Die Segnung einer Kletterwand in der luftigen Höhe von 14 Metern: Das außergewöhnliche, vielleicht sogar einmalige Spektakel erlebte Schweinfurt am Samstag im Kletterzentrum des Alpenvereins. Es hatte, wie ein Alpinist augenzwinkernd anmerkte, sogar ein wenig Heiliger Geist-Charakter, als der Wind das Gewand des Diakons Joachim Werb da oben in der neuen Außenwand durcheinanderwirbelte. Die Seil-Sicherung des katholischen Seelsorgers von Maria Hilf und Sankt Anton übernahm DAV-Vorsitzender Joachim Lindner, ein Protestant. Ökumene pur also durch die beiden Joachims.
2013 fiel der Entschluss
Lindner erinnerte an die „denkwürdige Jahresversammlung im April 2013“, als die Mitglieder den Entschluss zum Bau eines Kletterzentrums fassten, das der heutige und herzlich begrüßte Ehrenvorsitzende Heinz Fischer auf den Weg gebracht hatte. Im September 2014 dann schon Pickel-(statt Spaten)stich, ein Jahr später Eröffnung und jetzt die neue Außenwand, die die Gesamtkletterfläche auf 1500 Quadratmeter erweitert.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé zollte der Schweinfurter Sektion für diese Leistung Respekt. Dass die Entscheidung richtig war, zeige die Mitgliederentwicklung, deren Zahl mittlerweile auf 3432 geklettert ist, was übrigens fast genau der Zahl der Griffe und Tritte in der neuen Wand entspricht.
Dass der ihm abgetrotzte Jungfernstieg „ein wenig wackelige Knie macht“, räumte der OB ein, wenngleich er seine Sache wenig später dann doch sehr gut machte.
72 Routen
„Jäger im Schnee“, „Ab geht die Luci“ oder „Bluad von der Sau“ heißen die insgesamt 72 Routen, die das Klettern mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden „für jedermann, von Anfänger bis zum Profi“ möglich machen, berichtete Betriebsleiter Korbinian Zimmermann. Warum eine Außenwand? Fast 20000 Kletterbegeisterte kamen 2016 ins Zentrum am Sportpark Hundertäcker, das aber überwiegend in den nass-kalten Jahreszeiten. „Eine Außenkletterwand zu bauen lag hier natürlich nahe“, zumal die Wurzeln in der Fränkischen Schweiz und in den Alpen liegen, Klettern also eine Outdoor-Sportart ist.
Und dann wurde der junge Betriebsleiter fast ein wenig philosophisch: „Das Schöne am Klettern ist, wenn man die Sonne auf der Haut spürt, an der frischen Luft ist und einfach im Flow der Bewegung sich Meter für Meter nach oben bewegt“.
Die Wand hat wie schon innen die italienische Firma SintRoc gebaut. Die Unterkonstruktion besteht aus verzinktem Stahl, an die beschichtete Multiplexplatten und in einigen exponierten Wandbereichen Tropenholz angeschraubt wurden. Der Boden hat einen Fallschutzbelag.
Letzte Woche schraubten tschechische Routenbauer von „Art of Route“ die 3600 Griffe und Tritte ein. Der Entwurf stammt von Zimmermann und den beiden hiesigen Routenbauern Sebastian Neugebauer und Dustin DeHerrera. Ihnen dankte der Betriebsleiter ebenso wie allen anderen ehrenamtlichen Helfern, namentlich Julian Quanz und, nette Geste, seiner Freudin Lucia, die ihn wegen des Wandbaus wenig zu Gesicht bekommen habe, aber trotzdem „für mich da ist“.
Dann die mit großer Spannung verfolgte Segnung durch den „Freiluftfreak“ Werb. In drei Stufen ging es nach oben. Weil der Einstieg passen müsse, segnete der Diakon noch am Boden „alle unsere Anfänge, Neustarts und Aufbrüche“.
Segen in luftiger Höhe
Dann ging es nach oben. In sieben Metern Höhe hielt der Seelsorger inne. Er hatte die ideale Linie gefunden, segnete deshalb „unsere Erfahrungen des richtigen und guten Wegs“ und bat darum, dass „unser Leben gut vorankommt“.
Und weiter ging es hinauf, den Weihekessel am Hosenbund. Werb ist oben angekommen und segnet in 14 Metern über dem Boden „unsere Anstrengungen, unser Durchhaltevermögen“. Den Schöpfer der Welt bat er um seinen guten Geist und die Hand schützend über die Anlage zu halten. Die Natur sei in Gestalt der Kletterwand „ein bisschen nachgebaut, es ist sozusagen ein bisschen Schöpfungsarbeit geleistet worden“. Gott wolle, dass wir uns begegnen und über Grenzerfahrungen den Horizont erweitern. Er wolle aber auch, dass wir Spaß und Freude bei dieser Begegnung haben, die jetzt im Kletterzentrum auch außen möglich ist.
Kosten: 250 000 Euro
Die Außenkletterwand hat inklusive der gärtnerischen Umgestaltungen rund 250 000 Euro gekostet. Das meiste zahlt die Sektion selbst, 20000 Euro kamen vom DAV, die AOK trat als Sponsor auf, ihr Logo ist deshalb in der Wand zu finden.