Nachdem von der Sanierung und dem Umbau des früheren Gasthofs "Zur Schwane" in Gerolzhofen viele Monate wenig bis nichts zu sehen war, herrscht dort mittlerweile Hochbetrieb. Bis zum Spätsommer, so hoffen es die Verantwortlichen, soll das unter Denkmalschutz stehende, über 400 Jahre alte Gebäude am Floriansbrunnen bezugsfertig sein. Doch dies ist nur ein Teil des drei Millionen Euro teuren Gesamtprojekts, das sich die Gerolzhöfer Unternehmer Frank und Mario Döpfner vorgenommen haben.
Denn neben dem imposanten Haus mit den Stufengiebeln an der Ecke Rügshöfer Straße/Entengasse haben die Brüder auch den rückwärtigen Bettentrakt mit den Gästezimmern des früheren Hotel-Gasthofs samt des bis zur Nördliche Allee reichenden Gartens erworben. Diese in den 1970er Jahren entstandenen Gebäude werden ebenfalls modernisiert.
Insgesamt sind 15 Wohnungen geplant, berichtet Mario Döpfner. Acht davon möchten er und sein Bruder als möblierte Appartements von 15 bis 20 Quadratmetern gezielt für Saisonarbeiter ihres Fensterbaubetriebs zur Verfügung stellen. Sie wollen als Unternehmer damit einen zusätzlichen Anreiz schaffen, um qualifizierte Arbeitskräfte für die Firma zu finden. Die restlichen Wohnungen sind bereits alle vermietet, noch bevor diese fertiggestellt sind, berichtet Döpfner. "Der Bedarf in Gerolzhofen ist riesengroß", sagt er.
Gerolzhöfer Notariat zieht in den sanierten Altbau
In der kernsanierten ehemaligen "Schwane", dem Herzstück des Bauprojekts, wird laut der Bauherren das Gerolzhöfer Notariat, das bisher am Marktplatz eingemietet ist, einziehen. Dieses wird künftig große Teile des Erd- sowie des Obergeschosses im früheren Gasthof belegen. Dort lassen die Bauherren zudem zwei der geplanten 15 Wohnungen einrichten; an eine der beiden Wohnungen im historischen Gebäude ist ein Atelier angeschlossen, das ein örtlicher Grafiker im Dachgeschoss nutzen möchte.
Ursprünglich hatten die Döpfner-Brüder das Ziel, im früheren Gasthof Räume für eine Kieferorthopädie-Praxis zu schaffen. Verhandlungen mit zwei möglichen Interessenten waren weit gediehen, scheiterten dann jedoch, weil beide ihre Praxen letztlich doch nicht nach Gerolzhofen verlegen wollten. Deshalb mussten die bereits komplett ausgearbeiteten Sanierungspläne nochmals überarbeitet werden, was den anfänglichen Zeitplan laut Mario Döpfner ein Jahr zurückwarf. Denn die behördlichen Genehmigungen für Umbau und Sanierung liegen bereits seit Anfang 2020 vor.
Alte Bausubstanz an vielen Stellen marode
Seit etwa einem dreiviertel Jahr jedoch wird in dem einstigen Gasthof mit Hochdruck gearbeitet, berichtet Architektin Sandra Kaufhold vom Büro Thum in Volkach. Dieses hat die vom Gerolzhöfer Architekten Peter Kern erstellten Pläne übernommen, nachdem dieser das Projekt krankheitsbedingt abgeben musste. Je mehr neuzeitliche Wand- und Deckenverkleidungen in dem im Jahr 1605 erbauten Gebäude entfernt wurden, desto klarer kamen die immensen Schäden an der ursprünglichen Bausubstanz zum Vorschein, erklärt Kaufhold. Auch die Balken in den historischen Lehmdecken und Fachwerkwänden im Innern waren derart marode, dass viele davon derzeit ausgetauscht und erneuert werden müssen. Selbst dicke hölzerne Unterzüge waren gebrochen. Allerdings versucht man, so viel von der alten Substanz als möglich zu erhalten - immer in Absprache mit dem eng eingebundenen Landesamt für Denkmalpflege.
Die im August 2020 fertiggestellte denkmalpflegerische Befunduntersuchung durch das Bamberger Fachbüro Harald Spitzner hatte unter anderem ergeben, dass das Haus seit seiner Erbauung, die dank einer dendrochronologischen Untersuchung von Balken und einer Schrifttafel außen an der Fassade sicher auf das Jahr 1605 zu datieren ist, drei Umbauphasen erlebt hat. Das stattliche Haus war dem Untersuchungsbericht zufolge in der Regierungszeit des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter gemeinsam mit Schüttboden, Keller und hofseitig angebauten Scheunen errichtet worden. Es lag gegenüber eines der Tore zur zentralen Innenstadt, dem Centtor, an zentraler Stelle an einem aufgeweiteten Platz in der sogenannten Centvorstadt.
