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SCHWEINFURT
Altlast der Fabenfabrik Gademann wird eingemauert
Unter den 62 Eintragungen im Altlasten-Kataster der Stadt ist die Hinterlassenschaft der Buntfarbenfabrik Gademann im ersten Wehr die übelste. Damit von ihr keine Gefahr mehr ausgeht, wird sie eingekapselt. Die Bauarbeiten werden zum Jahresende abgeschlossen sein.
Ein starker Wasserstrahl mischt das Erdreich mit Binde-, Aufschwemmungsmitteln und Zement. Während eine Bohrmaschine nur ein bis zu neun Meter tiefes Loch schafft, presst eine zweite Maschine das Gemisch in den Untergrund (Bild).
Foto: FOTO Waltraud Fuchs-Mauder | Ein starker Wasserstrahl mischt das Erdreich mit Binde-, Aufschwemmungsmitteln und Zement. Während eine Bohrmaschine nur ein bis zu neun Meter tiefes Loch schafft, presst eine zweite Maschine das Gemisch in den ...
Von unserem Redaktionsmitglied Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 23.10.2009 15:35 Uhr

Auf dem ehemaligen Fabrikgelände zwischen dem heutigen Jogger-Parkplatz und dem FC-Altstadt wurden bis 1864 Mineralfarben produziert, drunter das hochgiftige „Schweinfurter Grün“. In den 1960er Jahren wurden die Fabrikgebäude abgerissen, nur noch das Wohnhaus steht. Über die Hügel, die die Abrissbagger hinterließen, ist längst Gras gewachsen. Darunter schlummern 200 Tonnen Arsen – Abfallprodukt bei der Herstellung des Schweinfurter Grüns.

Über den Grundwasserstrom gelangen aktuell täglich 1000 Gramm des hochgiftigen Stoffes in den „Saumain“. Problematisch ist zudem die Nähe zu den Brunnen der Schweinfurter Trinkwasserversorgung auf der entgegengesetzten Seite der Altlast, wobei die ständigen Messungen noch nicht einmal einen Verdacht auf Arsen in den Brunnen ergaben. Trotzdem will die Stadt auf die ganz sichere Seite.

Am Mittwoch schauten sich Baujurist Jürgen Mainka und Kämmerer Martin Baldauf auf der Baustelle um. Bislang ist von einer Investition über 2,4 Millionen Euro und von Folgekosten von 1,6 Millionen Euro die Rede. Die Ortsbesichtigung zeigte jedoch, dass diese Kostenschätzungen eher unter- als übertroffen werden. Gegenüber einem Ausbaggern des verseuchten Erdreiches und Verfrachten auf eine Spezialdeponie ist das ausgewählte Verfahren klar die kostengünstigere Lösung. Der Abtransport würde sich auf geschätzte 45 Millionen Euro summieren.

Errichtet wird in den kommenden Wochen eine 540 Meter lange Spundwand, die die Altlast großteils umschließt. Ein Abfluss von Regenwasser ist dann nur noch in Richtung Saumain möglich. Die weit wichtigere Grundwasserströmung, die in erster Linie für den täglichen Eintrag von 1000 Gramm Arsen in den Saumain sorgt, wird völlig unterbunden.

Gezielte Untersuchungen der Altlast und deren Gefährlichkeit fanden seit 2006 statt. Sie ergaben aufgrund der Höhenunterschiede, dass das belastete Grundwasser ausschließlich Richtung Saumain und nicht zu den Brunnen wandert. Doch weil dies nicht immer so bleiben muss, kommt jetzt die Barriere aus „Beton“.

Bis zu neun Meter tief

Gegründet wird die acht bis neun Meter Tiefe Trennwand im Muschelkalk, also im Fels unter dem Niveau der Flusssohle. Dabei setzt die Stadt auf eine Technik, die die Firma Keller aus Garching seit über 30 Jahren anwendet. Herzstück des „Düsenstrahlverfahrens“ ist eine Hochdruckpumpe. Sie schickt mit 400 Bar das Wasser über einen Hochleistungsschlauch zum Einsatzort. Dort wird das Wasser samt Zement und Bindungsmitteln über eine Düse in das Erdreich gespritzt. Die Austrittgeschwindigkeit des Gemisches beträgt an der Düse 100 Meter pro Sekunde.

Die Kraft dieses Wasserstrahls, der wie das Wasser bei einem Rasensprenger hin und her gedreht wird (und zwar um 192 Grad), zerstört zuerst mit brachialer Gewalt die Bodenstruktur, vermischt dann das Erdreich mit Aufschwemmungs-, Bindemitteln, Steinmehlen und Zement. Dabei wandert die Düse ganz langsam vom Fels an die Oberfläche. Zurück bleiben im Erdreich 240 Zentimeter starke Halbsäulen. An den Schnittstellen der Säulen misst die Wand immer noch über 60 (bei geforderten 40) Zentimeter. Dass der Sandanteil im Untergrund der Wehr extrem hoch ist, vereinfacht das Verfahrungen und stabilisiert es gleichzeitig. Getrocknet ist eine Halbsäule aus Boden versetzt mit Zement und den anderen Beigaben über Nacht.

Die für die Bohrung und für die Füllung verwendeten Maschinen sind Eigenkonstruktionen der Firma Keller. Auf der 540 Meter langen Strecke werden sie bis Weihnachten 2000 Kubikmeter Aufschwemmungsmittel und 15 000 Tonnen Bindemittel verarbeitet sowie 7000 Kubikmeter Erdreich im Untergrund bewegt haben.

Dem Einbau der Spundwand folgen Messungen beim verbleibenden Wasseraustritt in den Saumain, hervorgerufen dann nur noch durch Regen. Diese werden zeigen, ob ein zweiter Bauabschnitt überhaupt nötig ist. Er könnte eine Verlängerung der Spundwand bis auf eine Lücke von bis zu zehn Metern sein. Dort wären dann Eisengranulatfilter einzubauen, die das Arsen binden und den Saumain schützen.

 
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