Erneut zeigen sich Auswirkungen der Klimaerwärmung in der Region: In etwa 30 Waldbeständen im westlichen Landkreis Schweinfurt ist – wie an einzelnen Orten in den Landkreisen Würzburg, Kitzingen und Main-Spessart auch – die Rußrindenkrankheit am Bergahorn ausgebrochen. Ein Pilz, der nicht nur die Bäume angreift, sondern auch dem Menschen gefährlich werden kann. Aktuell aufgestellte Pilzsporenfallen in der Flur bei Egenhausen sollen der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) nun mehr Informationen liefern.
Die Datenlage ist dürftig und veraltet
Die Datenlage über den Pilz "Cryptostroma corticale" ist nämlich "dürftig und veraltet", weiß Ludwig Straßer von der LWF in Freising, Abteilung Waldschutz. Bekannt ist von dem Schwächeparasit, dass er latent und ohne Symptome im Ahorn vorhanden sein kann, dass die Krankheit erst dann ausbricht, wenn Stress durch Hitze und Trockenheit auftritt. Was in der ohnehin wärmeren und regenarmen Region der Fränkischen Platte immer häufiger und zuletzt 2015 und 2018 der Fall war.
Die ursprünglich aus Kanada stammende Baumkrankheit war 2005 erstmals vereinzelt in Deutschland in der wärmebegünstigten oberrheinischen Tiefebene aufgetreten. In Bayern machte Stephan Thierfelder, Bereichsleiter Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt (AELF), 2017 bei Eßleben erste Beobachtungen, berichtet er auf Nachfrage dieser Redaktion. 2018 wurden offiziell die Nachweise für die Baumkrankheit dort sowie bei Arnstein und Biebelried erbracht. Mittlerweile sind im Landkreis Schweinfurt Waldbestände von Wasserlosen über Werneck, Geldersheim bis Berg- und Grafenrheinfeld befallen.
Wie Ruß am Diesel-Auspuff
Anfangs zeigen die Ahornbäume Blattverluste und Welk-Erscheinungen zunächst in der Krone, starke Äste können absterben. Längs verlaufende Rindenrisse weisen Schleimfluss und Nekrosen auf, die sich mit fortschreitender Erkrankung zu großen abgestorbenen Rindenabplatzungen vereinen. Auch für den Laien auffällig sind die dicken schwarzen Pilzsporenlager unter der abgefallenen Rinde. "Wie Ruß von einem Diesel-Auspuff", erklärt Ludwig Straßer.
Pilzsporen können die Lunge schädigen
Die Behörden und Forscher nehmen den Pilz sehr ernst, zumal das direkte Einatmen der Pilzsporen beim Menschen eine Entzündung der Lungenbläschen hervorrufen kann. Symptome reichen von Reizhusten und Fieber über Schüttelfrost bis zu Atemnot. "Die Gesundheitsbehörden sind mit ins Boot geholt worden", erläutert der LWF-Schadpilzexperte. Allerdings wüssten auch Lungenspezialisten noch nicht so genau, wie der Pilz wirkt, meint Thierfelder.
Genaueres über die Ausbreitung der Pilzsporen soll ein Pilotversuch im Umfeld von zwei befallenen Beständen, eine davon in der Waldabteilung Espig bei Egenhausen, ergeben. Sowohl im Wald als auch in der Flur wurden ab April in unterschiedlicher Entfernung Sporenfallen aufgestellt. Die offenen becherartigen Objektträger, an langen Metallstäben befestigt, nehmen die vom Wind verbreiteten Pilzsporen auf, die dann unterm Mikroskop untersucht werden.
Wie weit fliegen die Pilzsporen?
Eruiert werden soll, wie weit diese speziellen, braun-ovalen Sporen des "Cryptostroma corticale"-Pilzes fliegen, zu welcher Zeit und unter welchen wettertechnischen Bedingungen und wie hoch die Sporenzahl ist. Weiterführende Untersuchungen müssen ergeben, ab welcher Sporenzahl Gefahr für den Menschen besteht.
Viele weitere Fragen beschäftigen die Forstexperten: Wie und wann müssen die kranken Bäume gefällt werden? Mit welchen Maschinen? In welchen Verbrennungsanlagen können sie entsorgt werden, ohne dass Sporen freigesetzt werden? Zumal doch viel Holzmasse anfällt, wie Straßer weiß, denn der Ahorn ist als klassische Mischbaumart beim Waldumbau eine wichtige und häufige Pflanze.
"Bisher ist im Landkreis nur der Bergahorn betroffen", verdeutlicht Thierfelder, "aber hundertprozentig sicher kann man nicht sein". Es gebe einen ersten Fall, bei dem an einem Spitzahorn eine schwarze Färbung unter der Rindenschicht erkennbar sei.
Befallene Bäume mit blauem Ausrufezeichen gekennzeichnet
Bisherige Funde der Rußrindenkrankheit würden aber nicht an einem Hauptweg im Wald liegen, so der Bereichsleiter Forsten des AELF, weshalb normalerweise Spaziergänger nicht in Kontakt kämen. Wenn Forstleute befallene Bäume entdeckten, würden sie mit einem blauen Ausrufezeichen gekennzeichnet. Ein blaues Fragezeichen zeige, dass noch keine Klarheit bestehe.
"Die Forscher arbeiten daran, welche Gesundheitsgefahr tatsächlich von dem Pilz ausgeht", sagt Thierfelder. Ein entsprechender Krankheitsfall beim Menschen sei in Deutschland noch nicht bekannt. Allerdings, schränkt er ein, habe man auch beim Eichenprozessionsspinner zunächst die Folge-Allergien nicht zuordnen können.
Grundsätzlich will er den eigentlich klimatoleranten Ahorn noch nicht als völlig gefährdet ansehen und für den Waldumbau in Frage stellen. "Wir müssen aber noch sorgfältiger bei der Standortwahl werden".