Was es in anderen Städten schon lange gibt, erlebt in Schweinfurt im September seine Premiere: eine Seniorenwohngemeinschaft, in der das viel diskutierte „selbstbestimmte Wohnen im Alter“ ermöglicht wird. Endlich, muss man anmerken. Die gleichnamige Arbeitsgruppe der Lokalen Agenda 21 beschäftigt sich nämlich schon seit 1998 mit dem Thema. Nun ist der 2003 gegründete Verein „Freier Altenring Schweinfurt“ nach langem Suchen – in der Innenstadt scheiterten zwei Objekte – am Bergl fündig geworden.
Die Stadt- und Wohnbau GmbH (SWG) saniert seit geraumer Zeit in der Oskar-von-Miller-Straße seine Gebäude. Ein Block wird derzeit für die Seniorenwohngemeinschaft umgebaut. Hier entstehen auf drei Stockwerken 16 Wohnungen zwischen 58 und 73 Quadratmetern. Zusätzlich wird ein Gemeinschaftsbereich geschaffen, der von allen Wohnungen trockenen Fußes erreicht werden kann. Für 13 Wohnungen stehen die künftigen Bewohner schon fest: Fünfmal sind es Paare, achtmal Singles, also 18 Personen.
Um einen barrierefreien Zugang zu den Wohnungen zu gewährleisten, werden zwei Aufzüge installiert. Wegen der deshalb nötigen Umbauten gibt es statt der früher drei Eingänge nur noch zwei, die Nummer 95 und 99. Die Nummer 97 verschwindet.
Rede und Antwort stehen dieser Zeitung die Altenring-Vorsitzende Ulrike Stahl, das Vorstandsmitglied Birgit Hirt, Öffentlichkeitsarbeiterin Elisabeth Philipp und „Mädchen für vieles“ Edeltraud Ankenbauer. Ziel ist „Gemeinsam statt einsam" zu leben, der wesentlichste Grundsatz die nachbarschaftliche Hilfe.
Positive Gefühle
„Die Einsamkeit wird immer schlimmer“, sagt Elisabeth Philipp. In vielen anderen Wohnformen bleibe diese „Tatsache“ aber unbeachtet. Anders beim gemeinschaftlichen Wohnen, das auch in schwierigen Zeiten zu positiven Gefühlen und Lebenseinstellungen führe. „Das Alter ist die schwierigste Aufgaben im Leben, deshalb kommt sie zum Schluss, aber warum sollen wir das nicht gemeinsam lösen“, sagt Stahl.
Die vier Damen sprechen von einer alternativen Wohnform, die aber nicht etwa mit einer studentischen Wohngemeinschaft vergleichbar sei. Philipp nennt die Wohnform „zukunftsweisend“, weil zwar jedes Mitglied der Alten-WG in seiner eigenen Mietwohnung unabhängig ist, sein Leben möglichst selbst organisiert, aber der Wohngemeinschaft „offen und tolerant gegenübersteht“, sagt Philipp.
Keine der vier Interviewpartnerinnen gehört zu den ersten Bewohnern, aber sie machen sehr aktiv mit. Warum? Edeltraud Ankenbauer nennt sich selbst fit, sagt aber, dass sich das schnell ändern könne. Die 64-Jährige hat sich, auch weil sie alleinstehend ist, mit dieser Wohnform beschäftigt und sie finde sie gut und kümmere sich eben „rechtzeitig“.
Birgit Hirt wird mit ihren 48 Jahren auch nicht heute und morgen in einer solchen Wohnung einziehen, aber sie sieht in einer solchen Form des Wohnens ein soziales Netzwerk, weil „in der Wohngemeinschaft jeder wichtig ist“. Die demografische Entwicklung zeige, „wohin die Reise geht“, sagt sie. Die Anderen nicken zustimmend.
Wöchentlich wird bei der Alten-WG am Bergl im Gemeinschaftsraum ein Treffen stattfinden, bei dem Probleme, Anregungen, alle die Dinge besprochen werden, die das Funktionieren der Hausgemeinschaft betreffen. Die Bewohner entscheiden darin eigenverantwortlich über ihre Belange und bringen sich – je nach Neigung, Fähigkeit und auch Vermögen – in das System „Hausgemeinschaft“ ein. Wenn Aufgaben von einem Bewohner nicht mehr erbracht werden können, kann auch von außen Hilfe in Anspruch genommen. Beispielsweise ein Pflegedienst, Reinigungshilfen oder Essen auf Rädern. Schneeräumdienst im Winter, Reinigen der Gemeinschaftsräume, das lasse sich auch innerhalb der Gemeinschaft regeln.
Weiterer Standort gesucht
Was kostet das? Wie bei jedem Mietverhältnis Miete und Nebenkosten. Eine der Wohnungen kann nur mieten, wer Mitglied im Verein Altenring ist, der der Vertragspartner der SWG ist. Mitglied wird man für 30, Partner für 45 Euro im Jahr. Wer eine Wohnung gemietet hat, zahlt 100 beziehungsweise 150 Euro im Jahr. Damit finanziert der Verein Altenring seine Unkosten.
Der Verein ist bereits auf der Suche nach einem neuen Standort, hat Objekte im Auge. „Wer ein großes Gebäude hat, soll auf uns zugehen“, sagt Ulrike Stahl. Agenda-Gruppe und Freier Altenring treffen sich regelmäßig am ersten Freitag im Monat um 18.30 Uhr im Schrotturm und an jedem dritten Mittwoch im Monat ab 16 Uhr im AWO-Haus am Kornmarkt. Kontakt unter Tel. (0 97 22) 36 68.