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GEROLZHOFEN
An Tagen wie diesen
Auch im zehnten Jahr seines Bestehens hat das Kneipenfestival in der Steigerwaldstadt nichts von seiner Strahlkraft verloren
Voller Inbrunst: „Overdrive“-Sänger Stefan Nees bei der Geo-Live-Night.
Foto: Matthias Endriss | Voller Inbrunst: „Overdrive“-Sänger Stefan Nees bei der Geo-Live-Night.
Matthias Endriß
 |  aktualisiert: 23.03.2015 08:54 Uhr

Im August 2015 ist es soweit: Die „Geo Live Night“ feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Und auch nach einem Jahrzehnt hat das von der Wirtegemeinschaft ausgerichtete Kneipenfestival in der Steigerwaldstadt von seiner Strahlkraft nichts eingebüßt. Einige Kultkneipen von einst, wie das Irish Pub oder das Kino, sind im Laufe dieser Zeitspanne von der Bildfläche verschwunden, andere Lokale dafür hinzugekommen. Manche Bands kamen einmal und dann nie wieder, andere haben sich über Jahre bei der Geo-Live-Night etabliert und gehören längst zum Establishment.

Es ist die Mischung aus Bewährtem und Neuem, aus knackigem Rock und ruhigeren Akustik-Nummern, welche die Live Night seit jeher ausmacht. Eine kleine Frischzellenkur kann jedenfalls nicht schaden. Bestes Beispiel: Die Frühjahrs-Live-Night am vergangenen Samstag.

Eintauchen in eine Nacht voller Live-Musik. Erste Station ist die Weinstube am Markt. Das Festival läuft gerade mal eine halbe Stunde, noch hält sich das Gedränge in Grenzen. Die Nachtschwärmer ziehen erst los. Musikalische Gäste sind hier heute „Crash unplugged“. Die fünfköpfige Formation hat sich in Forchheim gegründet, die Mitglieder aber sind quer über das Frankenland verstreut. Für „Crash unplugged“ ist es das Live-Night-Debüt. Johannes Nagengast, den sie bandintern „Alfons“ nennen, ist von der Stimmung jedenfalls schon einmal schwer beeindruckt. „Super, da ist richtig was los“, sagt er und nickt anerkennend.

Nagengast und seine Mitstreiter spielen sich querbeet durch die Rockhistorie: „Was uns halt selbst gefällt.“ Das Repertoire reicht von Alanis Morissette über Police bis hin zu Eric Claptons „Layla“. „Das wird als Unplugged-Version sehr selten gespielt“, verrät Crash-Gitarrist „Alfons“. Überhaupt verstehe sich Crash nicht als typische Cover-Band: „Wir versuchen, bekannte Songs auf unsere ganz eigene Weise zu interpretieren.“ Eigenkompositionen sind auch im Programm. „Aber nur eine oder zwei“, so Nagengast, „dafür fehlt uns etwas die Zeit.“

Ein Gast kommt nach vorne und moniert, dass der Sound im hinteren Teil des Raums schlecht sei. Johannes Dippacher legt seine Gitarre zur Seite, schnappt sich das Tablet und verschwindet im Publikum, um die Tonspuren neu einzupegeln. „Ich hoffe, ihr versteht uns jetzt besser“, ruft er dann ins Mikro. Beschwerden kommen keine mehr.

Unter die Besucher in der Weinstube hat sich auch Bürgermeister Thorsten Wozniak mit seiner Frau Anita gemischt. Er hat die Live Night in den zurückliegenden zehn Jahren auch schon als Musiker erlebt. Juckt es da nicht ein wenig, selbst wieder einmal das Mikrofon in die Hand zu nehmen? „Bei der Live Night eigentlich nicht“, sagt er: „Das muss man denen überlassen, die das können.“ Denn bei einem solchen Festival seien Songs gefragt, die die Leute kennen und die deshalb auch als Hintergrundmusik zur Unterhaltung taugen – und weniger eigene Stücke. „Doch beim Zehnjährigen im August stehe ich auch wieder auf der Bühne“, verrät Wozniak schon mal. Diesmal schaut er nur, was die Kollegen so machen. Und von deren Qualität ist er überzeugt: „Tolles Festival. Tolle Bands. Gut für Gerolzhofen.“