Zugemauerte Toreinfahrt kommt zum Vorschein
Wie in den weiteren in der heutigen Rügshöfer Straße liegenden ehemaligen Ackerbürgerhäusern üblich, besaß auch dieses Gebäude ein hohes, 3,60 Meter breites Tor als Durchfahrt, durch das Wagen durch das Haus hindurch zu den nördlich angrenzenden Stallungen und Scheunen gelangten. Dieses Tor wurde später zugemauert und mit Fenstern versehen. Es kam bei den jetzigen Sanierungsarbeiten samt der erhaltenen Diamant-Quader wieder zum Vorschein. Das Anwesen endete wie die weiteren Anwesen im Quartier damals am sumpfigen Gelände des wasserführenden Stadtgrabens, der sich anstelle der heutigen Nördlichen Allee befand.
Bereits im Jahr 1636 war im Obergeschoss der späteren "Schwane" ein großer Saal eingerichtet worden, der durch den Einbau eines Überzugs im Dachgeschoss statisch gesichert wurde. Im 19. Jahrhundert wurde der Saal dann nochmals umgestaltet, als das Anwesen zum Gasthof umgebaut worden ist.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde, wie aus der erhaltenen Bausubstanz abzulesen ist, das Hauptportal geändert und am östlichen Ende des Gebäudes eine Balustertreppe eingebaut, die fortan den Zugang zum Obergeschoss bildete.
Tanzsaal im Obergeschoss hatte Fränkisches Parkett
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zur neue Nutzung als Gasthof. Hierzu wurde im Erdgeschoss eine Gastwirtschaft eingerichtet, samt Küche sowie großem und kleinem Gastraum. Der große Saal im Obergeschoss, der wohl als Tanzsaal diente, erhielt damals einen Fußboden mit sogenanntem Fränkischen Parkett, der fast vollständig erhalten blieb. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts folgten weitere Umbauten für die Nutzung als Gasthof, mit Einbau von Gastzimmern und einer Überarbeitung der Fassaden und vor allem der Fenstergewände im Erdgeschoss. Auch Zimmer, Sanitärbereiche und Küche wurden mehrfach umgestaltet und erweitert. Letzter Eigentümer war die Familie Konrad, die die "Schwane" zuletzt noch als Hotel Garni betrieb.
Zu den Wohnungen im früheren Bettentrakt wird nach der Sanierung ein Aufzug führen, der im Hof gebaut wird. Der Zugang zum historischen Gebäude erfolgt über ein Treppenhaus, das anstelle eines Zwischenbaus im Hof zwischen Bettentrakt und altem Gasthof stehen wird. Von dort aus werden das geplante Notariat sowie die Wohnungen im historischen Gebäude barrierefrei zugänglich sein. Um die Wohnung und Atelier im Dachgeschoss des alten Gasthofs mit Licht zu versorgen, werden in das oberhalb der Sparren gedämmte und mit Biberschwanzziegeln eingedeckte Dach Gauben eingebaut, berichtet Architektin Kaufhold. Die Balken des 400 Jahre alten Dachstuhls werden oben im Atelier von innen sichtbar bleiben.
Außenwände bestehen aus massivem Sandstein
Die alten Innenwände mit dem Rautenfachwerk dagegen werden aus Brandschutzgründen wieder überputzt. Nur an einer Stelle ist ein Sichtfenster geplant, das die historische Substanz zeigt. Die Außenwände des Hauses waren von Anfang an komplett aus massiven Sandsteinquadern und Bruchstein errichtet, ein Zeichen dafür, dass die damaligen Bauherren aus einer gut betuchten Familie stammen mussten. Hierzu passt auch, dass die Außenwände bereits damals auch innen flächig verputzt waren, wie die Befunduntersuchung ergeben hat.
An die Seite der jahrhundertalten Bausubstanz stellen Bauherren und Architektin künftig modernste Technik. Ein mit Gas betriebenes Blockheizkraftwerk wird das Anwesen künftig nicht nur mit Wärme, sondern auch mit Strom versorgen. Strom kommt auch von einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Gebäude im Hof, wo 22 Autostellplätze entstehen. Ziel ist es laut Mario Döpfner, mit der selbst produzierten Energie die Nebenkosten für die Mieter so gering als möglich zu halten. Für Lebensqualität soll zudem der neu gestaltete Garten sorgen, der als Aufenthaltsort für mehrere Generationen geplant ist.