mit Texten von vier Zeitzeugen auseinandersetzen, die damals kaum älter als sie waren. Per QR-Code konnten sie mithören, dass die meisten Verschleppten täglich zwölf Stunden in den Fabriken arbeiten mussten, kaum Essen bekamen oder bei Bombenangriffen nicht in die Bunker durften.

Klaus Hofmann, Sprecher der „Initiative gegen das Vergessen“, die seit 1981 durch Aufklärung rechtsextremen Tendenzen entgegentritt, stellte in seiner Ansprache die Frage: „Was ist der Mensch?“ Antwort: „Brutal, egoistisch einerseits – vernunftbegabt andererseits.“ Leider vergäßen Menschen schnell, neigten zur Verharmlosung. So würden neuerdings wieder öffentlich Kommentare zu hören sein wie: „Schade, dass die KZs nicht mehr im Betrieb sind.“ Darum sei es unabdingbar, Wissen weiterzugeben und immer wieder darauf hinzuweisen, was damals geschah. Nur so ließen sich leichtfertige Urteile, etwa über Asylbewerber, vermeiden.

Pfarrerin Eva Loos (Dreieinigkeitskirche) und Pfarrer Euclesio Rambo (Gustav Adolf) hielten eine Dialogpredigt, wobei Rambo Fragen stellte und Loos antwortete. Beispielsweise: Was sagt die Bibel dazu? Im 1. Kapitel des 1. Mosebuches steht, dass Gott den Menschen erschaffen hat. Das bedeutet: Alle sind gleich gleichwertig, gleich würdig. In allen Menschen begegnet Gott oder Jesus, der lehrte: „Alles, was euch die Menschen tun sollen, das tut ihnen auch.“ Kurzum: „Der Mensch muss Mensch bleiben.“

Begleitet wurde die Andacht musikalisch von Jugendreferent Johannes Michalik. Mit einem Friedensgebet endete sie. Viele der jungen Leute verließen schweigend den Gedenkort. Zurück blieben acht Rosen, niedergelegt auf der halbrunden Steinbank, auf der Artikel 1 des Grundgesetzes eingraviert ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Blumen am Mahnmal, das an die Zwangsarbeiter erinnert, die in Schweinfurt im Dritten Reich ausgebeutet worden sind.
Foto: Siegfried Bergler | Blumen am Mahnmal, das an die Zwangsarbeiter erinnert, die in Schweinfurt im Dritten Reich ausgebeutet worden sind.
 
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