Weiter geht es durch die Nacht. In der „Distelstube“ gibt es auch neue Klänge, aber voll ist es „bei Biggi“ wie immer. Zwei Gitarren, vier bunte Lichter – viel mehr braucht es nicht, um gute Stimmung zu verbreiten. „Mr. Anplagged“ Klaus Allert und seine Mitstreiterin Manu Katzenberger bemühen gerade die irische Kultband U2: „I still haven't found what I'm looking for“. Was nur bedingt stimmt, denn wer groovende Musik gesucht hat, wird hier mit Sicherheit fündig. Und weil's gerade so schön ist, hauen die beiden mit „With or without you“ gleich den nächsten Hammer von Bono und Co. raus.

Die Marktstraße runter trifft man auf den Brauereigasthof Weinig. Hier rocken sich gerade „Overdrive“ auf Betriebstemperatur. Die Nacht ist kühl, die Halle ist es auch. Sängerin Monika Roth hat sich beim Griff in den Kleiderschrank jedenfalls für etwas Wärmendes entschieden. „Die Sängerin mit der Winterjacke“ frotzelt Gitarrist Stefan Nees, der im T-Shirt über die Bühne wuselt. Aerosmith, Survivor, Tina Turner – das Sextett fährt einen Rockkracher nach dem anderen auf. Nees gibt alles, um das Publikum zum mitklatschen, mithüpfen, mitsingen zu inspirieren. Und der Funke springt über. Gerade bei Stücken wie „Ein Hoch auf uns“ oder „An Tagen wie diesen“ gehen die Zuhörer mit – ein Hauch von Sommermärchen in einer gar nicht mal so warmen Frühlingsnacht.

Achim Winkelmann trifft in der Weinig-Halle einen alten Bekannten wieder. Klaus Rüfer ist ein Kollege von ihm beim Bayerischen Rundfunk, bei „Overdrive“ bearbeitet er das Schlagzeug. Von ihm weiß er auch, dass „Overdrive“ schon länger mit einem Auftritt im Steigerwald liebäugelten. Und jetzt, da es geklappt hat, lassen sie sich auch nicht lumpen. „Das ist die Musik, die man vor 20 Jahren in der Disco gehört hat“, meint Winkelmann: „Wie eine Zeitreise zurück in die Jugend. Und handwerklich sehr gut gemacht.“

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Ein Haus weiter, beim Schlapp'n, trifft man ein bekanntes Gesicht: Günter „Hoss“ Spannrad, einst „Shamrock“-Wirt, Mitinitiator und Gesicht der Live Night. Heute steht er hier am Einlass, kontrolliert die Bändchen und plaudert mit alten Bekannten. Drinnen sorgen „G-String“ für Stimmung. Vier Mann mit Gitarre, Bass und Percussion sowie jeder Menge Rockgeschichte von Bon Jovi bis Whitesnake im Repertoire. Und zumindest einer der Vier, Walter Loos, hat auch schon Einiges an Live-Night-Erfahrung – weniger jedoch mit G-String, als vielmehr mit Elala.

Auch Victoria Semel, die mit ihrem Partner Benedikt Schlereth im Bellini gastiert, ist nicht ganz neu beim Gerolzhöfer Kneipenfestival. „Ich habe schon einmal da drüben gespielt“, sagt sie und zeigt mit dem Finger zu „Hoss'“ einstigem Irish Pub: „Allerdings mit einer anderen Band.“ Heute nennt sich ihr Projekt „Days of Wine and Roses“, und es gibt Coversongs unplugged, „von modernem Pop bis hin zu Rockklassikern, auch mal Jazz oder Eigenkompositionen.“ Und „Happy Birthday“, das Victoria pünktlich um Mitternacht für einen Gast zum Geburtstag anstimmt.

Blieben noch die absoluten Urgesteine der Live Night, die Band Zero. Für viele ist ihre rockige Show mit dem „Who ist who“ der Rockgeschichte – von AC/DC über die Scorpions, van Halen, Kiss, Alice Cooper bis hin zu ZZ Top – der Live-Night-Absacker schlechthin. Deshalb füllt sich der Tröster-Saal immer mehr, je weiter die Zeiger der Uhr auf das offizielle Live-Night-Ende zu rücken. Solche Live-Erlebnisse bleiben in Erinnerung – an Tagen wie diesen.

 
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